2024-04-25T14:35:39.956Z

Ligabericht
Die Taktik funktionierte erst im Endspiel nicht mehr: Die Futsaler des SSV Jahn 1889 kommen als deutscher Vizemeister aus Duisburg zurück. Foto: Oliver Vogel
Die Taktik funktionierte erst im Endspiel nicht mehr: Die Futsaler des SSV Jahn 1889 kommen als deutscher Vizemeister aus Duisburg zurück. Foto: Oliver Vogel

Futsalern fehlt nur das i-Tüpfelchen

Nach einem spektakulären Sieg gegen Sennestadt ist der Akku des SSV Jahn 1889 im Finale um den deutschen Titel leer.

Mind over matter ist das Ur-Motto der Futsaler des des SSV Jahn 1889. Es bedeutet „Willenssache“ oder „Geist schlägt Materie“. Ganz in diesem Sinne lief die deutsche Meisterschaft in Duisburg: Die ersten beiden Siege gegen die Südwest-Vertreter Mainz-Bretzenheim (5:1) und Meisenheim (6:5) gehörten noch Selbstanspruch des Regensburger Klubs gewesen, der in die Futsal-Bundesliga will, die ab 2021/22 spielen soll. Was folgte, waren kaum lösbare Aufgaben: Das 1889-Miniteam gewann aber auch das Halbfinale gegen Westmeister Sennestadt-Bielefeld 7:6 nach Verlängerung. Am Ende fehlte nur das i-Tüpfelchen des Titels, weil im 2:6 (1:2) verlorenen Finale gegen Hohenstein-Ernstthal die Kraft ausging.

Rückschläge, Rückschläge, Rückschläge: Was schon im Vorfeld begann, war gegen Sennestadt in ein Spiel gepackt. Nach 106 Sekunden lag das Team von Trainer Thorsten Porkert zurück: Trotz der Vorwarnung seiner vier Viertelfinal-Treffer gegen die HSV Panthers hatte Aytürk Gecim seinem Namen „Mister 300 Stundenkilometer“ alle Ehre gemacht. „Der schießt ansatzlos, nicht zu verteidigen“, sagte Teammanager Florian Roth. Seine Crew aber biss sich ins Spiel, holte auf, drehte das Spiel, führte 3:2, 4:3 und 5:4 – und das am Ende ohne Nationalstürmer Alex Günter, den zum Schluss mit acht Treffern besten Turniertorschützen.

Bittere Entscheidung
13,6 Sekunden vor Ende kam der nächste Niederschlag: Ausgleich! In der Verlängerung wurde es noch härter: Fifa-Schiedsrichter Christian Gundler, der schon vor zwei Jahren beim 1:4 in der Viertelfinal-Qualifikation gegen Sennestadt in Regensburg heftig in der Kritik stand, sah statt des vermeintlich sechsten Teamfouls an Philipp Ropers eine Schwalbe des 1889ers und zeigte ihm Gelb-Rot. In der damit verbundenen Unterzahl kassierte Sennestadt das Foul doch, das Regensburg einen Zehnmeter brachte, den der ehemalige slowakische Zweitliga-Kicker Filip Palutka zum 6:5 verwandelte. Die Ostwestfalen nützten in Überzahl dennoch – 6:6 bei 45:08.

Doch Palutka, jetzt ständig auf dem Feld, sprang in die Bresche und entschied mit dem 7:6 (45:57) die Partie. Fein vorbereitet von Edi Root, den man als Kapitän der Bayernliga-U-21-Fußballer des SSV Jahn kennt. Philipp Ropers, der Einpeitscher und Antreiber im Team, der im Januar mit der Bayernauswahl in Duisburg den Länderpokal gewonnen hatte, aber wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Denn das Bitterste an seinem Platzverweis war die damit verbundene Sperre für das Finale. „Dabei habe ich hier das Turnier meines Lebens gespielt“, sagte Ropers, der bereits im Nationalteam spielte und gemeinsam mit Günter für die Offensivpower sorgte. „Aber wir sind stolz, was wir geschafft haben.“

Der SSV Jahn 1889, der zudem mit drei Jugendteams soviel Nachwuchs wie kein anderer Konkurrent in Deutschland aufgebaut hat, nahm allen Stolz mit in das zweite Endspiel nach dem Titel 2017. Damals gewannen die Regensburger in Zwickau gegen die Sachsen aus Hohenstein-Ernstthal, den Meister 2018, mit 7:4.

