2024-04-25T10:27:22.981Z

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Paul Mitscherlich.  F: Bock
Paul Mitscherlich. F: Bock

Spielertrainer verschießt freiwillig Elfer - trotz Rückstand

Starke Fair Play-Aktion von Paul Mitscherlich von Germania Schöneiche II / "Es war die absolut richtige Entscheidung"

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Timo Werner von RB Leipzig sorgte mit seiner Schwalbe für den Aufreger dieses Wochenendes in der Bundesliga. Bewundernswertes Fair Play zeigte dagegen fast zeitgleich Paul Mitscherlich, der Spielertrainer des Landesligisten SV Germania Schöneiche II: Er verschoss kurz vor Schluss absichtlich einen unberechtigten Elfmeter - trotz 0:1-Rückstand seines Teams.

In der Leipziger Arena waren am Samstag erst ein paar Sekunden gespielt, als RB-Angreifer Timo Werner in den Strafraum zog und auf der Höhe von Schalkes Schlussmann Ralf Fährmann zur spektakulären Schwalbe abhob. Schiedsrichter Bastian Dankert fiel darauf herein und zeigte auf den Strafstoßpunkt. Ohne die kleinste Reue trat Werner auch noch selbst an und traf zur 1:0-Führung für Leipzig. Anschließend wand er sich bei allen Nachfragen wie ein glitschiger Aal und gestand erst am Sonntag die Schwalbe ein.

Ortswechsel: Auf dem Kolkwitzer B-Platz läuft um kurz nach 14 Uhr die 80. Spielminute in der Landesliga-Partie zwischen dem KSV und dem SV Germania Schöneiche II. Nach einem Treffer von Marc Fingas führen die Gastgeber seit wenigen Minuten mit 1:0 gegen den Aufsteiger. Ein weiter Einwurf fliegt in den Kolkwitzer Strafraum. Der Angreifer von Schöneiche verlängert den Ball mit dem Kopf - Schiedsrichter Steffen Seifert pfeift die Aktion zur Verwunderung der Spieler und Zuschauer ab und zeigt völlig überraschend auf den Elfmeterpunkt. Germania-Spielertrainer Paul Mitscherlich beobachtet die Szene aus der eigenen Defensive: "Der Schiedsrichter hatte schon von Anfang an viele Aktionen für uns gepfiffen. Bei dem Einwurf gab es aber überhaupt keinen Schubser und noch nicht mal eine Berührung."

Trotz wütender Proteste der Kolkwitzer bleibt Seifert bei seiner Entscheidung. Mitscherlich, der bei Schöneiche auch für die Elfmeter zuständig ist, sucht den Blickkontakt zu seinem Stürmer. "Er hat ein bisschen geschmunzelt. Jeder hatte gesehen, dass es kein Elfmeter war. Einer meiner Spieler hat mir auf dem Weg zum Punkt gesagt, dass ich entscheiden soll, was ich mache. Ein anderer sagte, dass ich doch an die Punkte denken soll. Aber ich konnte dieses Geschenk einfach nicht annehmen. Auch wenn unsere Situation mit erst 8 Punkten auf dem Konto nicht gut ist." Mitscherlich tritt an - und kullert den Ball zurück zu KSV-Torwart Stephan Choschzick.

Dafür erntet er anschließend den allergrößten Respekt vom Gegner. Benjamin Goertz, Kapitän der Kolkwitzer: "Als er den Ball zurückgekullert hat, habe ich eine Gänsehaut bekommen. So etwas habe ich noch nie erlebt und es ist nicht alltäglich, gerade in der Situation von Schöneiche. Das war eine überragende Aktion. Ich weiß nicht, was wir in der gleichen Situation gemacht hätten. Ich werde das nie vergessen und es hat für mich viel verändert. Vielleicht denkt jetzt der ein oder andere mehr über Fair Play nach."

Auch zwei Tage nach seiner Entscheidung steht Mitscherlich am Montag im Gespräch mit FuPa Brandenburg dazu: "Natürlich tut es mir ein bisschen leid für meine Mannschaft. Es gab viel Diskussionsstoff. Manche haben gesagt, dass es die richtige Entscheidung war. Manche waren vielleicht auch sauer. Aber ich habe ein reines Gewissen. Das war die absolut richtige Entscheidung. Und vielleicht hat es auch der Fußballgott gesehen und hilft uns mit etwas mehr Glück in den nächsten Spielen." Für ihn spielte es dabei auch keine Rolle, dass er als Spielertrainer eine besondere Funktion im Team hat: "Klar muss ich dadurch ein Vorbild auf und neben dem Platz sein. Ich will auch immer zu 100 Prozent gewinnen und bin dabei sicher nicht immer fair zu meinen Gegenspielern. Aber solche Dinge gehören nicht zum Sport. So möchte ich keinen Punkt holen. Ich wollte ein Zeichen für Fair Play setzen und das alle ehrlich miteinander umgehen sollten", so Mitscherlich.

Ein ähnliches Zeichen hätte sich der Germania-Coach übrigens auch von Timo Werner gewünscht. Mitscherlich: "Am schlimmsten ist für mich, dass er dann den Elfmeter auch noch selbst schießt. Er ist noch sehr jung. Mit so einer Fair Play-Aktion hätte er zum Held werden können. So ist es sehr schade. Wenn er es gestanden hätte, wären sicher alle Zeitungen voll davon und für alle wäre es ein gutes Beispiel gewesen. Und das hätten sicher auch die Leipziger Zuschauer honoriert."

Aufrufe: 05.12.2016, 14:57 Uhr
Sven BockAutor