2024-04-25T14:35:39.956Z

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Der Teufel treibt sein Spiel: Einem gutgläubigen Verteidiger kann ein kleines Wörtchen schon zum Verhängnis werden.	Karikatur: Schwarze-Blanke
Der Teufel treibt sein Spiel: Einem gutgläubigen Verteidiger kann ein kleines Wörtchen schon zum Verhängnis werden. Karikatur: Schwarze-Blanke

Kleines Wort mit großer Tragweite

Selbst ein scheinbar harmloser Zwischenruf kann zur Unsportlichkeit werden

ALZEY. Die 60. Minute im Verbandsliga-Spiel zwischen RWO Alzey und dem FK Pirmasens II im Alzeyer Wartbergstadion: Florian Unckrich wirft einen Einwurf bis in den Strafraum der Pfälzer, Adressat ist Manuel Helmlinger, der zwischen zwei Gegenspielern eingeklemmt ist. Kurz vorm Ballkontakt rutscht Helmlinger das Wörtchen „Ja“ über die Lippen. Es folgen: ein Pfiff des Schiedsrichters, die zweite Gelbe Karte für den Angreifer von RWO Alzey, der folglich mit „Gelb-Rot“ vom Platz muss, sowie ein indirekter Freistoß für die Pirmasenser. Und die Szene hinterlässt rätselnde Fußballfans, die mit dem Pfiff nichts anzufangen wissen.

Später wird es heißen, Helmlinger sei wegen „irritierenden Verhaltens“ verwarnt worden. Helmlinger, der sich wegen der Aktion mit dem Schiedsrichter auch austauschte, bestätigt diese Erklärung. Ihm sei gesagt worden, er habe mit dieser Äußerung den vor ihm postierten Gegenspieler abgelenkt, ihm suggeriert, den Ball durchzulassen. Sieht der Referee darin eine bewusste Täuschung, dann muss er es ahnden. Dies steht in DFB-Regel zwölf zum Thema „Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen“.

Unstrittig also: Die Entscheidung von Schiedsrichter Mirko Radl (Biebesheim) war völlig richtig. Zumindest, so er eben die Gefahr sah, dass Manuel Helmlinger seinen Gegenspieler tatsächlich hätte irritieren können. „Es handelt sich dann um eine Unsportlichkeit“, erklärt Kalli Appelmann (Alzey). Der Kreisschiedsrichterobmann schiebt zwar sogleich nach, die Partie nicht gesehen zu haben und über die besagte Szene nicht urteilen zu können. Er unterstreicht aber: „Ein Spieler darf nur ,Ja‘ rufen, wenn dadurch kein Gegenspieler beeinflusst wird.“ Der Grat, auf dem sich der Referee dabei bewegt, ist freilich ein ganz schmaler. Appelmann: „Das liegt im Ermessen des Schiedsrichters.“

Helmlinger selbst sagt im Rückblick, ihm sei die Tragweite seines Rufes vorher nicht bewusst gewesen: „Man lernt im Fußball nie aus. Mir war es eine Lehre.“ Verkraften konnte er die Lektion, obwohl er wegen der wiederholten Gelben Karte vom Feld musste. Schließlich lag seine Mannschaft zu diesem Zeitpunkt bereits 3:0 vorne.

Interessant ist, wie Helmlinger die Aktion mit umgekehrten Rollen erlebt hätte. Also sein Hintermann „Ja“ gerufen hätte. Hätte es ihn irritiert? Oder hätte er es sogar als unsportliche Handlung bewertet? Von dieser Fragestellung war der ehemalige Oberliga-Spieler doch überrascht: „Das kann ich gar nicht sagen. Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht.“

Ihre Berechtigung hat die Regelung in jedem Fall, stammt sie doch aus einer Zeit, als sich manches Schlitzohr vor des Gegners Tor gerne mal auf diesem Wege einen Vorteil zu erschleichen suchte. Es dürfe ja wohl ein Name gerufen werden, so die damals erste Reaktion auf die Neuregelung. Dieser sei unverwechselbar. Das seitdem etablierte „Leo“ steht aber ebenso „auf dem Index“. Und auch, wenn Appelmann selbst zuletzt sogar in einer entsprechenden Situation zur Pfeife und Gelben Karte greifen musste, bestätigt er den Eindruck, die Regel erfülle ihren Zweck: „Es kommt selten vor.“



Aufrufe: 016.10.2017, 20:00 Uhr
Claus Rosenberg und Carsten SchröderAutor