2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview

"Bin immer noch sehr heimatverbunden“

Interview: Der Hiddenhauser Fußballprofi Diego Demme hat eine steile Karriere hingelegt. 2017 wurde er mit Leipzig deutscher Vizemeister und debütierte in der Nationalelf. Der 25-Jährige hat aber seine Wurzeln nicht vergessen

Herr Demme, hinter Ihnen liegt ein aufregendes Jahr. Bei RB Leipzig konnten Sie sich zu einer festen Größe etablieren, feierten mit Ihrem Team 2017 die Vizemeisterschaft in der Fußball-Bundesliga und konnten sich mit Ihrem Verein erstmals für die Champions League qualifizieren. Dazu hat Bundestrainer Jogi Löw Sie in die Nationalmannschaft eingeladen. Konnten Sie das alles schon realisieren und wahrnehmen?

DIEGO DEMME: Es war ein sehr aufregendes und tolles Jahr. So richtig realisiert habe ich das aber noch nicht.

Sie sind ein waschechter Ostwestfale. Sie sind in Herford geboren und in Hiddenhausen aufgewachsen. Haben Sie noch viel Kontakt zu Freunden und Kollegen aus der Heimat?

DEMME: Ja, natürlich. Ich habe noch viele Freunde in der Umgebung von Herford. Wenn ich mal zu Hause bin, verabredet man sich auch. Meine Oma und meine Schwester wohnen auch noch in Hiddenhausen. Meine Eltern, die auch noch in Hiddenhausen leben, sind aber bei jedem Spiel in Leipzig dabei.


Welche Rolle spielt ihre Familie in ihrer Karriere?
DEMME: Ich freue mich natürlich, wenn meine Eltern so viel auf sich nehmen, um mich spielen zu sehen. Das macht mich schon stolz. Es ist schön, sie anlässlich der Spiele zu sehen und danach dann noch gemeinsam etwas Essen zu gehen.


Wie ist die Resonanz der Menschen aus dem Kreis Herford auf ihre Karriere und ihren Erfolg? Bekommen Sie das mit?

DEMME: Wenn ich bei meiner Oma zu Hause bin, soll ich immer Autogramme für ihre Freunde mitbringen. Sie berichtet dann oft, dass Leute nach mir fragen würden und froh seien, einen Herforder in der Bundesliga zu sehen.


Sind Sie oft zu Besuch in der Heimat?

DEMME: Wenn es terminlich passt, versuche ich schon oft nach Hause zu fahren. Vor allem in den Länderspielpausen oder wenn wir mit Leipzig Freitagabends spielen, versuche ich am Samstag und Sonntag der Heimat einen Besuch abzustatten.

August 2012: Diego Demme setzt sich im Trikot des SC Paderborn im DFB-Pokal gegen Bielefelds Thomas Hübener durch. Zweitligist Paderborn verliert bei Drittligist Arminia 1:3. Gibt es für Sie etwas typisch Ostwestfälisches, das Sie in Leipzig vermissen?

DEMME: Was ist denn typisch ostwestfälisch? (lacht). Also, wenn es etwas typisch Ostwestfälisches geben würde, sicherlich. Aber ich fühle mich sehr wohl in Leipzig. Natürlich bin ich immer froh, wenn ich in Herford oder in Bielefeld mal wieder durch die Stadt laufen kann. Ich fühle mich nach wie vor sehr heimatverbunden.

Sie haben damals bei der Spvg. Hiddenhausen angefangen, Fußball zu spielen. Später wechselten Sie dann in die Jugendabteilung von Arminia Bielefeld. Hätten Sie damals gedacht, dass aus Ihnen mal ein Fußballprofi wird, der in der Bundesliga spielt?

DEMME: Das war natürlich mein Ziel und mein Traum. Dafür habe ich Jahr für Jahr hart gearbeitet. Aber die vergangene Saison, in der viele Sachen so eingetroffen sind, die man sich als Kind nur erträumen konnte, ist natürlich Wahnsinn. Es ist sehr schön, dass bislang alles so positiv gelaufen ist.


Mit Paderborn waren Sie 2014 auf dem Sprung in die 1. Bundesliga. Im Winter wechselten Sie dann zu RB Leipzig, damals noch in der 3. Liga. Weshalb haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?
DEMME: Ich hatte mich damals mit Ralf Rangnick getroffen. Er hat mir den Weg aufgezeigt, den er mit RB Leipzig gehen will. Diesen Weg fand ich sehr spannend und herausfordernd. Deshalb habe ich damals die Entscheidung getroffen, zu RB zu wechseln – und habe es definitiv nicht bereut.


