2024-04-19T07:32:36.736Z

Interview der Woche

"Gehe schon voll in der Rolle auf"

Dennis Kirn wird zur neuen Saison spielender Co-Trainer bei Verbandsligist Spvgg. Ingelheim +++ Fass bei Fortuna Mombach übergelaufen

260 Oberligaspiele hat Dennis Kirn schon auf dem Buckel, doch als spielender Co-Trainer feiert er in der kommenden Verbandsligasaison bei der Spvgg. Ingelheim Premiere. Im Interview der Woche blickt der 30-Jährige auf seine neue Rolle im neuen Verein voraus und erklärt, warum er bei Absteiger Fortuna Mombach im Frühling als Spieler das Handtuch warf.

Dennis, hast Du schon im Jugendbereich oder bei Lehrgängen Erfahrungen als Trainer gesammelt?
Das noch nicht. Aber für mich war in den letzten zwei, drei Jahren klar, dass ich später Trainer werden möchte. Im Januar nehme ich meinen C-Schein in Angriff. Ich bin der Spielvereinigung, vor allem Gerhard Huber und Jasmin Sinanovic, sehr dankbar, dass sie mir diese Chance geben. Letztes Jahr gab es schon eine Anfrage von Günter Loos vom VfB Bodenheim, der mich als spielenden Cotrainer holen wollte, das hat aber nicht geklappt. Jürgen Collet (Ingelheims Ex-Trainer, d.Red.) hat mir geraten, es unbedingt zu machen. Ich gehe auch schon voll in der Rolle auf und habe bereits meine erste Aufgabe bekommen: Die Spieler, die auf dem Markt sind, anzusprechen, um gegebenenfalls noch Neuzugänge nach Ingelheim zu holen.

Gibt es schon weitere Personalien?

Die letzten, die vermeldet wurden, waren ja Josef Meier aus Gonsenheim, Peter Stägemann vom SV Wehen Wiesbaden, Amin Ouachchen, Krystian Borowski und Jascha Eimann, danach hat sich jetzt erst mal nichts mehr getan.

Wo hattest Du denn Deine Finger im Spiel?

Bei Amin und Boro auf jeden Fall, die beiden kann ich mir gut vorstellen in unserer Truppe, das sind menschlich prima Typen. Nächste Woche stehen weitere Gespräche an. Jasmin hat ja gesagt, dass wir noch zwei, drei weitere Spieler holen wollen. Wir sind sicher nicht auf Rosen gebettet, bieten aber gute sportliche Perspektiven.

Es ist in Ingelheim jetzt der zweite große Schnitt in zwei Jahren, erst nach der Ära Umbs und dann nach Jürgen Collets Abgang. Welche Ziele habt Ihr Euch gesetzt?

Klar wollen wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben, so viele Punkte wie möglich sammeln und, wenn es geht, vorne angreifen. Aber ich schaue lieber von Spiel zu Spiel, anstatt mir große Ziele zu setzen. Mombach wollte auch aufsteigen und ist jetzt abgestiegen. Davon halte ich nicht so viel, das baut auf unsere junge Mannschaft nur Druck auf.

Du warst ja als Spieler zwei Drittel der Saison dabei, welche Gründe siehst Du für den Abstieg der Fortuna?

Ich finde für die Mannschaft sehr traurig, wie es gelaufen ist. Ich habe noch nie in meinem Leben gehört, dass man im Winter einen Umbruch macht, das war der Anfang vom Ende. Wir haben sieben Spieler verloren, darunter vier Stammspieler und der Kapitän, diese Qualität konnte man nicht ersetzen. Wir haben uns für die Rückrunde viel vorgenommen, aber nach den ersten Niederlagen gingen die Köpfe runter. Und die Neuzugänge sind zwar alles gute Fußballer, hatten aber nicht mehr die Qualität von denen, die weggeschickt wurden.

Mitten in der Rückrunde bist Du dann selbst von Bord gegangen. Was waren die Beweggründe?

