2024-04-25T10:27:22.981Z

Spiel der Woche
Endlich wieder ein Grund zum Lachen: Mert-Ali Sabsiz nach dem 1:0 gegen die Bayernliga-Reserve des SC Eltersdorf II. F: Zink
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Birne hoch und Feuer geben

Trainer Leo Swierczynski geht den Abstiegskampf mit der SG 83 emotional an

Als frischgebackener Lehrer und ehe­maliger A-Jugend-Coach kennt er sich im Umgang mit Menschen und Anleiten von Gruppen aus. Seit dem Winter versucht Leo Swierczynski die erste Herrenmannschaft der SG 83 Nürnberg vor dem Supergau zu be­wahren, dem Abstieg in die Kreisliga.

Nach 22 Minuten sitzt der Trainer Leo Swierczynski zum ersten Mal auf dem Platz, der für ihn vorgesehen ist und auf dem Trainer eben gemeinhin sitzen, wenn sie ein Fußballteam anlei­ten. Handgestoppte drei Sekunden hält es der Coach der SG Nürnberg Fürth dort aber nur aus – als wäre die Trainerbank ein heißer Stuhl und Swierczynski würde Gefahr laufen jeden Moment Feuer zu fangen.

Swierczynski hat es nicht so mit dem Sitzen. Für Trainer wie ihn wur­de die Coaching-Zone errichtet. Der 29-Jährige begleitet jede Aktion sei­ner Spieler lautstark. Ansagen wie „Gib ihm Feuer“ oder „Hoch die Bir­ne“ stehen sinnbildlich für einen auf Motivation ausgelegten Coachingstil, der die SG davor bewahren soll den bitteren Gang in die Kreisliga antre­ten zu müssen. Als so etwas wie ein Dino der Bezirksliga kannte man den Abstiegsstrudel eigentlich nur vom Hörensagen. Nun steckt man mitten­drin in diesem Sumpf, und da heißt es kratzen und beißen – normalerweise.

Am Sonntag war davon allerdings erst einmal, nun ja, sagen wir mal: wenig zu sehen. Eltersdorf gastierte an der Regelsbacher Straße. Die zwei­te Mannschaft. Zwölf mickrige Pünkt­chen, Tabellenletzter. Torverhältnis Minus siebenundvierzig. Trotzdem verhindert am Ende nur ein glänzend aufgelegter SG-Keeper Hofmann und ein Pfosten, der es gut mit den Gastge­bern meinte, dass die Swierczynski-Elf nicht mit einem 0:3 Rückstand zum Pausentee geschickt wurde.

Eine engagiertere zweite Hälfte und eine gute Chancenverwertung durch zwei Treffer von Mert-Ali Sabsiz und Marc Oswald sicherten der SG Nürn­berg Fürth im zweiten Durchgang schließlich den 3:1 Heimsieg und ganz wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt.

Da heißt es nach 90 Minuten erst ein­mal tief durchatmen: „Wir können uns bei unserem überragenden Torhü­ter bedanken, dass er uns im Spiel gehalten hat. Die zweite Hälfte war zwar besser, aber am Ende waren wir auch die glücklichere Mannschaft“, sagt Swierczynski.

Fünf Endspiele sind noch zu bestrei­ten, ehe eine turbulente Saison zu Ende geht. Schließlich ist Swierczyn­ski auch erst seit dem Winter da. Die Trainerbank bei der SG scheint in die­sem Jahr wohl tatsächlich etwas heiß zu sein – lange hält es jedenfalls kei­ner aus. Guido Schillinger musste zu Beginn der Runde geknickt seinen Hut nehmen und Patrick Frühwald, dem im hiesigen Amateurfußball ein guter Ruf vorauseilt, warf nach nur drei Wochen von sich aus das Hand­tuch. „Aus Gründen, die wir bis heute noch nicht so richtig nachvollziehen können“, wie Abteilungsleiter Tho­mas Bach zu Protokoll gibt. Nun soll es eben der junge Swierczynski rich­ten. Ein Trainerneuling – zumindest im Aktivenbereich.

„Wir wollten eine interne Lösung. Leo ist zwar jung, aber er kennt die Spieler und die Strukturen im Verein genau“, sagt Bach über den 29-jähri­gen, der bis vor kurzem selbst noch die Kickstiefel für den 1.FC Kalch­reuth in die Kreisliga geschnürt hat und einst in der Jugend und für die ers­te Mannschaft der SG gekickt hat.

Die Identifikation ist zweifelsfrei vorhanden. Als Trainer ist er sozusa­gen hausintern aufgestiegen. Angefan­gen in der G-Jugend, über die zweite Mannschaft in der Kreisklasse war er zuletzt erfolgreicher Coach der eige­nen U19 in der Bezirksoberliga. Swier­czynski soll nun die schon oft und ger­ne zitierte „langfristige Lösung“ sein, die eigentlich auch schon Schillinger oder Frühwald angedacht war. „Hier glaubt zwar keiner an den Abstieg. Aber wenn es so kommen sollte, gehen wir auch definitiv mit Leo in die Kreis­liga runter“, sagt Bach.

Vor allen Dingen die sprudelnde Nachwuchsquelle der SG — die A-Junioren sind Erster, die B-Junio­ren Zweiter in der Bezirksoberliga – soll Swierczynski in Zukunft für die erste Mannschaft gewinnbringend nut­zen. Als Lehrer an einer Mittelschule sind auch die pädagogischen Qualitä­ten hierfür jedenfalls vorhanden. „Aber“, betont der Coach, „ob A-Jugend oder erste Herrenmann­schaft ist egal. Ich versuche meinen Stil durchzuziehen und verstelle mich da nicht. Wir müssen jetzt aber erst mal schauen, dass wir diese Saison ver­nünftig zu Ende bringen.“ Thomas Bach hätte wohl nichts dagegen, wenn wieder etwas mehr Ruhe an der Regels­bacher Straße einkehrt. Nach dem Spiel wollte er zumindest schon ein­mal eine Kerze anzünden. Er weiß — sein Glück sollte man nicht überstrapazieren.

Aufrufe: 014.4.2015, 09:19 Uhr
Micha SchneiderAutor