Die beiden mitgereisten 1889-Physios hatten Alexander Günter wenigstens für Kurzeinsätze im Finale spielfähig gemacht. Aber wieder geriet das Team schnell in Rückstand. Der gebürtige Brasilianer Gabriel de Oliveira tunnelte nach 3:07 Minuten 1889-Keeper Raul und blieb mit seinem sechsten Turniertor der einzige Torschütze der tschechisch geprägten Sachsen in der regulären Spielzeit, die in zwei Spielen nur drei Gegentore bekommen hatten. In der Verlängerung hatte am Samstag Diego Fogaca mit zwei Treffern zum 4:2 Meister Weilimdorf im Halbfinale entthront. Der 41-jährige Spielertrainer Michal Salak sorgte für ein neuerliches 0:2 (14:36). Aber wieder fightete das müde 1889-Team zurück, wieder brachte ein Palutka-Tor (18:13) zurück.

Alexander Günters achtes Tor
Dennoch: Der 1889-Akku war jetzt leer. Mit drei Toren des WM-erfahrenen Michal Belej (21:05/26:19) und Oliveira (22:28) stellten binnen 5:14 Minuten die Weichen für Hohensteins zweiten Titelgewinn. Sieben Minuten vor Schluss versuchten es die Regensburger dennoch immer wieder mit fliegendem Torwart. Günter verkürzte tatsächlich (34:46), Juri Jeremejev setzte ins leere 1889-Tor den Schlusspunkt.

Jetzt ist nach der DM vor der neuen Saison: Für den SSV Jahn 1889 gilt es – Stand jetzt – ab 3. Oktober mit dem Startspiel in Penzberg, sich für die Bundesliga zu qualifizieren.


Viertelfinale: SSV Jahn 1889 – 1. FC Meisenheim 6:5 (4:2). Tore: 1:0 (0:25) Günter, 1:1 (1:18) Schneider, 2:1 (2:58) Günter (Sechsmeter), 3:1 (6:49) Ropers, 3:2 (10:11) Lawnik, 4:2 (10:30) Ropers, 5:2 (23:58) Vrebac, 5:3 (33:55) Eigentor Kruel, 6:3 (36:00) Simao, 6:4 (36:22) Yerima, 6:5 (39:32) Balzer

Halbfinale: SSV Jahn 1889 – MCH Sennestadt-Bielefeld 7:6 (4:3) n. V. Tore: 0:1 (0:25) Gecim, 0:2 (1:46) Gecim, 1:2 (3:07) Palutka, 2:2 (8:28) Günter, 3:2 (11:53) Ropers, 3:3 (16:09) Bollwicht, 4:3 (19:32) Günter, 4:4 (32:34) Ljubic, 5:4 (38:00) Simao, 5:5 (39:46) Aghnima, 6:5 (44:26) Palutka (Zehnmeter), 6:6 (45:08) Pelc, 7:6 (45:57) Palutka

Finale: SSV Jahn 1889 – VfL Hohenstein-Ernstthal 2:6 (1:2). Tore: 0:1 (3:07) Oliveira, 0:2 (14:36) Salak, 1:2 (18:13) Palutka, 1:3 (21:05) Belej, 1:4 (22:28) Oliveira, 1:5 (26:19) Belej, 2:5 (34:46) Günter (bei fliegendem Torwart), 2:6 (39:45) Jeremejev (ins leere Tor)

SSV Jahn 1889: Raul (Roohollah Ghasemi) – Simao, Lucas Kruel, Philipp Ropers (im Finale gesperrt), Alexander Günter, Filip Palutka, Eduard Root, Adi Vrebac, Myller Silva

Aufrufe: 016.8.2020, 17:08 Uhr
Claus WotrubaAutor