2024-04-19T07:32:36.736Z

Ligabericht
Die Futsaler des SSV Jahn 1889 bedankten sich nach dem 4:2 gegen Bern bei einer vierköpfigen Sambagruppe, die eigens zum Spiel 300 Kilometer angereist war und von einem Sponsor des Klubs aus München organisiert wurde. Foto: Christian Herbst
Die Futsaler des SSV Jahn 1889 bedankten sich nach dem 4:2 gegen Bern bei einer vierköpfigen Sambagruppe, die eigens zum Spiel 300 Kilometer angereist war und von einem Sponsor des Klubs aus München organisiert wurde. Foto: Christian Herbst

Jahn-Futsaler finden neue Grenzen

Der Meister wird in Finnland mit einem Abschluss-Sieg Zweiter +++ Das Turnier zeigt aber, wie viel zu den Top 16 noch fehlt.

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Siege auf allen Ebenen – das ist das einzige Gefühl, das die Futsaler des SSV Jahn 1889 Regensburg bislang kannten. In der Saison 2016/17 wurden alle 18 Regionalliga-Spiele gewonnen und über 200 Tore geschossen. Es folgten drei Erfolge in den K.o.-Spielen mit dem deutschen Meistertitel am 30. April in Zwickau als Krönung. Ende August ging es im Uefa-Futsal-Pokal, der Champions League für Futsaler, international in diesem Stil weiter: Drei Spiele, drei Siege mit nur zwei Gegentoren. Und auch national hat der Spielbetrieb in der Regionalliga Süd schon wieder mit drei Erfolgen begonnen.

In der 25000-Einwohnerstadt Raahe an der finnischen Westküste änderte der Auftritt in der Hauptrunde der besten 32 Futsalteams Europas nach jenen 27 Siegen die Betrachtungsweise. Der an vielen Orten kritisch beäugte Komet am deutschen Futsal-Himmel in der an vielen deutschen Orten immer noch kritisch beäugten offiziellen, aber anderswo lange üblichen Fifa-Hallenfußball-Spielart stellte innerhalb von sagenhaften zwei Jahren die nationale Szene mit reichlich brasilianischer Unterstützung auf den Kopf. Jetzt bekam das Projekt aufgezeigt, dass es durchaus Grenzen gibt.

Zwar fehlten nach dem Auftaktspiel gegen die Finnen von Sievi FS gerade 103 Sekunden zur Zwei-Siege-Bilanz des deutschen Vorjahresvertreters Hamburg Panthers, die inzwischen als HSV-Panthers firmieren. Und es reichte wie für Hamburg nach einem 4:2-Abschlusserfolg über den dreimaligen Schweizer Meister Minerva aus Bern dennoch zu Hauptrunden-Platz zwei, der diesmal nach einer Modusänderung des Uefa-Futsal-Pokals aber nicht zum Weiterkommen berechtigte. Für den ersten deutschen Sieg in der Eliterunde der besten 16 wird jedoch auch der SSV Jahn 1889 2017 nicht sorgen.


Leitao zeigt belgische Güteklasse
Das bleibt ein ambitioniertes Vorhabend. Zu frappierend war der Unterschied zum 6:0-Bezwinger aus Halle-Gooik. Die Belgier unterstrichen ihre makellose Bilanz mit drei Siegen ohne Gegentor und präsentierten sich mehr als einen Schritt voraus – ohne dass es in Europa nicht noch bessere Teams gäbe, wie die Eliterunde von 21. bis 26. November wohl zeigen wird. Dort werden in vier Vierergruppen wieder die vier Teilnehmer für das Endturnier im Frühjahr 2018 gesucht. Bestes Beispiel für Halle-Gooiks Güteklasse war ein Mann wie der 36-jährige fünffache Turniertorschütze und in Diensten Portugals WM-erfahrene Leitao, der auch gegen den SSV Jahn 1889 das wegweisende 1:0 erzielt hatte.

Die Regensburger dagegen sind weit von Profitum entfern. Sie leben von einer Reihe von Top-Kontakten von Kapitän Lucas Kruel und Abteilungsleiter Oliver Vogel basierenden, die bis hierher auch bestens funktionierte. Diesmal drückte sich das dadurch, dass mit Fernando de Moraes eine australisch-brasilianische Futsal-Legende eigens eingeflogen wurde. Auch Andre Caro, der schon bei der deutschen Meisterschaft und in der ersten Champions-League-Runde reichlich mitgeholfen hatte, ist ein so australisch-brasilianischer Regensburger Teilzeitspieler für die besonderen Auftritte. Dazu hatte mit Fabio de Oliveira ein Kruel-Freund das Traineramt bis nach den Uefa-Pokalspielen übernommen, um Lucas Kruel zu entlasten. Dafür musste mit Luis „Alemao“ Gustavo der überragende Spieler der vergangenen Saison und ersten Runde aus beruflichen Gründen passen.

Dass angesichts von so viel Veränderung im Vergleich zu einer eingespielten Profitruppe, die sogar Ausfälle von Topspielern verschmerzt, Unterschiede sind, zeigte auch das beidseits unruhige Abschlussspiel gegen Minerva Futsal aus Bern, die mit dem portgiesischen Topklub Sporting CP eine Partenrschaft pflegen. Trainer Fabio de Oliveira hatte vor dem Spiel deutlich gemacht, worum es jetzt geht und an die Einstellung seines Teams appelliert: „Wir spielen hier für Deutschland“ –auch um dafür zu sorgen, dass eventuell der nächste deutsche Meister vom bisherigen Rang 29 in der Uefa-Koeffizientenwertung soweit nach vorne rutscht, dass erst in der Hauptrunde antreten muss.

Sieg trotz schwächstem Spiel
Jedenfalls war die mit fünf gelben Karten (vier SSV Jahn 1889, eine Bern) und einer gelb-roten Karte für Bern gespickte Partie der schwächste der drei Auftritte – und brachte trotzdem den einzigen Sieg. Marquinhos (18:31 und 21:03), Andre Caro (28:21) und Douglas Ferreira bei fliegendem Torwart des Gegners ins leere Tor (36:28) sorgten mit ihren Treffern dafür. Die ungewohnte hohe Zahl von zwölf 1889-Fouls brachte dem Gegner auch zwei Zehnmeter und war Ausdruck der Unkonzentriertheiten – oder der Anstrengung der drei Partien, die in einer kleinen Sporthalle übrigens anders als in Schweden keinen würdigen Rahmen für eine Uefa-Veranstaltung in der Champions League hatte.

Finnland brachte zur weiteren Ausrichtung der Futsaler des SSV Jahn 1889 um Lucas Kruel und den deutschen Neu-Nationalspieler Luca Piga jedenfalls viele Erkenntnisse. Erst einmal aber gilt es in der Regionalliga die Angriffe der nationalen Konkurrenz abzuwehren. Am Samstag (17 Uhr) wartet zum Beispiel mit dem bayerischen Derby gegen Aufsteiger FC Deisenhofen in der Sporthalle Nord das erste Heimspiel der Spielzeit.

Aufrufe: 016.10.2017, 12:00 Uhr
Claus-Dieter Wotruba, MZAutor