2024-03-27T14:08:28.225Z

Vereinsnachrichten
Gibt die Richtung vor: Der 45-jährige Michael Pohl steht seit dieser Saison an der Seitenlinie beim Oberliga-Aufsteiger 1. FC Frankfurt.   © alexander winkler
Gibt die Richtung vor: Der 45-jährige Michael Pohl steht seit dieser Saison an der Seitenlinie beim Oberliga-Aufsteiger 1. FC Frankfurt. © alexander winkler

Spielbeobachtung in Polizeiuniform

Michael Pohl berichtet von seinen ersten 100 Tagen als Trainer beim 1. FC Frankfurt

Verlinkte Inhalte

Nach sieben Spieltagen belegt der 1. FC Frankfurt den 12. Rang der Oberliga Nord. Sportredakteur Hans Eberhard sprach mit Trainer Michael Pohl (45), der seit 100 Tagen im Amt ist, über seine ersten Eindrücke, die Entwicklung der Mannschaft und seine Beziehung zur Stadt Frankfurt.

Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz aus?

Durchweg positiv. Ehrlich, ich hätte nicht gedacht, dass wir zu diesem Zeitpunkt schon sieben Zähler gegen den Abstieg gesammelt hätten. Wir haben eine junge, hungrige Mannschaft beisammen, kommen ohne Fremd-Akteure aus, die irgendwann mal Regional- oder Oberliga gespielt haben. Kapitän Fred Garling ist ja der einzige, der vor zwölf Jahren schon im Oberhaus dabei war.

Hat Sie der 0:5-Start in Fürstenwalde enttäuscht?

Nein, die ambitionierten Gastgeber hatten da einen starken Tag, wir einen schlechten. Wir agierten vielleicht auch etwas zu ängstlich. Die Antwort kam dann prompt mit unserem 1:0 gegen den BSC Süd.

Der 1. FCF hat nur einen relativ kleinen Kader beisammen. Rufen Sie in der Winterpause nach Verstärkungen?

Nein, mit den Briesener Zugängen Sebastian Schier und Steve Weiss-Motz sowie Duncan Kaiser vom EFC Stahl haben wir ein ausreichendes Aufgebot, solange wir von einem großen Lazarett verschont bleiben. Ich bin kein Freund von einem großen Kader, da wächst die Unzufriedenheit der Ersatzmänner. Unzufriedene trainieren schlechter. Ich wünschte mir allerdings einige gute A-Junioren, die unser Männer-Training bereichern und denen wir bei ihrer Entwicklung helfen könnten.

Wird wie in der Vorbereitung immer noch fünfmal die Woche inklusive Testspiel trainiert?

Nein, wenn wir verlieren wird viermal geübt, wenn wir punkten nur dreimal. Das hängt vor allem mit der beruflichen Belastung und dem Familienleben zusammen - die Mannschaft möchte das so.

Vor 100 Tagen haben Sie verkündet, unbedingt die Defensive stärken zu wollen. Das ist offensichtlich nicht geglückt beim derzeitigen Torverhältnis von 9:15, oder?

Widerspruch! Auch in der Hinsicht bin ich nicht unzufrieden. Man muss berücksichtigen, dass wir ja bisher gegen fünf gestandene Oberligisten anzutreten hatten. Ich glaube schon, dass wir im gesamten Defensivverhalten Fortschritte gemacht haben. Beispiel: Marcel Georgi oder Tobias Fiebig waren vorher nur für die Offensive zuständig. Jetzt leisten sie auch hinten die Arbeit, gehen längere Laufwege. Aber insgesamt müssen wir da noch stabiler, cleverer werden - das ist ein Prozess.

Wer hatte überhaupt den Deal mit Ihnen eingefädelt?

Ich glaube, da hat Fred Garling eine Aktie dran. Er kennt mich und meinen alten Verein Briesen ziemlich lange und gut. Mit Thomas Bleck gab es nach dem angekündigten Abschied von Frieder Andrich die ersten Gespräche, und wir einigten uns auf eine zunächst zweijährige Zusammenarbeit.

Was reizte Sie am Club?

Hier ist viel Positives entstanden, der Verein wird sauber, solide geführt. Und einen gerade aufgestiegenen Männer-Oberligisten beim Kampf um den Klassenerhalt zu unterstützen, ist doch eine Riesen-Herausforderung.

Hatten Sie anfangs nicht doch ein wenig Fracksausen?

Nein, nein, obwohl ich selbst nie ein großartiger Fußballer war. Aber Menschenkenntnis und Menschenführung sind mir nicht nur als DFB-Stützpunkt-Trainer mit B-Lizenz bekannt, sondern auch als Berliner Polizeibeamter mit Verantwortung über 40 Kollegen. Durch den Job bin ich finanziell abgesichert, muss nicht vom Fußball leben. Aber als Oberliga-Trainer will ich es mir und anderen beweisen, dass ich das kann. Das Ganze muss neben Ehrgeiz allen auch Spaß machen.

Waren Sie als Polizist schon mal bei einem Berliner Spiel eingesetzt?

Ja, das war am zweiten Oberliga-Spieltag, an einem Sonntag bei SV Hürtürkel gegen Fürstenwalde, das 1:3 endete. Wir Frankfurter hatten tags zuvor gegen Brandenburg 1:0 gewonnen. Ich hatte mich freiwillig für den Streifenwagen gemeldet, konnte in Uniform zugleich Spielbeobachtung machen. Es blieb alles sportlich fair.

Sie haben den Job in Berlin, leben mit der Familie in Sieversdorf. Welche Beziehung haben Sie zu Frankfurt?

Eine enge seit Jahren. Ehefrau Katja, Schwiegermutter und -vater sind Frankfurter. Und unsere beiden Töchter sind noch Leichtathleten beim SC Frankfurt. Sohn Frank-Christoph war das auch, jetzt ist er Fußball-Sportschüler in Cottbus. Na, und ich bin ja jetzt wenigstens fünfmal die Woche in der Oderstadt.

Sonnabend ab 14 Uhr geht's im Pokalspiel gegen den Oberliga-Kontrahenten FC Strausberg - lästige Pflicht?

Nein, es ist ein erstes Kennenlernen. Das nehmen wir schon ernst wegen der Verantwortung für den Verein und die Fans. Und es könnte mit einem Heimsieg demnächst ja ein attraktiver Gegner wie Cottbus oder Babelsberg zugelost werden. Außer dem noch verletzten Erik Huwe können wir mit voller Kapelle antreten.

Aufrufe: 09.10.2015, 07:42 Uhr
MOZ.de / Hans EberhardAutor