Ich bin ein Typ, der viel schluckt und viel einsteckt. Jeder weiß, dass das die letzte Entscheidung ist, die ich treffen würde. Ich habe andere Vorstellungen, wie die Dinge ablaufen. Dass immer wieder vom Preis-Leistungs-Verhältnis gesprochen wurde, auch in der Halbzeitpause, und immer die Schuld bei der Mannschaft gesucht wurde, das war irgendwann zu viel. Ich habe nicht eingesehen, in einer Mannschaft, die schlechter geworden ist, auch noch auf die Bank gesetzt zu werden. Und das Wort Geld ist in meinen zehn Jahren Oberliga nicht so häufig in den Mund genommen worden wie in dem einen Jahr in Mombach.

Du hattest Dich nach Deinem Abgang aus Gonsenheim auch kritisch geäußert. Hattest Du keine Angst um Deinen Ruf?

In Gonsenheim bin ich mir mit Frank Specht nicht einig geworden. Ich war enttäuscht, weil mir die Wertschätzung gefehlt hat. Aber dort hatte ich meine schönste Oberligazeit, ich habe eine sehr hohe Meinung von dem Verein. Frank ist der Manager, ein Profi, und wir gucken uns immer noch in die Augen und geben uns die Hand. Ich glaube, da bleibt nichts haften. Viele in Mainz kennen mich und wissen, dass ich meine Entscheidungen immer wohl überlegt treffe. Und wenn man sieht, wie viele Spieler, die eigentlich schon zugesagt haben, Mombach jetzt verlassen, nachdem, was da abgelaufen ist, dann gibt mir das im Nachhinein doch Recht.

Meiner Meinung nach geht man trotzdem nicht mitten in der Saison, für die man zugesagt hat, von Bord...

Klar, aber das Fass ist übergelaufen. Jeden Montag haben wir nach Niederlagen zusammengesessen, und immer wieder kam das mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Was hat der Trainer über mich gesagt: Wenn es schlecht läuft, sieht man den Charakter. Ich denke, man sieht auch die Qualität des Trainers, wenn es schlecht läuft.

Ich glaube, in Mombach hat sich bei allen viel aufgestaut, da fallen mal deutliche, auch zu deutliche Worte.

Ich kann Thomas auch verstehen. Er lebt diesen Job, steckt sehr viel Herzblut hinein. Ich kenne ihn schon sehr lange, schätze ihn als Mensch und wünsche ihm für die nächste Saison alles Gute. Aber Du kannst die Mannschaft nicht jedes Mal an den Pranger stellen. Der Trainer muss auch seine Aufgabe erfüllen, und das hat zuletzt nicht mehr so gut geklappt.

Was hast Du von Deinen Trainern bisher gelernt?

Ich hatte in meiner Oberligazeit eigentlich nur gute Trainer. Aydin Ay hat in Gonsenheim frischen Wind reingebracht, Jürgen Collet ist ein Riesenmotivator, von Hubert Neu in Bingen habe ich sehr viel mitgenommen, Karl-Heinz Halter war auch ein Supermotivator, Aydin Ay eher der Taktikfuchs. Auch von Babak Keyhanfar, der einer meiner besten Freude ist, und Jörg Jansohn habe ich viel gelernt, beide sind taktisch hervorragend und zudem große Disziplinfanatiker. Ich hoffe, dass ich meinen Jungs von jedem etwas mitgeben kann. Und ich habe auch gelernt, wie ich es in Zukunft nicht machen will.

Wie lange planst Du noch Spieler zu sein?

So lange meine Knochen mich noch tragen. Ich hatte vor drei Jahren eine schwere Verletzung, den Oberschenkelabriss, aber das ist komplett verheilt. Ich fühle mich topfit und habe schon vor, noch zwei, drei Jahre zu spielen. Erstmal will ich aber das Jahr genießen und von Jasmin, der auch ein sehr guter Trainer ist, viel lernen. Wenn dann der Zeitpunkt gekommen ist, an dem es nicht mehr geht, werde ich meinen C-Schein haben und hoffentlich ein Angebot als Trainer erhalten. Aber dafür muss ich erst mal lernen, alles Step-by-Step.

Aufrufe: 011.6.2015, 06:30 Uhr
Torben SchröderAutor