2024-05-17T14:19:24.476Z

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– Foto: Mathias Leschek

Profis spielen? Kein Problem für Amateure

Corona-Umfrage bei Fußballvereinen aus der Region, Teil 2: Teamgeist trägt durch Krise, aber Kinder leiden

Die Fitness leidet, der finanzielle Druck steigt, aber der Teamgeist dürfte eher noch stärker werden und die Amateurfußballer durch die Coronakrise tragen – Schlüsse aus der NOZ-Umfrage, an der ein Drittel der fast 100 Fußballvereine aus Osnabrück Stadt und Land teilgenommen haben. Weitere Erkenntnis: Dass die Profis nun viel früher auf das Spielfeld zurückkehren dürfte, finden fast alle der weiter zum Verzicht verdammten Amateurkicker in Ordnung.

Hier geht es zu Teil 1 der Umfrageanalyse: Hälfte für Fortsetzung, Hälfte für Abbruch

„Gleiches Recht für alle“ – diese vom Hunteburger SV geäußerte These zum Rückkehrzeitpunkt auf den Fußballplatz für Profis und Amateure kam nur von zwei der 33 antwortenden Klubs – alle anderen können akzeptieren, dass die Profis ein Sonderrecht erhalten. „Dort geht es um sehr viele Arbeitsplätze, deshalb fände ich das okay“, so Frank Barrenpohl, Teammanager des TSV Ueffeln. „Profiklubs sind Unternehmen. Um deren wirtschaftliche Existenz zu sichern, sollten die Profis schnellstmöglich wieder starten, sobald es die Lage erlaubt“, sagt Marcus Schiermeier, Obmann des TV Neuenkirchen.

„Ich sehe durch den Ausfall unseres Amateurfußballs in erster Linie den Ausfall eines Hobbys. Das schmerzt zwar, aber es lässt mich nachts nicht schlecht schlafen“, ergänzt Frederik Witte. Der Trainer des SV Bad Rothenfelde glaubt zudem, dass der Profifußball mit seiner medizinischen Begleitung eine mögliche Ausbreitung des Virus besser verhindern könne als der Breitensport.

So legen Folgen einer Pandemie offen, dass romantische Vorstellungen von der einen Fußballwelt an der Basis kaum noch existieren – Kritik an den herrschenden Verhältnissen und mahnende Stimmen gibt es dennoch. „Wie soll man einer Familie, in der der Vater Kurzarbeit hinnehmen muss und die Mutter ihren Minijob verloren hat, erklären, dass hochbezahlte Profis bald wieder spielen?“, fragen Alfred Förster (sportlicher Leiter) und Frank Tschörtner (Vorstand) vom FCR Bramsche.

„Gerade die Breitensportvereine in Deutschland leisten einen wichtigen Beitrag zum sozialen Leben“, sagt Florian Meyer zu Allendorf, Obmann des TuS Borgloh, der ergänzt: „Die Wirkung sollte nicht unterschätzt werden, wenn man den Amateurfußball im Vergleich zu lange vom Platz verbannt.“ So lenken Rolf Aßmann und Jan Erik Hinrichs (beide aus der Abteilungsleitung) vom SV Hellern den Blick auf vom Platz weggesperrte Kinder und Jugendliche: „Dass aktuell kein Sport im Verein möglich ist, führt für Eltern zu einem Ganztags-Betreuungsaufwand. Hier besteht für uns der größere Handlungsbedarf für die Politik.“

Priorität für alle Klubvertreter hat die Gesundheit der Menschen: Das ist Tenor aller Antworten. Viele rufen zu solidarischem Handeln in Krisenzeiten auf – wie Frank Ulbricht. Der Coach des SV Rasensport schlägt den Verzicht auf Abwerbegespräche mit Spielern anderer Klubs im Amateurfußball vor. Dass beim Handling von Transfers bald auch der Verband gefordert ist, hat der Ueffelner Barrenpohl im Blick, wenn er auf die Sechs-Monate-Regelung hinweist: Fußballer, die in diesem Jahr und damit seit November kein Pflichtspiel absolviert haben, dürfen nach aktuell gültiger Regel bald ohne Zustimmung des abgebenden Vereins ablösefrei wechseln – und würden von der Krise bevorteilt im Vergleich zu jenen, die im März ein- oder zweimal gespielt haben.

Bezüglich der direkten Krisenfolgen steht für viele fest: Die Fitness sinkt fußballspezifisch, was schnelle, kurze Bewegungen angeht. Trainer höherklassiger Teams sind sich im Vergleich zu jenen in unteren Ligen sicherer, dass eine gewisse Grundausdauer erhalten bleibt. Viele nutzen nun digitale Trainingsunterstützung: Das Senden von Vormachclips, Workout bei gemeinsamen Videokonferenzen sowie Fitness- und Laufapps.

Finanziell klagen die Klubs über Ausfälle von Eintrittsgeldern, Gastroeinnahmen und Sondererlösen wie etwa aus Sportwerbewochen – wobei noch keine Existenzängste zu vernehmen sind. Austrittswellen von Mitgliedern aus dem Verein meldet noch keiner – auch dem Teamgeist in den Mannschaften scheint die soziale Distanzierung nichts anhaben zu können. Viele rechnen sogar damit, dass diese Krise mehr zusammenschweißt, weil alle Fußballer nun merken, was ihnen fehlt – seien es die Sprüche aus der dritten Halbzeit.

So ist auch der Auftrag beim TuS Borgloh zu verstehen, den Meyer zu Allendorf schildert: „Weil wir uns so lange nicht gesehen haben, soll der Mannschaftsrat nach dem ersten Training nach der Pandemie direkt einen Kennenlernabend organisieren.“

*nochmal der Hinweis: Nach der Veröffentlichung dieses zweiten Analysetextes der Umfrage in NOZ und FuPa würde FuPa dazu übergehen, auch ausgewählte Antwortbögen der Vereine in seperaten Online-Artikeln zu veröffentlichen. Der Grund: Viele Anmerkungen/Vorschläge/Ideen von Euch bieten Stoff für gute und wichtige Diskussionen in der aktuellen Zeit und lassen sich in Übersichtsartikeln kaum ausreichend würdigen. Sollte ein Verein die Veröffentlichung seines Antwortbogens explizit nicht wünschen, weil er mit seiner Antwort ausschließlich in die anonyme Umfrage eingehen möchte, bitten wir um eine Mail mit dem entsprechenden Hinweis an weser-ems@fupa.net.

Hier geht es zu Teil 1 der Umfrageanalyse: Hälfte für Fortsetzung, Hälfte für Abbruch


Aufrufe: 022.4.2020, 15:05 Uhr
Benjamin Kraus / NOZAutor