2024-04-16T09:15:35.043Z

Interview der Woche
Sebastian Nachreiner kam 2010 zum SSV Jahn - und hält den Regensburger seitdem die Treue.
Sebastian Nachreiner kam 2010 zum SSV Jahn - und hält den Regensburger seitdem die Treue. – Foto: Günter Staudinger

10 Jahre rot-weiß: Die niederbayerische Jahn-Institution

Der Gottfriedinger Sebastian Nachreiner hat viel zu erzählen - Teil 1: Unverhoffte Profilaufbahn, schwere Verletzungen und der Blick auf ein ereignisreiches Jahrzehnt in Regensburg

Vor wenigen Tagen ging ein Jahrzehnt zu Ende, das in die bewegte Historie des SSV Jahn Regensburg als eine außergewöhnliche Dekade eingehen wird. Sportlich legten die Oberpfälzer eine Achterbahnfahrt hin, von der 2. Liga ging`s runter bis in die Regionalliga - und wieder zurück! Infrastrukturell ist der Traditionsverein in ein neues Zeitalter eingetreten. Weg vom in die Jahre gekommenen Stadion an der Prüfeningerstraße hin zur neuen, gut 15.000 Zuschauer fassenden Arena direkt an der Autobahn A3. Einer hat das alles mitgemacht: Sebastian Nachreiner. Der 31-Jährige gebürtige Gottfriedinger (Landkreis Dingolfing-Landau) wechselte im Sommer 2010 vom FC Dingolfing zum Jahn. Seitdem ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen - und der Defensivspezialist hat viel zu erzählen. FuPa hat sich mit ihm am SSV-Trainingsgelände am Kaulbachweg, das gerade komplett umgestaltet wird, getroffen und im ersten Teil des großen Interviews blickt er zurück auf eine unverhoffte Profilaufbahn, schwere Verletzungen und ein ereignisreiches Jahrzehnt in Regensburg.

FuPa: Sebastian, ein anstrengendes Jahr 2019 war für dich mit der letzten Partie am 22. Dezember zu Ende. Wie hast du die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel verbracht?
Sebastian Nachreiner (31): Ich war ganz klassisch daheim bei der Familie, habe eine ruhige Zeit verbracht und keine großen Ausflüge unternommen. Das ist mir immer am liebsten. Da kann ich abschalten, treffe Freunde aus Schulzeiten oder Leute, die ich im Laufe des Jahres selten sehe. Ich hab`s mir gut gehen lassen fernab des rollenden Balls. (schmunzelt)

"Normalen" Arbeitnehmern fällt der Start in den Arbeitsalltag nach den Weihnachtsferien für gewöhnlich nicht ganz so einfach. Wie geht`s da dem Fußballprofi?
Das ist unterschiedlich. Kommt auch darauf an, wie lange die freie Zeit ist. Dieses Jahr war das absolut ausreichend und ich konnte mich in den zwei Wochen Urlaub sehr gut erholen. Deshalb verspüre ich auch wieder richtig Lust, fußballerisch loszulegen. Schade war nur, dass mich letzte Woche dann eine Erkältung außer Gefecht gesetzt hat. Am Wochenende war deshalb nur ein wenig Lauftraining angesagt, am Dienstag bin ich dann wieder voll ins Mannschaftstraining eingestiegen und damit ging`s auch für mich wieder richtig los.

Sebastian Nachreiner (li.) klärt vor Stuttgarts Daniel Didavi.
Sebastian Nachreiner (li.) klärt vor Stuttgarts Daniel Didavi. – Foto: Günter Staudinger


Sportlich gibt`s nicht viel zu meckern. Für dich persönlich läuft es richtig gut, du gehörst zum elitären Zirkel der Dauerbrenner der 2. Liga, die noch keine Minute in dieser Spielzeit verpasst haben. Bist du im fortgeschrittenen Fußballeralter auf dem Höhepunkt deines Schaffens?
(lacht) Ja ich glaube schon, dass ich in letzter Zeit sehr gut drauf war. Das Wichtigste ist, dass der Körper die Belastung mitmacht. Ich weiß, wovon ich spreche, weil ich ja doch schon die eine oder andere Verletzung hatte. Die Blessuren sind nicht spurlos an mir vorbeigegangen, das muss ich auch so sagen. Gerade die Knie machen sich nach größeren Belastungen immer bemerkbar. Aber großes Kompliment an unsere medizinische Abteilung, die einen richtig guten Job macht und dafür sorgt, dass ich mich auf dem Platz wohlfühle.

