2024-04-24T13:20:38.835Z

Team Rückblick
Meisterjubel der Siegener A-Junioren bei der Pokalübergabe 1969: Das Bild zeigt (von links) Heinz Ax, Helmut Volke, Wolfgang Schöler (verdeckt), Klaus Schmidt, Rolf Bleck, Alfred Seiler, Ernst Bamberger, Dietmar Schwarzer, Peter Heupel.
Meisterjubel der Siegener A-Junioren bei der Pokalübergabe 1969: Das Bild zeigt (von links) Heinz Ax, Helmut Volke, Wolfgang Schöler (verdeckt), Klaus Schmidt, Rolf Bleck, Alfred Seiler, Ernst Bamberger, Dietmar Schwarzer, Peter Heupel. – Foto: privat

Großer Triumph lebte neu auf

Vor 50 Jahren wurde die A-Jugend der Sportfreunde Siegen Westfalenmeister

Ein großer Tag der Siegener Sportfreunde jährte sich in diesen Tagen zum 50. Male: Am 9. Juni 1969 gewannen die A-Junioren der Sportfreunde durch einen 2:0 (1:0)-Triumph beim hoch favorisierten VfL Bochum die Westfalenmeisterschaft – und das nur vier Tage nach einem schweren Spiel bei Vorwärts Gronau, in dem die „Freunde“ durch einen Treffer in der vorletzten Minute ein 3:3 erkämpft hatten.

Vor 3000 (!) Zuschauern im Stadion an der Castroper Straße „hatten die Bochumer mit Rainer Pommerin, Hans-Jürgen Köper und Hans-Günter Etterich gleich drei hoffnungsvolle Talente aufgeboten, die zu diesem Zeitpunkt bereits einen Profivertrag für die nachfolgende Saison in der Tasche hatten“, erinnerte sich jetzt Ernst Bamberger anlässlich einer Wiedersehensfeier der Siegener Westfalenmeister von 1969 in Hitzendumicke. Gleichwohl gab es kein Durchkommen für die „48er“, die sich an der bärenstarken Sportfreunde-Defensive die Zähne ausbissen.

„Die Siegener haben mit ihrem geschlossenen Abwehrblock unser Konzept verdorben. Unsere Stürmer spielten zu engmaschig“, kritisierte der damalige VfL-Trainer Dieter Attern nach dem Finale im Gespräch mit dem langjährigen SZ-Sportredakteur Detlef Trautmann.

Helmut Volke, anno 1969 Abwehrstratege der „Freunde“ und 17 Jahre später als Trainer „Meistermacher“ beim TuS Kaan-Marienborn, neckte jetzt anlässlich des Wiedersehens seine alten Mannschaftskameraden, die seinerzeit in Bochum taktisch weiter vorn postiert waren: „Wir machten die ganze Arbeit und Ihr vorne, Peter, Ernst, Alfred und Michael, seid nur rumgestanden und habt auf Bälle gewartet“. Trockener Konter von Alfred Seiler: „Man muss wissen, was man wann zu tun hat und außerdem habt ihr immer in Überzahl gespielt, während wir ständig in Unterzahl waren...“

Auch ein weiterer der Angesprochenen, Peter Heupel, wusste mit durchaus plausiblen Gegenargumenten aufzuwarten, denn immerhin hatte er vor einem halben Jahrhundert beide Treffer zum Siegener Überraschungs-Coup beigesteuert: In der 40. Minute – das war damals Sekunden vor dem Pausenpfiff, da die A-Jugendlichen nur zweimal 40 Minuten spielten – nach einem Alleingang und in der 77. Minute mit einem trockenen 16-Meter-Schuss. Klappe zu, damit war der Deckel drauf.

