Unterhaching – Wer vor drei Wochen das in unserer Zeitung erschienene Interview mit Manni Schwabl gelesen hat, den wird die gestrige Nachricht nicht mehr groß überrascht haben. „Ein Cheftrainer muss auch mal dazwischen funken. Wenn du nur gut bist zu allen, dann geht der Schuss nach hinten los“, sagte der Präsident der SpVgg Unterhaching nach der enttäuschenden Rückrunde über Trainer Claus Schromm. „Die Frage ist, ob es noch an der Linie passt.“
Seit Mittwoch ist die Frage auch öffentlich beantwortet. Im Biergarten des Hachinger Sportparks verkündeten Schwabl und Schromm gemeinsam die Neuausrichtung beim Drittligisten. Man sei nach einer „knallharten und ehrlichen Ist-Analyse gemeinsam zur Überzeugung gelangt, dass Claus ab sofort nicht mehr Cheftrainer ist, sondern die gesamtsportliche Leitung übernimmt“, sagte Schwabl.
Schon Schromms Vertragsverlängerung bis 2023 Anfang April sei unabhängig vom Posten erfolgt, betonte der Präsident, eine Trennung für beide Seiten keine Option gewesen. Befördert statt gefeuert also.
Im Mittelpunkt, so Schwabl, müsse immer das „Projekt“ Haching stehen. Dass Schromm persönliche Eitelkeiten fremd seien, spreche für seinen Charakter. „Von Anfang an war in den Gesprächen immer klar, dass Claus weiter zwingend ein extrem wichtiger Teil dieses Projekts sein muss. Als sportlicher Leiter kann er nun noch besser Einfluss auf unsere Entwicklung nehmen.“
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
Was nicht (mehr) für den Trainer Schromm sprach, war die sportliche Bilanz. Schon im vergangenen Jahr war die Mannschaft in der Rückrunde eingebrochen, musste am Ende gar um den Klassenerhalt bangen, dieses Mal holte das Team nach dem Corona-Restart nur sieben von 33 möglichen Punkten, stürzte von Tabellenplatz drei auf elf.
Auch sich selbst nahm der Präsident nicht von der Kritik aus: „Ich hätte früher und intensiver den Finger heben müssen, das werfe ich mir vor. Schon in der Hinrunde beim Derby gegen 1860 hätten Herz und Leidenschaft gefehlt, das habe sich wie ein roter Faden durch die letzten Spiele gezogen. Vom Nachfolger auf der Trainerbank erwartet Schwabl „Zuckerbrot und Peitsche“.
Zusammen mit Schromm will er aus „einer Handvoll“ Kandidaten den einen richtigen finden, der Identifikation mit Kompetenz und mindestens Regionalliga-Erfahrung verbindet. Laut Schromm soll in spätestens zwei Wochen Vollzug gemeldet werden, bis dahin wird Co-Trainer Patrick Irmler die Einheiten leiten.
Den Weg mit Talenten aus dem eigenen Stall wollen die Hachinger in finanziell unsicheren Corona-Zeiten forcieren. Unterstützend fordert Schwabl eine deutliche Aufstockung des DFB-Nachwuchsfördertopfs für eingesetzte U 21-Spieler: „30 Millionen statt bislang drei – das wäre echte Nachwuchsförderung. Alles andere ist nur Wischi-Waschi. Wenn bei 1,1 Milliarden TV-Geld keine zwei, drei Prozent für den deutschen Nachwuchs drin sind, dann ist das Thema wohl nicht so wichtig.“
(Ludwig Krammer)