2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Mittendrin: Douglas Costa (3.v.li.) feierte gemeinsam mit Leonardo Dias Ceresa (v.li.), "Alemao" Luis Gustavo, Raul Mantelli Guimaraes und Co. den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Foto: Würthele
Mittendrin: Douglas Costa (3.v.li.) feierte gemeinsam mit Leonardo Dias Ceresa (v.li.), "Alemao" Luis Gustavo, Raul Mantelli Guimaraes und Co. den Gewinn der deutschen Meisterschaft. Foto: Würthele

Titel als Krönung für die 1889-Familie

Auch dank Bayern-Star Costa: Das Regensburger Futsalteam macht mit dem 7:4 von Zwickau die deutsche Meisterschaft perfekt.

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Alle suchten sie Douglas Costa. Spätestens bei der Siegerehrung in Zwickau war er mittendrin. In Wolfsburg war der Brasilianer tags zuvor noch nur dabei gewesen, als der FC Bayern München den 27. Titel ohne eine Costa-Einsatzminute perfekt machte. In Zwickau war Costa am Sonntagabend keine 24 Stunden später eine Hauptperson, als sich der SSV Jahn 1889 Regensburg mit dem 7:4 (3:1) über Gastgeber VfL 05 Hohenstein-Ernstthal zum deutschen Futsal-Meister krönte. Und anders als in der Fußball-Bundesliga, wo die Meisterschale erst noch überreicht wird, hatte Costa die Hand mit an der Futsal-Schale.

Und warf sich in gewohnte Schale. Wie schon öfter hatte Costa den Jahn-Hoodie übergestreift – nicht zum ersten Mal und als Ausdruck der Verbundenheit. Denn das Futsal-Projekt in der Oberpfalz ist auch das Futsalprojekt von Douglas Costa. 1889-Spielertrainer Lucas Kruel ist Freund und Personaltrainer. „Ohne seine Unterstützung hätten wir das nie geschafft, ohne ihn wären wir nicht da, wo wir jetzt sind“, wird Kruel am Tag nach dem Finale im Interview mit dfb.de zitiert. „Er bringt die Leute zum Futsal, macht sie aufmerksam auf diesen Sport. Er unterstützt uns mit finanziellen Mitteln und kommt regelmäßig zu unseren Trainings. Er ist für uns da, genau wie Rafinha und Thiago – sie zählen zur Familie.“ Seine brasilianischen Landsleute warfen Douglas Costa jedenfalls genauso in hohem Bogen in die Luft wie Abteilungsleiter Oliver Vogel, dessen Kontakte aus Tagen in Australien zu Kruel das Projekt ins Laufen brachten.

Es ist die wundersame Geschichte eines Aufstiegs, wie er – natürlich auch dank der Hilfe von Douglas Costa – steiler nicht sein kann. Denn nach erst 22-monatiger Klubgeschichte sind die Regensburger im Turbotempo deutscher Meister geworden. Sie haben in dieser Saison erst 18 Punktspiele in der Regionalliga Süd und dann drei K.o.-Spiele gewonnen und dabei sagenhafte 222 Treffer erzielt.

Bundestrainer setzt auf den Gegner

Die brasilianische Futsal-Familie der Regensburger ist klein, aber fein. Entgegen der Prognosen von Bundestrainers Marcel Loosveld, der in den Interviews in der Halle zwar eher zögerlich, aber dann doch auf Gastgeber Hohenstein-Ernstthal setzte, kontrollierte das Aufgebot der nur fünf brasilianischen Feldspieler plus Florian Fromholzer nahezu über die gesamte Spielzeit den Gegner, der mit einem deutschen, einem polnisch-ukrainischen sowie einigen Ergänzungsspielern reichlich mehr Personal aufbot.

Selbst Lucas Kruel fand wenig zu bemängeln, „nur die fünf Minuten, als sie vom 1:3 zum 3:3 ausglichen“. Die Glanzlichter setzten seine Spieler. Vierfach-Torschütze Halison Goncalves zum Beispiel. Oder Luis „Alemao“ Gustavo, der mit seinen beiden Toren den Weg bereitete. Das 2:0, als er nach Rauls Torwart-Traumpass quer durch die Halle aus dem Futsal-Lehrbuch Gastgeber-Keeper Kamil Dworzecki überlupfte und selbst vollendete, war der Zungenschnalzer des Tages, vielleicht der Saison. Und Marcus Vinicius da Silva Lima, kurz Marquinhos, machte das Torschützen-Trio des SSV Jahn 1889 mit der so wichtigen Einzelaktion zum 4:3 komplett.

Vom Gegner Hohenstein-Ernstthal, der sich als nordostdeutscher Dauermeister seit fünf Jahren unter den besten acht tummelte und ebenfalls erstmals das Endspiel erreicht hatte, kam viel Anerkennung. „In der Offensive hatte Regensburg vor dem Tor mehr zu bieten als wir“, sagte Hohenstein-Ernstthals Teammanager Heiko Fröhlich. „Aber unsere Jungs haben sehr ordentlich gespielt. Wir wie unser Kontrahent mussten uns erst an die Gegebenheiten gewöhnen.“ Andere Bälle und der eigens verlegte Boden in der Stadthalle sorgten für ungewohnte Eigenheiten. „Unter den sieben Millimetern war Beton. Wir haben ja im wahrsten Sinne des Wortes auf der Platte gespielt“, sagte Fröhlich.

Der Sachse fordert für die Zukunft des Futsals eines: „Was auf alle Fälle her muss, ist mehr Respekt untereinander für unterschiedliche Voraussetzungen der Teams. Wenn Jahn Regensburg die Möglichkeit hat, Werbung für Futsal über dieses Projekt zu machen, dann ist das gut so“, sagte Fröhlich, dessen Team wegen angeblicher Doppelspielberechtigungen mehrerer Ukrainer aus Futsalkreisen angefeindet worden war. „Völliger Unsinn. Alle hatten ein klares Spielrecht“, sagt Fröhlich.

Europäische Bühne ruft im Sommer

Derweil steht der SSV Jahn 1889 vor den ungeahnten Herausforderungen auf europäischer Bühne. Schon Mitte/Ende August ruft der Uefa-Futsal-Cup, die Champions League im Futsal, wo 1889-Vorgänger Hamburg Panthers zuletzt als erstes deutsches Team die dritte Runde der Top 16 erreichte. „Ja, die Saison war perfekt“, sagt Lucas Kruel, „aber man kann immer etwas besser machen“. Ein neuer Reiz ist da. Die Frage ist nur: Wie steil soll dieser Aufstieg noch weitergehen?

Aufrufe: 02.5.2017, 20:45 Uhr
Claus WotrubaAutor