2024-04-23T13:35:06.289Z

Interview
Manfred Schwabl ist seit 2012 Präsident der SpVgg Unterhaching. F: Leifer
Manfred Schwabl ist seit 2012 Präsident der SpVgg Unterhaching. F: Leifer

Herr Schwabl, wann geht's in Liga 2?

Haching-Präsident im tz-Interview

Die Hachinger eilen als Aufsteiger in der 3. Liga von Erfolg zu Erfolg. Präsident Manni Schwabl versucht die Euphorie im Zaum zu halten und spricht im tz-Interview über die Zukunft der Spielvereinigung
Die Spielvereinigung Unterhaching ist das Team der Stunde in Liga 3. Der Aufsteiger gewann die letzten fünf Spiele jeweils zu null, so auch am Wochenende, als der Aufstiegsfavorit 1. FC Magdeburg mit 3:0 aus der heimischen Arena geschossen wurde – die Belohnung: Tabellenplatz fünf! Einer der Väter des Erfolgs ist Manfred Schwabl, seit 2012 als Präsident im Münchner Süden tätig. Das tz-Interview vor dem Heimspiel gegen Hansa Rostock.

Herr Schwabl, nach dreizehn Spieltagen stehen Ihre Aufstiegs-Hachinger auf dem fünften Platz. Wie viel Spaß macht es derzeit, Präsident von Haching zu sein?

Schwabl: Momentan haben wir eine gute Phase, da macht es natürlich noch mehr Spaß! Aber ich bin Realist genug, um zu wissen, dass sich das im Fußball schnell wieder ändern kann. Deswegen bleibe ich bei meiner Haltung: Wir wollen mit dem Abstieg nichts zu tun haben und möglichst früh Planungssicherheit für die neue Saison haben.

Trotzdem: Mit nur zwei Punkten Rückstand auf den Relegationsplatz kann der Blick nur nach oben gehen.

Schwabl: Ich weiß, dass wir nach unten 15 Punkte Abstand haben – das gibt uns Sicherheit und ist ein schönes Polster. Aber nach oben? Daran denke ich nach 13 Spieltagen überhaupt nicht. Wir gehören noch nicht zu den absoluten Top-Teams der Liga.

Hinten steht die Null, vorne die Topscorer Hain (zehn Tore, drei Vorlagen) und Bigalke (vier Tore, acht Vorlagen) – lautet so das Hachinger Erfolgsgeheimnis?

Schwabl: Zum Teil. Wir haben uns erstaunlich schnell in der 3. Liga zurechtgefunden und können weitestgehend auf den Stamm aus der Regionalliga zählen. Zwar hat das am Anfang Lehrgeld gekostet, aber das Team hat schnell gelernt. Hain und Bigalke stechen natürlich heraus, aber auch der Laden hinten muss aufgeräumt sein.

Welche Rolle spielt Trainer Claus Schromm?

Schwabl: Er hat mit Sicherheit im gesamten Verein den größten Anteil am momentanen Erfolg – da gibt es keine zwei Meinungen! Er leistet sportlich wie menschlich hervorragende Arbeit und passt zu uns wie die Faust aufs Auge – deshalb bleibt er hier so lange Trainer, wie er will!

Sie arbeiten schon seit fast acht Jahren eng zusammen. Hat sich zwischen Ihnen eine Freundschaft entwickelt?

Schwabl (überlegt lange): Mit diesem Wort muss man im Fußball ein bisschen vorsichtig sein – da habe ich schon viele schlechte Erfahrungen gemacht. Der Claus ist aber ein Mensch, auf den man sich zu 100% verlassen kann. Wir haben hier schon vieles gemeinsam durchgemacht, es geht also schon in Richtung Freundschaft. Trotzdem sind wir hier ein professioneller Fußballverein, der auch so geführt werden muss – denn Freundschaft darf nie auf Kosten des Erfolgs gehen.

Bei seiner Vertragsverlängerung Ende August sagten Sie, Schromm sei der ideale Mann, um die Ziele zu erreichen. Stand jetzt: Wann soll es in die 2. Liga gehen?

Schwabl: Im zweiten oder dritten Drittligajahr greifen wir offiziell an! Spätestens in fünf Jahren wollen wir dann raus aus der Liga – dann aber nicht mehr nach unten (lacht)! Sportlich fьhlen wir uns in der 3. Liga zwar wohl, wirtschaftlich aber nicht.

Wie groß ist der finanzielle Druck, aufzusteigen?

