2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Markus Palionis ist der neue Turm in der Jahn-Abwehr - und auch außerhalb des Platzes einer, der aufräumt.  Foto: Nickl
Markus Palionis ist der neue Turm in der Jahn-Abwehr - und auch außerhalb des Platzes einer, der aufräumt. Foto: Nickl

Ein neuer Kapitän mit direkter Art

Markus Palionis sagt, dass es beim Regensburger Fußball-Drittligisten um die Existenz geht: für Klub und auch die Spieler

Markus Palionis redet, wie er Fußball spielt. Konzentriert, gewissenhaft und wenn es sein muss mit der nötigen Dynamik. In der Winterpause wurde er von Trainer Christian Brand zum neuen Kapitän des SSV Jahn Regensburg bestimmt. Das habe sogar ihn selbst ,,ein bisschen überrascht", wie er sagt, umso mehr widmet er sich dieser Aufgabe mit Feuereifer. In den kommenden Monaten sei für Flausen in der Mannschaft kein Platz, das werde er nicht zulassen, kündigt er an. Und wenn jemand aus der Reihe tanzt, dann werde er ein ernstes Wort mit ihm reden: ,,Ich regle das nicht hintenrum, sondern direkt. Das ist meine Art."

Im Fußball-Geschäft gibt es oft großspurige Ankündigungen. Palionis hat bereits bewiesen, dass er seine Pflichten als Anführer einer Gruppe erfüllen will. Zwei Jahn-Spieler - Azur Velagic und Zlatko Muhovic - wurden in der Winterpause beim Jahn suspendiert. Die Klubführung sprach vor ihrer Entscheidung auch mit dem Mannschaftsrat. Palionis sagt heute, dass er damals seine ,,ehrliche Meinung" abgegeben habe. Dazu stehe er auch weiterhin, ,,denn es darf keine Unruhe in der Mannschaft geben". Im Detail will er aber nicht mehr drüber sprechen: ,,Das ist abgeschlossen. Wir müssen uns um andere Dinge kümmern."

Bindeglied zwischen Fans und Team

In der Tat. Der Jahn steht trotz des guten Starts nach der Winterpause weiter auf dem letzten Tabellenplatz. Noch bleiben aber 14 Spiele, um den Klassenerhalt zu schaffen. Palionis wurde im vergangenen Herbst verpflichtet, um dazu beizutragen. Die sportlichen Erwartungen hat er bislang erfüllt. Als erfahrener, zweikampfstarker Verteidiger mit einer starken Persönlichkeit war er angekündigt worden. Dies hat sich bewahrheitet. Auf dem Platz räumt er kompromisslos auf und hat sich damit den Respekt der Fans erarbeitet. Auf die Kommunikation mit den eigenen Anhängern will er als Kapitän viel Wert legen. Vor der Winterpause war das Verhältnis zwischen Fans und Team völlig zerrüttet. Nun nähern sich beide Lager wieder an. ,,Aber das geht nicht von heute auf morgen, so einfach ist das nicht", sagt Palionis. Bis zum Saisonende müsse jeder Spieler in jedem Spiel alles geben, nur so könne man die Anhänger wirklich wieder für sich gewinnen, meint er.

Konstanz beweisen. Man nimmt es Palionis ab, dass er so etwas kann. Privat setzt er es jedenfalls um. Seine Frau Erika kennt er seit der Kindheit. ,,Es ist schon so etwas wie eine Sandkastenliebe", sagt er mit einem Lächeln. Seit 2009 ist der 27 Jahre alte Deutsch-Litauer mit seiner Erika verheiratet. Ihr Sohn Damian ist vier Jahre alt. Natürlich habe er Frau und Kind in Regensburg an seiner Seite, erzählt er, ohne sie könne er nicht sein. Deswegen habe er sofort eine Wohnung in der Domstadt gesucht. Mit der Familie über mehrere Monate im Hotel zu leben, sei nicht infrage gekommen.

Die Familie ist sein Kosmos

Familie. Bei diesem Wort wird Palionis ganz ernst. Eltern, Großeltern, Geschwister, Frau und Kind - das sei außerhalb des Fußballplatzes der Kosmos, der alles für ihn bedeute. Für die Zeit nach der Sportler-Karriere plant er, mit dem Bruder in Litauen ein Einzelhandel-Geschäftsmodell umzusetzen. Und von Regensburg aus seien es jetzt nur noch ,,genau 188 Kilometer auf der Bundesstraße", um seine Eltern in Freilassing zu besuchen. Das mache er jetzt, so oft wie es nur geht. Denn: ,,Ohne meine Familie wäre ich nichts."

In seiner Familie heißt er übrigens nicht Markus mit Vornamen, sondern Mindaugas. Auf diesen Namen wurde er getauft. Als er acht war, ging es aber von Litauen nach Deutschland. In der Schule sei sein Name in unzähligen Varianten ausgesprochen worden. Seine Eltern hätten dann entschieden, den Vornamen in Markus zu ändern. ,,Aber für mich selbst heiße ich nicht so", stellt er klar. Mindaugas - das man ,,Mindogas" ausspricht - sei sein echter Name, egal was im Pass stehe. So nenne ihn auch seine Familie.

Auf dem Fußballplatz gibt es das Vornamen-Problem nicht. Von den Mitspielern werde er ,,Palle, Pallo oder auch Palli" gerufen, erzählt er. Gemeinsam mit den Teamkollegen hat er nun dieses eine große Ziel: Klassenerhalt. Palionis macht kein Hehl daraus, dass es in der Tat um Existenzen geht. ,,Ich will nicht sagen, dass jemand dann verhungert, wenn wir absteigen. Aber es dürfte für viele in der Mannschaft sicher sehr schwer werden, überhaupt wieder einen festen Job im Profifußball zu bekommen." So sei die Lage, meint er. Dessen müsse man sich bewusst sein, man dürfe aber auch nicht dauernd darüber nachgrübeln. ,,Das hindert dich, Top-Leistung abzurufen."

Das Wörtchen wenn sei deswegen im Team gestrichen worden. Es gebe nur das nächste Spiel. Eines nach dem anderen, auf dem Weg zum großen Ziel: einer Zukunft im Profifußball, für den Jahn und für Palionis selbst. Denn auf die Frage, ob er sich im Falle des Klassenerhalts vorstellen könnte, weiter in Regensburg zu spielen, sagt er klipp und klar: ,,Das kann ich mir mehr als vorstellen."

Aufrufe: 010.2.2015, 18:06 Uhr
Jürgen ScharfAutor