2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines

Der Fall muss aufgeklärt werden

Kosi Saka hat im Internet ein Video veröffentlicht, in dem der Oberliga-Fußballer ausführlich darüber spricht, dass er im Spiel seiner Sportfreunde Baumberg in Velbert vom Linienrichter rassistisch beleidigt worden sei. Der Verband weist den Vorwurf zurück.

Mehr als 17 Minuten ist das Video lang, das Kosi Saka auf seinem YouTube-Kanal hochgeladen hat. Der Defensivmann des Fußball-Oberligisten Sportfreunde Baumberg (SFB) beginnt es mit den Worten: „Sonntag, 18. Oktober 2020“ – es ist der Tag, an dem nicht nur der Dortmunder Jungprofi Youssoufa Moukoko, sondern auch er selbst sich rassistischen Beleidigungen ausgesetzt sehen. Im Fall des 15-jährigen BVB-Spielers ist die Lage eindeutig: Wüste Beschimpfungen sind nach seinem Dreierpack im Derby der A-Junioren-Bundesliga gegen den FC Schalke 04 im Internet zu hören. Von der fraglichen Szene im Oberliga-Duell der SFB bei TVD Velbert gibt es solche Aufnahmen nicht – was die Bewertung erschwert. Denn Saka selber hat den Satz, der die Baumberger sogar einen Spielabbruch in Erwägung ziehen ließ, nicht gehört. Es ist ihm nur zugetragen worden, dass der Linienrichter seinem Schiedsrichter gesagt haben soll: „Der Schwarze soll runter gehen“.
Dass dieser Satz zu verurteilen ist, ist ebenso unstrittig wie der rassistische Inhalt, einen Spieler auf dessen Hautfarbe zu reduzieren. Strittig ist hingegen, ob er gefallen ist. Die Baumberger beteuern es, auch Velberter Spieler wollen es gehört haben, das Gegenteil hat der Linienrichter wiederum Henrik Lerch vom Fußball-Verband Niederrhein erklärt: „Er beteuert, dass er keine Aussage getätigt hätte, die in diese Richtung gegangen ist“, sagt Lerch auf RP-Anfrage. „Rassismus ist ein sehr sensibles Thema, wir haben großes Interesse an einer Aufklärung des Geschehens. Wir sind sehr daran interessiert, hier Licht ins Dunkle zu bringen“, sagt der FVN-Sprecher.

Die Frage ist nur: wie? Letztlich steht hier Aussage gegen Aussage. Sinnvoll wäre allemal ein Gespräch, zumal Saka in seinem Video auch eine Entschuldigung fordert. Der Ex-Profi (siehe Info-Kasten) betont zwar immer wieder, dass er nicht die Opferrolle einnehmen wolle, er betont aber noch vehementer, dass Aussagen wie diese gar nicht gehen. Dass er am Abend nach dem Spiel noch ein rund 17-minütiges Video aufzeichnet, zeigt, wie aufgewühlt der 34-Jährige ist.

Saka setzt dabei auf Symbolik, trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „Black lives matter“, die nach dem gewaltsamen Tod des Afro-Amerikaners George Floyd in den USA weltweit ikonisch für die Rassismus-Problematik geworden ist. Im Hintergrund ist auf dem Fernseher ein Foto zu sehen, das ihn im Jahr 2007 als BVB-Profi gegen Bayern München zeigt und so eine Parallele zum am selben Tag angefeindeten Dortmunder Moukoko zieht, dessen Namen er mit dem Video verbunden hat. Das steigert die Aufmerksamkeit, was gerade bei einem Problem wie Rassismus, bei dem trotz aller wohlklingenden Kampagnen immer noch zu viele wegschauen und -hören, durchaus angebracht ist.

Saka schildert, dass er nach der Roten Karte, die sein Mitspieler Bora Gümüs in der 83. Minute erhielt, zum Linienrichter gegangen sei und ihm gesagt habe: „Du pfeifst heute schlecht.“ Daraufhin habe der Assistent seinem Schiedsrichter signalisiert, er fühle sich beleidigt, weshalb Saka die Rote Karte sah – in dem Zusammenhang soll der verhängnisvolle Satz gefallen sein. Aufgrund der Aussagen von Baumberger und Velberter Spielern ist anzunehmen, dass der Satz gefallen ist – es ist aber damit nicht bewiesen, es bleibt einstweilen ein Vorwurf.

Diesen aufzuklären, muss beim FVN nun Priorität haben. Wo trotz aller Bekenntnisse gegen Rassismus schon auf den Zuschauerrängen bei entsprechenden Verfehlungen nicht durchgegriffen wird, kann es sich kein Verband leisten, dass der Eindruck entsteht, dass ausgerechnet seine offiziellen Vertreter ein ähnliches Gedankengut verbalisieren könnten. Vorher sei er mit „Kosi“ oder „Herr Saka“ angesprochen worden, aber beim Platzverweis sei er „der Schwarze“ gewesen, ärgert sich der Baumberger, der bei aller Erregung in dem Video sachlich bleibt und auch eine Lösung anbietet: Die Aufwandsentschädigungen für Schiedsrichter sollten erhöht werden und auch mehr Ex-Profis wie er selbst sich nicht zu schade sein, einen Schiedsrichter-Schein zu machen. Damit könne der Überforderung mancher junger Unparteiischer Einhalt geboten werden. Das Grundproblem Rassismus löst das leider nicht. Und auch nicht die Frage, ob der Satz gefallen ist oder nicht. Das muss geklärt werden.



Aufrufe: 020.10.2020, 08:00 Uhr
RP / Georg AmendAutor