2024-04-23T06:39:20.694Z

FuPa Portrait

Löbtauer Trainer ist ständig im Lernmodus

Der 32-jährige Rutger Nagel arbeitet universell einsetzbar als Psychologe und Dozent.

Als im Sommer feststand, dass der ehemalige Süd-West-Trainer Robert Schinke zum Liga-Rivalen SpVgg. Löbtau wechseln wird, hatte der Coach seinen Wechsel an eine spezielle Bedingung geknüpft. Er wollte in Löbtau gemeinsam mit Rutger Nagel das Zepter übernehmen. Den Grund dieser Klausel begründet Schinke: „Ich kenne den Rutger schon sehr lange als Spieler. Er ist hochintelligent, unheimlich ehrgeizig und zielstrebig, eine absolute Bereicherung für die Trainerbank“.

Ihren Anfang nahm die Fußballer-Freundschaft der beiden vor einem Jahrzehnt beim damaligen FC Elbflorenz. Nagel war damals Mitbegründer des Vereins, in dem sich Kicker aus der ehemaligen Jugend des Dresdner SC zu einer neuen Mannschaft zusammenschlossen. Unter Präsident Jens Blauhut spielte dort ein Robert Zeibig genauso wie Nagel, und Schinke konnte als Übungsleiter gewonnen werden. Immerhin schafften es die Newcomer bis in die Stadtliga, 2011 löste sich der FC Elbflorenz aus namensrechtlichen Gründen allerdings wieder auf.

Zuletzt war Nagel unter den Fittichen von Schinke beim FV Süd-West aktiv. Nur eine von vielen Stationen in der fußballerischen Laufbahn des gebürtigen Geraers, der als Kind beim Post SV sowie in Löbtau die ersten Schritte auf dem Bolzplatz wagte. Später spielte der „Mann von der linken Außenbahn“ unter Harald Fischer bei Dynamos B-Jugend, wechselte dann zum Dresdner SC und erlebte Oberliga-Zeiten im Ostragehege. Sein größtes Fußball-Erlebnis war dabei ein Sachsen-Pokalspiel mit dem DSC im Rudolf-Harbig-Stadion, das Dynamo 2:0 gewann. Danach tingelte Nagel, stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen, durch das sächsische Land – lief für Bannewitz, Gelb-Weiß Görlitz, Bad Muskau und Pirna-Copitz auf.

Unterbrochen wurde diese Wanderschaft des 32-Jährigen durch seine hochgesteckten beruflichen Ziele. „Nach den Oberliga-Jahren beim Dresdner SC entschied ich mich für ein Forcieren meiner Berufs-Ausbildung. Zum ganz großen Fußballer hätte es ja eh nicht gereicht“, gibt der sympathische Zeitgenosse unumwunden zu. Er beendete sein Betriebswirtschaftsstudium und widmete sich dem Studium der Psychologie. Praktika in der Praxis seiner Mutter – Doktor Ulla Nagel GmbH – brachten ihm die Arbeit mit Menschen näher. „In der Betriebswirtschaftsbranche hat man nur mit Zahlen zu tun, doch mein Interesse galt immer mehr dem Menschen als Mittelpunkt der Arbeit“, erklärt Nagel. Und es zog ihn zum Erfahrungen sammeln in die Welt hinaus. Ein Jahr lang weilte Nagel als Entwicklungshelfer in Maputo, der Hauptstadt von Mosambik. Ein weiteres Jahr verbrachte Nagel als Sprachlehrer für Deutsch und Englisch in Brasilien. „Das Kennenlernen unterschiedlichster Kulturen und Menschen war eine tolle Erfahrung“, sagt Nagel.

Inzwischen ist der weit gereiste Tausendsassa zertifizierter Psychologe mit einer breit gefächerten Angebotspalette. Er leitet Workshops zur Führungskräfte-Ausbildung, unterrichtet als Dozent über Themen wie Stressmanagement oder Sozialpädagogik an verschiedenen Hochschulen und ist dabei stets auf der Suche nach neuen Herausforderungen. „Man muss ständig hinzulernen“, lautet Nagels Doktrin.

Aber auch im Sportbereich arbeitet er als Psychologe. So steht sein Name in einer Datenbank über Sportpsychologen, die von Olympia-Stützpunkten und Trainingszentren genutzt wird. Oft geht es dabei um sportspezifische Themen wie Athleten-Motivation, Bewältigung von Niederlagen oder Verletzungen. „Mich fragt auch schon mal ein Trainer, wie er bei seinen Schützlingen ankommen würde und wie man das Verhältnis noch verbessern könnte“, gibt Nagel als Beispiel an. Dabei ist er längst nicht nur auf Fußball spezialisiert. Auch andere Sportarten geben viel Raum für psychologische Problembewältigungen.

Kein Wunder also, dass sich Schinke glücklich schätzt, Rutger Nagel als Co-Trainer mitgenommen zu haben. Und die Löbtauer hoffen in der Zukunft, von diesem gehaltvollen Coaching-Gespann profitieren zu können. „Ich denke schon, dass man hier einiges bewegen kann. Die Trainingsbeteiligung ist hoch, der Wille und die Leidenschaft sind bei den Jungs absolut vorhanden“, sagt Nagel. Ein Muss in der anspruchsvollen beruflichen Auslastung Nagels ist es aber auch, „mal den Schalter umzuklappen. Dann fahre ich mit meiner Freundin zum Snowboarden, spiele Badminton oder treffe mich mit Kumpels zum Skat. Diese Abschaltmomente sind wichtig“, erklärt Nagel, der in den nächsten Tagen seine psychologischen Kenntnisse nach der 0:5-Pleite gegen Hellerau sicher für die eigenen Spieler benötigt.

Aufrufe: 010.11.2015, 09:00 Uhr
Jens JahnAutor