2024-04-24T07:17:49.752Z

Ligabericht
Eine Einheit - ohne Wenn und Aber: Hofs Spieler Adam Hajek (v.l.), Alexander Seidel und Ondrej Chocholousek.
Eine Einheit - ohne Wenn und Aber: Hofs Spieler Adam Hajek (v.l.), Alexander Seidel und Ondrej Chocholousek. – Foto: Mario Wiedel

CZ-Exklave Hof: Eine Zweierbeziehung mit Tradition

Sechs Spieler von Bayern Hof stammen aus Tschechien: Eine Entwicklung, die keinesfalls aus der Not heraus geboren worden ist.

Bei Bayern Hof wird nicht nur Fränkisch gesprochen, sondern auch und vor allem Tschechisch. Sechs Spieler aus dem östlichen Nachbarland gehören dem aktuellen Kader der Oberfranken an, fünf davon standen beim 3:2-Sieg über Abtswind in der Startelf. Hinzu kommen noch Co-Trainer Michal Kycek und Physiotherapeutin Iva Jurakova, die ebenfalls aus Tschechien stammen. In Hof hat sich in dern vergangenen Jahre also eine CZ-Exklave gebildet - und das ist kein Zufall oder aus der Not geboren, wie der sportliche Leiter Thomas Popp berichtet. "Unsere geographische Randlage ist der hauptsächliche Grund dafür. Uns ist die Nationalität in erster Linie egal. Es geht vielmehr um Leistung und Charakter."

Schlüsselfigur in diesem Zusammenhang ist Hofs ehemaliger Trainer Miloslav Janovsky. Der 45-Jährige war nicht nur Coach beim letzten Regionalliga-Intermezzo der Bayern, sondern auch maßgeblich daran beteiligt, dass seit seiner Amtszeit (2015-2017) regelmäßig zahlreiche seiner Landsleute in Schwarz-Gelb auflaufen. "Miloslav hatte sehr gute Kontakt in seine Heimat und konnte dadurch viele starke Spieler aus Tschechien nach Hof lotsen", blickt Thomas Popp zurück.

Aus dem anfänglichen Versuch ist inzwischen eine kleine Tradition geworden. Bei Hof gehören Kicker aus dem Nachbarland mittlerweile einfach dazu. "Das war keinesfalls aus der Not geboren. Wir profitieren vielmehr von der hervorragenden Nachwuchsakademie von Viktoria Pilsen und haben mittlerweile ein gutes Netzwerk im nordböhmischen Bereich. Wir beobachten den tschechischen Markt ganz genau."


Sprachbarriere: "Das ist natürlich nicht so einfach"

Während früher Janovsky erste Kontaktperson bei CZ-Transfers war, übernimmt diese Rolle inzwischen Co-Trainer Michal Kycek. Er spricht ebenso perfekt beide Sprachen wie auch die Physiotherapeutin Iva Jurakova, die genauso wie der 44-Jährige neben ihrer Hauptätigkeit vor allem eine integrative Funktion einnimmt. Denn trotz aller Verbindungen und trotz allem Engagement der Verantwortlichen bleibt die Sprachbarriere weiterhin eine hohe Hüde. "Das ist natürlich nicht so einfach", gibt Thomas Popp zu. "Doch die Burschen sind nicht dumm. Sie lernen schnell. Und beispielsweise Martin Holek spielt hier immer wieder Dolmetscher."

Der 30-jährige Torjäger, der im Sommer nach Stationen bei Wacker Burghausen und Türkgücü München wieder nach Hof zurückgekehrt ist, ist das tschechische Urgestein bei den Bayern, dienstältester Tscheche beim Traditionsverein. Er kennt also wie kein anderer die Begebenheiten bei den Oberfranken bzw. das Miteinander von Tschechen und Deutschen (Franken) beim Bayernligisten. Er berichtet: "Hof ist ein gut geführter Verein. Die Verantwortlichen, das Umfeld und die Fans sind mit Herzblut bei der Sache. Die Tatsache, dass hier viele Tschechen spielen, ist doch im Fußball ganz normal. Ich kann nur unterstreichen: Hier kann man sich wohlfühlen. Deshalb wohne ich mittlerweile auch in der Stadt."


Tschechische Leitwölfe sollen Talente führen

Natürlich sorgen Spieler wie Chocholousek, Hajek oder der derzeit verletzte Kyndl dafür, dass die Qualität im Kader der Schwarz-Gelben hoch ist. Die Legionäre sind aber gleichzeitig auch Leitwölfe in der jungen Hofer Mannschaft. "Wir sind federführend im Nachwuchsbereich in unserer Region. Die besten Talente rund um Hof spielen bei uns. Aber es geht nicht nur mit jungen Spielern. Für einen ausgewogenen Kader braucht man auch erfahrene Kicker - und diese kommen bei uns vorrangig aus Tschechien."

Natürlich sehe man sich auch diesseits der Grenze nach Verstärkungen um. Doch in diesem Zusammenhang ist die Hofer Randlage alles andere als hilfreich. In der einen Richtung schöpfen der Nürnberger Raum, Bayreuth und Bamberg viele Spieler ab. In der anderen Richtung, in der ehemaligen DDR, habe der Fußball laut Popp einen anderen Stellenwert. Spieler aus Thüringen und Sachsen seien deshalb einfach nicht finanzierbar. So bleibt eben nur ein Blick in den früheren, von Hof zirka 25 Kilometer entfernten Ostblock-Staat.


"Hof ist sehr gut. Hier habe ich alles, was ich brauche"

Doch wer glaubt, Spieler aus Tschechien spielen für das sprichwörtliche Butterbrot, sieht sich getäuscht, wie der sportliche Leiter Thomas Popp betont. "Freilich, Matej, Martin und Kameraden sind Studenten, die Minijobs bei Sponsoren haben und somit ihren Lebensunterhalt verdienen. Generell haben sich die Preise jedoch angepasst. Spieler aus Tschechien haben inzwischen die selben Tarife wie deutsche Kicker."

Finanzen, Sprache, Abstammung - Dinge, die bei Bayern Hof absolute Nebensächlichkeiten sind, sobald der Ball im Spiel ist. Sowohl Fans als auch Verantwortliche stehen voll und ganz hinter der Philosophie des ehemaligen Zweitligisten. Auch eine Grüppchenbildung innerhalb der Mannschaft stellt Thomas Popp nicht fest. Im Gegenteil. "Wir sind ein Haufen." Die Einschätzung des sportlichen Leiters teilt Außenbahn-Wirbelwind Patrik Kavalir voll und ganz: "Hof ist sehr gut. Hier habe ich alles, was ich brauche. Und es ist innerhalb des Teams völlig nebensächlich, wer Deutscher und wer Tscheche ist."

Aufrufe: 025.9.2019, 12:45 Uhr
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