Im Juni gaben Sie gegen San Marino ihr Debüt in der deutschen Nationalmannschaft. Wie haben Sie die Zeit bei der Nationalelf erlebt?

DEMME: Es war eine sehr schöne Zeit. Ich wurde in der Mannschaft gut aufgenommen und die paar Tage haben sehr viel Spaß gemacht. Mit dem Spiel für die Nationalelf ist für mich ein weiterer Traum in Erfüllung gegangen. Im deutschen Trikot aufzulaufen – das war bisher der schönste Moment in meiner Fußballkarriere.


Sie wurden von Joachim Löw sogar für den Confed-Cup nominiert. Wegen einer Verletzung mussten Sie dann aber absagen. Ist Ihnen die Entscheidung sehr schwer gefallen?

DEMME: Es war sicher keine einfache Entscheidung, auf den Confed-Cup zu verzichten, um meinen Rücken zu schonen und für den Saisonstart fit zu sein. Natürlich war es bitter, dass ich nicht dabei sein konnte. Aber meine Gesundheit ging in diesem Moment vor, und mein Rücken ist jetzt auch wieder voll auskuriert. Ich bin glücklich, dass ich jetzt wieder fit bin.


Ihre Mutter Petra ist Deutsche, Papa Enzo Italiener. Haben Sie mit dem Gedanken gespielt, für die italienische Fußballnationalmannschaft aufzulaufen?

DEMME: Ich habe immer gesagt, ich werde für den Verband spielen, der als erstes anruft. Dann kam der Anruf von Löws Co-Trainer Thomas Schneider und ich habe sofort zugesagt.


Das heißt, wenn sich der italienische Verband zuerst gemeldet hätte, dann hätten Sie sich für die italienische Nationalmannschaft entschieden?

DEMME: Wahrscheinlich schon.


Nächstes Jahr steht die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland an. Wie sehen Sie ihre Chancen, im Team von Jogi Löw dabei zu sein?
DEMME: Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Darüber mache ich mir im Moment noch gar keine Gedanken. Ich konzentriere mich jetzt erst einmal auf die Aufgaben, die im Verein anstehen. Das hat mir im letzten Jahr auch dabei geholfen, in den Spielen bei RB auf mich aufmerksam zu machen. Wenn wir bei RB Leipzig erfolgreich sind, ist es einfacher, in den Fokus zu rücken.


Der Transferwahnsinn um Neymar und Mbappé in den zurückliegenden Wochen und Monaten dürfte auch an Ihnen nicht nicht vorbei gegangen sein. Finden Sie, dass es künftig bessere Regularien im Transfersystem geben sollte?

DEMME: Die Summen, die im Fußball momentan aufgerufen werden, sind schon Wahnsinn. Für mich als Spieler gehört dies aber auch nicht zu meinem Aufgabenbereich.


Wie würden Sie reagieren, wenn ein Klub über 100 Millionen Euro für Sie bieten würde?
DEMME: Das ist nicht der Fall und darum mache ich mir darüber auch keine Gedanken.


Zum Schluss, wie wird RB Leipzig diese Saison abschneiden?

DEMME: Wir müssen von Spiel zu Spiel denken. Uns stehen große Aufgaben bevor, auch in der Champions League. Wir sind froh, dass wir uns in der vergangenen Saison qualifiziert haben und es ist spannend, die internationalen Spiele zu bestreiten. Ich fühle mich weiterhin sehr wohl in Leipzig und könnte mir im Moment nichts besseres vorstellen.

Diego Demme

Geboren: 21. November 1991 in Herford.
Größe: 1,70 Meter.
Gewicht: 68 Kilogramm.
Nationalität: Deutsch, Italienisch.
Fuß: beidfüßig.
Position: Defensives Mittelfeld.
Verein: RB Leipzig.
Bisherige Vereine: Spvg. Hiddenhausen, SV Sundern, SV Enger-Westerenger, RW Kirchlengern und Arminia Bielefeld (2004-2010) in der Jugend; Armina Bielefeld (2010-2011), SC Paderborn (2012-2013). Seit 7. Januar 2014 bei RB Leipzig.
38 Bundesligaspiele (1 Tor), 126 Spiele 2. Bundesliga, 26 Spiele 3. Liga.
1 Länderspiel.
Größte Erfolge: Deutscher Vizemeister, Debüt für die deutsche Nationalmannschaft, Aufstieg in die 2. Bundesliga, Aufstieg in die Bundesliga.

Aufrufe: 013.10.2017, 09:04 Uhr
Fabian Herbst/Fotos: Witters/KöppelmannAutor