Schwabl: Im besagten Zeitraum sind wir eigentlich schon dazu verdammt. Fakt ist, dass wir in der 3. Liga draufzahlen – das liegt natürlich auch an den großen Investitionen in unseren Nachwuchsbereich, aber das machen wir gerne, denn: Wer sät, wird auch ernten. In maximal fünf Jahren soll die Ernte aber schon so weit eingefahren sein, dass wir dort sind, wo für uns finanziell die Sonne scheint: in der 2. Liga.

Angesichts der finanziellen Situation ist es erstaunlich, dass die Mannschaft nach wie vor ohne Trikotsponsor aufläuft. Woran hapert’s?

Schwabl: Wir brauchen einen Sponsor, der komplett zu unserem Konzept passt. Wir leisten uns deshalb den Luxus, auf den richtigen Sponsor zu warten.

Wären Sie bereit, einen Privatinvestor ins Boot zu holen, um das Ziel Aufstieg mittelfristig zu erreichen?

Schwabl: Das kommt darauf an. Wir werden die Lizenzspielerabteilung in naher Zukunft, nächstes oder übernächstes Jahr, in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern, um die Mцglichkeit zu haben, Investoren einzubeziehen – ohne wird es auf Dauer nicht gehen! Es läuft wohl auf ein Modell hinaus, in dem sich gleichzeitig Investoren und Gönner beteiligen.

Oft herrscht bei Fans ja die Angst, dass mit einer Ausgliederung auch ein Identitätsverlust einhergeht.

Schwabl: Wir reden nur mit Leuten, die sich mit unserem Konzept, weiter auf Jugend und Region zu setzen, identifizieren – das ist unser Weg der Nachhaltigkeit, und den werden wir unter keinen Umständen verlassen. Wir sind da schon in guten Gesprächen, aber Spinnereien gibt es mit uns nicht!

Zurьck zum Sportlichen: Gibt es nächstes Jahr wieder ein Derby gegen die 60er?

Schwabl: Davon gehe ich aus! Man muss zwar erst einmal die Spiele gewinnen, aber Daniel Bierofka wird die Löwen auf Platz eins ­pushen – die Relegation ist dann immer auch eine Lotterie, aber ich wünsche es ihnen auf jeden Fall! Und wir, glaube ich, bleiben auch in der 3. Liga! (lacht)

Ob Vorstand, Trainer Schromm oder viele Spieler: Kontinuität wird in Unterhaching großgeschrieben. Kommen dabei neue Impulse von außen nicht zu kurz?

Schwabl: Wir haben schon ein hohes Haltbarkeitsdatum – das gibt uns Stabilitдt und Sicherheit, denn wir ziehen strategisch alle an einem Strang. Trotzdem brauchen wir natürlich auch interne Reibungen und Diskussionen, um voranzukommen – wir sind ja kein Streichelzoo!

Ihnen ist wichtig, dass viele Spieler aus der Region kommen, bestenfalls aus der eigenen Jugend. Wird es nicht schwieriger, diesen Weg weiter zu verfolgen, je weiter es sportlich nach oben geht? Schließlich steigen damit auch die Anforderungen.

Schwabl: Es gibt hier einen Stamm von Spielern, die absolut zweitligatauglich sind, etwa Stahl, Hain oder Bigalke. In diesem Gerüst ist es für die Jungen wesentlich leichter, sich zu etablieren. Beide Seiten, ein fester Stamm und junge Talente, gehören zu unserer Philosophie. Es gibt hier im Münchner Umfeld genügend Talente und gute Spieler, da muss man nicht immer weit weg schauen. Aber natürlich wehren wir uns nicht dagegen, wenn uns ein guter Spieler verstärken kann, der nicht aus der Region kommt – wir sind ja nicht Bilbao…

Der aktuelle Erfolg weckt naturgemäß auch Begehrlichkeiten anderer Vereine – wie groß ist die Gefahr, dass das Erfolgsteam auseinanderbricht?

Schwabl: Fast alle Leistungsträger haben langfristige Verträge. Ich bin null diskussionsbereit, einen Stammspieler abzugeben! Wir wollen unseren Weg gemeinsam gehen, deswegen können sich Interessenten den Anruf sparen. Da gibt es auch keine Schmerzgrenze – der größte Schmerz wäre schließlich, wenn unser stabiles Gerüst auseinanderbräche und wir wieder von vorne beginnen müssten.

Trotzdem bleibt die Spielvereinigung ja ein Ausbildungsverein.

Schwabl: Selbstverständlich, deswegen verbauen wir auch keinem Toptalent, das mit 17, 18 oder 19 schon erst- oder zweitligareif ist, den Weg – wenn der finanzielle Gegenwert passt.
Aufrufe: 027.10.2017, 13:22 Uhr
Max Kramer - tzAutor