Du hast es gerade angesprochen: Zeit deiner Karriere wurdest du immer wieder von schweren Verletzungen heimgesucht. Hat das deinen Blick auf den Fußball verändert, bist du dadurch vielleicht auch gelassener geworden? Eben in dem Wissen, dass jederzeit ein Rückschlag dich aus der Spur werfen kann.
Ich habe mir zweimal das Kreuzband gerissen, dazu kam eine schwere Sprunggelenksverletzung. Das wirft einen natürlich immer wieder erst einmal weit zurück und man weiß auch nicht genau, ob`s dann wieder so wird wie davor bzw. ob man wieder die Leistungen abrufen kann. Bei mir war`s aber nie so, dass eine Verletzung Existenzängste in mir hervorgerufen hätte. Ich hatte ehrlich gesagt nie damit gerechnet, dass es für mich noch in Richtung Profifußball gehen wird. Ich war damals in Dingolfing in der Landesliga eigentlich zufrieden, das war sicher keine schlechte Zeit. (schmunzelt) Deshalb habe ich auch mein Jura-Studium in Angriff genommen. Es war nie so, dass ich vor dem Nichts gestanden hätte, es gab immer einen Plan B. Ich musste mich deshalb nicht über die Maßen reinstressen und das hat mir eben immer ein Stück weit die Sicherheit bzw. Gelassenheit gegeben.

Ist es ein Charakterzug von dir, aus Rückschlägen gestärkt hervorzugehen?
Ich glaube, an solchen Sachen kann man schon wachsen und sich weiterentwickeln. Komplett kalt lässt einen ein schwerer Rückschlag aber nicht, egal in welchem Bereich das ist. Letztlich war bei mir immer die Motivation vorhanden, wieder zurückzukommen. Ich spiele einfach wahnsinnig gerne Fußball. Und der Spaß an der Sache ist eben enorm wichtig dabei und ist auch meine Haupttriebfeder.

Vereinswechsel? »Das stand ganz ehrlich nie zur Debatte.«

In diesem Sommer feierst du ein Jubiläum: 10 Jahre beim SSV Jahn. Kaum jemand ist prädestinierter, das Geschehen in Regensburg zu bewerten. Wie lautet deine Meinung zur Entwicklung rund um den Jahn?
Es hat sich sehr viel getan. Man muss sich ja nur mal umschauen, was zum Beispiel an infrastrukturellen Projekten angeschoben und verwirklicht worden ist. Sei es das neue Stadion, das die Stadt gebaut hat, oder die Neugestaltung des Trainingsgeländes. Das kann man nicht mehr mit der Zeit vergleichen, als ich vor zehn Jahren hierhergekommen bin. Da sah es noch ganz anders aus. Ich sehe die Entwicklung durchweg positiv, der Verein hat sich deutlich weiterentwickelt und auch sportlich stehen wir sehr gut da. Zwischendurch ging`s aber nicht nur bergauf,es gab ja auch den Abstieg in die Regionalliga. Aber auch diese Rückschläge haben wir ganz gut weggesteckt. Infrastrukturell, sportlich und auch wirtschaftlich sind wir auf einem guten Weg. Aber wir sind immer noch in der Entwicklung, das ist ja ein andauernder Prozess, wie man recht schön am Bau des neuen Funktionsgebäudes sieht.

Ein Jahrzehnt bei einem Verein - und das im Profibereich. Das ist außergewöhnlich. Hätte dich ein Wechsel nicht mal gereizt?
Das stand ganz ehrlich nie zur Debatte. Einen Wechsel habe ich zu keinem Zeitpunkt in Betracht gezogen. Wenn dann war es so, dass ich mir nach den schweren Verletzungen die Frage gestellt habe, ob ich denn überhaupt noch weiterspielen möchte. Diese Überlegung gab es schon. Aber an einen Vereinswechsel habe ich nie gedacht.

Im zweiten Teil des Interviews plaudert Sebastian Nachreiner
aus dem Nähkästchen über Kuriositäten aus dem Jahn-Kosmos, spricht nach seiner Vertragsverlängerung bis 2022 über ein mögliches Karriereende beim SSV und sinniert darüber, ob er nach der Laufbahn in die Fußstapfen von Papa Anton treten wird.


Aufrufe: 016.1.2020, 09:35 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor