2024-05-10T08:19:16.237Z

Allgemeines
– Foto: Hübner

Der steinige Weg in den bezahlten Fußball

Kein regulärer Sportbetrieb in ganz Bayern. Das heißt auch: kein Merkur CUP in diesem Jahr. Wie berichtet, müssen wir heuer auf das wohl größte E-Jugendturnier der Welt verzichten. Dafür bleibt nun in dieser entschleunigten Zeit Platz für Dinge, die neben den Toren und Punkten auch den Fußball ausmachen. Dinge, die wir im „Buch der Werte“ zusammengefasst haben. Heute geht es um den beschwerlichen Weg in den Profi-Fußball.

Mats Hummels, Thomas Müller und Florian Neuhaus sind nur einige von mehreren Merkur CUP-Kindern, die später eine große Karriere hingelegt haben. Der nächste könnte Karim Adeyemi sein, der Merkur CUP-Sieger von 2013 ist jedenfalls auf dem besten Weg dorthin.

Natürlich ist der Knirps dem Manni Schwabl gleich aufgefallen. Als früherer Nationalspieler hat er einen messerscharfen Blick für Talente. Es war ein Tag im Spätsommer des Jahres 2012, Karim, gerade erst vom FC Bayern in die Hachinger U11 gekommen, durfte schon mal in der U13 mitspielen, auf Großfeld. Und für das, was Schwabl sah, findet er nur ein wirklich passendes Adjektiv: brutal. „Brutale Schnelligkeit, brutaler linker Fuß, brutale Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Wenn der dreimal nicht trifft, versucht er es halt ein viertes Mal.“

Alle Voraussetzungen also habe Karim mitgebracht, zumindest fußballerisch. Aber reicht das? Schwabl wusste, dass der Verein und er vor einer gewaltigen Herausforderung standen: „Karim hatte nur Fußball im Kopf.“ Das aber, wer wüsste das besser als Schwabl, ist nicht genug, wenn man mal ganz oben ankommen will.

Gut sechs Jahre sind vergangen, als Manni Schwabl die Gaststätte im Hachinger Sportpark betritt. Nachmittag, wenig los, aber Karim ist da. Ein guter Kumpel macht hier ein Praktikum, dem wolle er ein bisschen helfen, sagt Karim. Dabei ist er im Sommer nach Salzburg gewechselt, gut drei Millionen soll der damals 16-Jährige der SpVgg gebracht haben, Karim Adeyemi gilt damit als Deutschlands höchstdotiertes Talent. Und das hat er auch der SpVgg Unterhaching und deren Präsidenten zu verdanken.

Für Schwabl ist Karim Adeyemi ein „Produkt des Hachinger Wegs.“ Vertrauen, familiäres Umfeld, Entwicklung der Persönlichkeit, „das sind hier die Grundlagen“. An Karim hätten sich manch andere wohl die Zähne ausgebissen, ein „Schlawiner“ sei er gewesen. Aber eben auch ein begnadeter Kicker. Der Merkur CUP 2013, den Unterhaching vor allem dank seines überragenden Stürmers und Torjägers sensationell vor den großen Favoriten aus der Landeshauptstadt gewann, hat gezeigt, welch unglaubliches Talent da heranreift. Und diesen Reifeprozess, der inzwischen bis in die deutschen Junioren-Nationalteams und nun nach Salzburg führte, hat der Verein maßgeblich beeinflusst.

Schwabl hat Karims Eltern mit ins Boot geholt, das, was er plante, kann nur gelingen im Zusammenspiel zwischen Familie, Schule und Verein: „Wir mussten Karim klarmachen, dass es für die persönliche Entwicklung nicht nur Fußball gibt“. Die Regeln waren knallhart: Ohne Hausaufgaben kein Training, ohne Training kein Spiel.

Immer wieder hat Schwabl Karim ins Büro geholt, ihm die Leviten gelesen oder nur mit ihm gesprochen. „Wir haben ihm Vertrauen geschenkt und er hat es gerechtfertigt.“ Von Lehrern kamen positive Rückmeldungen, die schulischen Leistungen wurden besser, auch das soziale Verhalten. Aus dem Schlawiner ist ein ernsthafter junger Mann geworden, der recht genau weiß, was er will.

Chelsea wollte ihn, Liverpool war interessiert, Leipzig. Nicht die Höhe der Ablöse, sondern Umfeld und Perspektiven waren entscheidend, als es um den Wechsel ging. „Für Salzburg sprachen die räumliche Nähe, die Spielphilosophie und die schulischen Möglichkeiten.“ Fußballerisch konnte er sich mit 16 schon im Herrenfußball, in der zweiten österreichischen Liga, weiterentwickeln, gerade 18 war er, als er im Februar für Red Bull Salzburg in der Europa League debütierte.

Nun will er sich im Profifußball etablieren. Ob er das schon schafft? „Man muss daran glauben und sich Ziele setzen, die erreichbar sind“, sagt er. Und wenn immer es geht, ist er in Unterhaching, die Verbundenheit zum Verein ist stark. „Auch das ist so eine runde Geschichte“ für Schwabl, die Familie bleibt involviert. Überhaupt sollte die Sache mit Karim Adeyemi zu einer richtig runden Geschichte werden. „Das bringt“, sagt Schwabl, „auch für uns als Verein einen großen Mehrwert, die Leute sehen, wie sich Talente hier entwickeln können.“

Aufrufe: 023.6.2020, 10:45 Uhr
Münchner Merkur / Reinhard HübnerAutor