Willi Scheuerl, Verbandsjugendobmann des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW), hatte nach dem Abpfiff von Schiedsrichter Hövel (Letmathe) eine ziemlich schlüssige Erklärung für das Endergebnis parat: „Eine Mannschaft, die keine Tore schießt, kann kein Spiel gewinnen.“ Da ist was dran! Er lobte aber im gleichen Atemzug die defensive Glanzleistung der Siegener: „Die Siegener haben hervorragend verteidigt. Sie zerstörten immer wieder die Aktionen der Bochumer, die keinen erfolgreichen Abschluss fanden.“

Siegens Trainer Rudi Brückmann zeigte sich in seinem Fazit nach Spielende hoch zufrieden: „Infolge der ungleichen Voraussetzungen durch das Mittwochspiel in Gronau mussten wir umdisponieren und aus der Defensive spielen. Wir haben mit dieser Taktik Glück gehabt. Unsere Abwehr hat mit Glück und Geschick die im Abschluss unkonzentrierten Bochumer immer wieder erfolgreich gestört. Ich habe mich gefreut über die hervorragende Kampf- und Spielmoral der gesamten Mannschaft sowie die gute Leistung unserer Läuferreihe. Jeder gab einfach sein Bestes.“

Einer der „Meisterburschen“ von damals hätte sein Spiel des Lebens übrigens um ein Haar verpasst: „Wolle Schöler sollte im Endspiel gar nicht spielen, da er beim traditionellen Abschluss-Spaziergang am Samstag Nachmittag nicht da war“, lüftete Angreifer Ernst Bamberger, der später als Trainer die Blütezeiten des SV Langenau mit prägen sollte, ein bis dato gut gehütetes Geheimnis. Siegens Trainer Rudi Brückmann verteilte bei diesen Spaziergängen immer Schokolade, Äpfel, Bananen und Apfelsinen und besprach auch mit den einzelnen Spielern ihre Aufgabe für den nächsten Tag.

Helmut Volke dachte aber schon damals einen Schritt weiter: „Ich habe Wolles Fußballschuhe einfach mit in meine Tasche gepackt, um gewappnet zu sein, falls der Trainer doch noch umdenkt, denn Wolle war für die Abwehr sehr, sehr wichtig“. Genau so sollte es denn auch kommen: Der mitgereiste Gerd Grab und der 1. Vorsitzende Dietmar Pheiffer sowie einige Väter, die das erfolgreiche Team zu allen Spielen begleitet hatten, überzeugten Rudi Brückmann und Wolfgang „Wolle“ durfte spielen – nicht unbedingt zur Freude der ambitionierten Bochumer Angreifer...

Für beide Mannschaften, die sich an jenem 9. Juni 1969 im Finale um die Westfalenmeisterschaft gegenüber gestanden hatten, ging die Saison im Übrigen mit unterschiedlichem Erfolg weiter. Während die Siegener Sportfreunde in der Vorschlussrunde der Westdeutschen Meisterschaft durch eine 0:6-Niederlage im Wiederholungsspiel gegen die Svg. 06/07 Sterkrade ausschieden (die erste Partie hatte 3:3 geendet), gewann der VfL Bochum nicht nur den westdeutschen Titel, sondern marschierte als Meister des Regionalverbandes West auf nationaler Ebene munter weiter.

Und wie: Im Halbfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft bezwangen die Bochumer am 12. Juli 1969 den Berliner Vertreter Hertha BSC mit 2:0, tags darauf drehten die Jungs aus dem Ruhrpott im Finale beim 1. FC Saarbrücken vor 5000 Zuschauern gar einen 0:3-Pausenrückstand (!) und sicherten sich durch einen 5:3-Triumph den deutschen Meistertitel.

All diese und viele Geschichten mehr wärmten die Siegener Meisterspieler von 1969 jetzt in Hitzendumicke auf, „und es kamen immer wieder neue Storys dazu“, wie Ernst Bamberger schmunzelnd anmerkt. „Ein sehr schöner Nachmittag und Abend ging zur vorgerückter Stunde bei bester Laune zu Ende und auch unsere Ehefrauen waren mal wieder begeistert, welch eine fantastische freundschaftliche Harmonie auch nach 50 Jahren noch herrschte. Die nächste Feier ist in Planung und alle freuen sich auf das erneute Wiedersehen“, blickte Bamberger voraus.

Aufrufe: 017.6.2019, 14:30 Uhr
Frank KruppaAutor