2024-04-16T09:15:35.043Z

Spiel der Woche
Ein saftig-grüner Rasen und ein A-Klassen-Duell als Kulisse für ein schönes Miteinander in Zabo. Foto: Stefan Hippel
Ein saftig-grüner Rasen und ein A-Klassen-Duell als Kulisse für ein schönes Miteinander in Zabo. Foto: Stefan Hippel

Wenn die Zabo-Gallier eng zusammenrücken

Alltag in der A-Klasse 6 - Folge 7: Die SpVgg Zabo Eintracht kickt zwar nur in der A-Klasse, trotzdem kann man bei ihren Fußballspielen fast einen ganzen Verein kennenlernen

Ein holpriger Sandplatz, in der Kabi­ne eine Kiste Bier, das Trikot riecht nach Zigaretten — ja, man erzählt viel über die A-Klasse. Aber auch, dass man dort den Fußball noch so erle­ben kann, wie er ursprünglich einmal war. Wir wollen herausfinden, wie es wirklich ist, in den Niederungen des Amateurfußballs. Deshalb begleiten wir die A-Klasse Nürnberg 6 — eine ganze Saison lang.

Das Gelände ist hübsch, erst recht an einem so warmen Septembersonn­tag. Zabo Eintracht verfügt über zwei Spielfelder, einen hervorragen­den A-Platz mit saftig-grünem Rasen und einen etwas besorgniserregen­den B-Platz mit roter VW Golf-Rui­ne. Ein paar Bänke stehen am Rand des A-Platzes, und in einem der hohen Laubbäume zwitschert ein auf­geregter Vogelschwarm, der gar nicht fassen zu können scheint, auf was für einem schönen Baum er sich gerade niedergelassen hat. Noch dazu an einem solchen Tag. „Für so einen Tag machst du das alles“, sagt Flo Kürzinger, dritter Vorstand bei Zabo Eintracht.

„Das alles“ steht für die viele ehrenamtliche Arbeit, die Kürzinger und eine Handvoll eingeschworener Zaboraner in ihren Verein stecken. Selbst dann, wenn nicht eitel Sonnen­schein über der Fallrohrstraße herrscht. Mit „so einem Tag“ meint der Vorstand mehr als nur den 3:2-Heimsieg im Derby gegen DJK Falke II. Er spricht von der Zweiten, die vor heimischem Publikum gegen die Turnerschaft Fürth gewann, vom frischgebackenen Tischtenniskreis­meister Andreas Handt — und von einem Tag, an dem die kleine Zaboge­meinde sich noch einmal selbst feier­te. Das Duell in der A-Klasse? Kaum mehr als Kulisse.

Der Ort der Wahl ist eine kleine Flä­che am Rande des A-Platzes. Drei Bier­tischgarnituren stehen auf ihr, außer­dem ein kleiner Imbiss, aus dem her­aus einige Frauen Kuchen und Wurst­semmeln, Limo und Bier verkaufen. Für Sandra, Marina, Marie, Diane, Chrissi und Kerstin sind die Heimspie­le in der A-Klasse Fixpunkte: „Wir sind beruflich stark eingespannt, aber zu den Heimspielen kommen wir immer zusammen“, sagt Sandra.

Bei Wind und Wetter stellen sie sich in den Stand, den sie vor zwei Jahren auf die Beine gestellt haben und seitdem ehrenamtlich und in Eigeninitiative betreiben. Kuchen und Semmeln machen die Frauen selbst, die Getränke stellt der Wirt. „Nicht einen Tag“, sagt Sandra, hät­ten sie lieber woanders verbracht als hier, wo noch rund 20 andere Zabora­ner gutgelaunt das Spiel verfolgen. Im Grund spielt es für die Gruppe kei­ne Rolle, in welcher Liga ihre Erste spielt. Oft genug bekommen sie vom Spiel erst etwas mit, wenn auf dem Platz lauter Jubel ausbricht. Mitgelit­ten und mitgefiebert, mitgejubelt und -gefeiert wird aber immer. Und im Hintergrund singt sich Helene Fischer durch ihre atemlose Nacht.

Als „DVD“ stellt sich Friedbert Nit­sche derweil scherzhaft vor, als „Depp vom Dienst“. Seine Haut ist sonnengebräunt, gegerbt in vielen Stunden, die er auf dem Zabo-Gelän­de verbracht hat. Der Pensionär wohnt nur ein paar Meter entfernt vom Sportgelände, er ist da, wenn man ihn braucht. Er mäht den Rasen, wischt Spielerkabinen aus, kümmert sich um organisatorischen Krims­krams, Meldungen, Turniere. Vor­standsmitglied ist er, und ja, das gibt er fast kleinlaut zu, die Trikots der Ersten wäscht er auch. „Am schlimmsten ist es, wenn der Platz nass und matschig war. Da wird ein Sonderwaschgang fällig“, sagt das Urgestein mit Kennermiene.

Seit 51 Jahren ist „Friedel“ aktives Mitglied bei Zabo Eintracht. „Vori­ges Jahr gab es so eine Ehrung“ – die Verleihung der silbernen Ehrenna­del, aber das nimmt Nitsche nicht so genau. So wie die Frotzeleien, denen er als Bayernfan in einem Pulk einge­fleischter Clubberer ausgesetzt ist: „Im Moment haben die wenig zum Lachen.“ Wirklich anfeinden würde man sich unter den Zaboranern sowieso nie: „Wir sind eine verschwo­rene Gemeinschaft“, sagt Norbert Föttinger, Leiter der Tischtennisab­teilung. Er ist Zaboraner seit 1988 und wird es bleiben.

So wie Florian Schulz, der seine Heimatverbundenheit mit einem schwarzen Shirt zur Schau trägt: „Home is where your heart is — Zabo forever“. Die Zaboraner kennen sich — und rücken enger zusammen, wenn es um den Verein nicht ganz rosig bestellt ist. Im Schatten des großen Nachbarn Mögeldorf 2000 mit sei­nem proppenvollen Jugendbereich, verbucht es Zabo Eintracht als Erfolg, dass erstmals seit Jahren drei Jugendspieler in die Erste aufgerückt sind. Auf absehbare Zeit werden ihnen keine folgen.

Fusionieren? Niemals!

Schon mehrmals hat der Nachbar die Fühler ausgestreckt, einen Zusam­menschluss sähe man zumindest jen­seits des Zauns gerne. Sagen die Zaboraner. Die aber beharren dar­auf, der familiäre kleine Verein aus dem Viertel für das Viertel, Zabo und nicht Mögeldorf zu sein. Deshalb sind die Spiele der Ersten in der A-Klasse so wichtig und an anderen Tagen dann doch mehr als eine schö­ne Kulisse. Sie dienen dem Vereinsle­ben und der Identitätspflege.

Wie sehr die Gedanken an die Zukunft die Zaboraner umtreibt, zeigt schon, dass sie von ganz allein auf das Thema zu sprechen kommen. „So lange es noch geht, bleiben wir die netten Gallier aus Zabo“, sagt Flo Kürzinger. Und fügt hinzu: „Bevor wir fusionieren, sperren wir hier zu.“ Es wäre schade drum. So lange nur mehr solche Tage kommen wie der vergangene Sonntag aber auch: un­wahrscheinlich.

Aufrufe: 01.10.2014, 10:33 Uhr
Marco SchrageAutor