Einen Tag vorm Spiel, in einem Bielefelder Hotel, hat es Sargis Adamyan endgültig erfahren: Zum Ligaauftakt steht er in der Startelf des SSV Jahn Regensburg. Im Sommer war der Stürmer vom TSV Steinbach gekommen. Von der Regionalliga in die 2. Bundesliga – eigentlich ein Riesenschritt, der Adamyan aber keine Sorgen bereitete, wie er sagt: „Ich weiß, was ich kann, und habe daran geglaubt, dass ich es schaffen kann.“ Und er hat es geschafft. Adamyan lief zum Saisonstart auf und spielte sich mit seinen Tricks und Dribblings in die Herzen vieler Jahn-Fans.
Dienstagmittag. Adamyan hat soeben eine Fitnesseinheit mit seinen Mannschaftskollegen absolviert und kommt aus dem im Regensburger Stadtosten gelegenen Trainingscenter. Mit T-Shirt und Baseball-Cap ist er lässig gekleidet. Großflächige Tätowierungen, wie sie derzeit viele Fußballer haben, sind nicht zu erkennen. Eine habe er aber schon, erzählt er später. Ein großes Kreuz. Das ließ er sich unter der Achsel einstechen. „War schmerzhaft“, erinnert er sich, aber das war es ihm wert. Das Kreuz sei ein Symbol für seinen armenisch-orthodoxen Glauben – und der bedeute ihm viel, gebe ihm Kraft.
Innenverteidiger Marvin Knoll fährt mit seinem Auto vorbei. Als er durchs offene Fenster gefragt wird, was Teamkollege Adamyan für ein Tpy sei, sprudelt es aus ihm heraus. „Soll ich das wirklich sagen?“, ruft Knoll – und tut es dann. Der Sargis, der sei ein lockerer Typ, auf und neben dem Platz. Und vor allem sei er einer, der richtig gut kicken kann: „Das ist ein Straßenfußballer.“ Dass Adamyan ein guter Fußballer werden kann, war schon in seiner Kindheit zu beobachten. Als er fünf Jahre alt war, wanderte seine Familie aus Armenien aus und zog nach Deutschland. Sie ließ sich in Ueckermünde in Mecklenburg-Vorpommern nieder. Für seine Eltern war es eine schwere Zeit, sich ein neues Leben aufzubauen, erzählt er. Für ihn als Kind sei es sicher leichter gewesen. Hinter der ersten Unterkunft, die sie in Deutschland bezogen, lag ein Bolzplatz. Dort habe er mit den Kindern der anderen Familien rund um die Uhr gekickt.
Adamyan will es nun beim Jahn wissen. Ein erster Anfang ist gemacht, der erste Einsatz in der Startelf geschafft. Viele weitere könnten folgen, er hat einen Vetrag über zwei Jahre abgeschlossen. Derzeit ist Adamyan auf Wohnungssuche. Der Klub helfe ihm dabei, erzählt er, fast täglich gebe es deswegen Kontakt. Mittlerweile sehe es auch ganz danach aus, dass er demnächst sein Hotelzimmer räumen kann. Er habe eine Wohnung im Auge, warte aber noch auf die Zusage. Dort miteinziehen wird Freundin Anna. Mit dem Model ist Adamyan seit drei Jahren zusammen. Und natürlich kommt auch ihr Oskar, ein Zwergspitz, mit nach Regensburg. Der sorgt auch dafür, dass es in der neben dem Fußball verbleibenden Freizeit keine Langeweile gibt: „Denn der hält uns ganz schön auf Trab.“