2024-05-02T16:12:49.858Z

Analyse
Beim jüngsten Sportfest posierte die Groß Gaglower "Traditionsmannschaft" um Marco Noack, Sebastian Voigt und Christopher Schultchen (2. bis 4. v.u.l.) beim gemeinsamen Bild mit den aktuellen Männer- und A-Juniorenspielern.  F: Tobias Voigt
Beim jüngsten Sportfest posierte die Groß Gaglower "Traditionsmannschaft" um Marco Noack, Sebastian Voigt und Christopher Schultchen (2. bis 4. v.u.l.) beim gemeinsamen Bild mit den aktuellen Männer- und A-Juniorenspielern. F: Tobias Voigt

Die ewige Talentschmiede?

Die SG Groß Gaglow hofft mit einem neuformierten Team an alte Erfolge anknüpfen zu können

Es gibt wohl kaum einen Verein in der Niederlausitz, der abgesehen vom FC Energie Cottbus, seit der Jahrtausendwende mehr Talente aus dem Juniorenbereich hervorbrachte als die SG Groß Gaglow. Und trotzdem: Die SGGG kämpft seit vielen Jahren um die fußballerische Existenz.

"Gaaagelow, du bist der Meister alle Klassen, Gaaagelow bei dir muss jeder Punkte lassen", hallte es bei nahezu jeder Vereinsfeier lauthals aus der Kehle von Karl-Heinz Homann. Nicht immer jeden Ton treffend, aber dafür mit einer unbeschreiblichen Intensität vermochte es der letzte lebende Gründervater der SG Groß Gaglow immer wieder an jene Erfolge zu erinnern, die auf dem Sportplatz im Cottbuser Süden seit der Gründung im Jahr 1957 errungen worden waren. Doch zuletzt überwog in erster Linie Tristesse bei den Kickern im grün-weißen Trikot. Nicht nur, dass der gänsehauterzeugende Gesang von Vereins-Legende Homann im Juni 2016 für immer verstummte - auch aus sportlicher Sicht durchlebt der Klub seit einigen Jahren eine nahezu beispielslose Leidenszeit. Dem kometenhaften Aufstieg von der Kreis- bis in die Landesliga folgte seit dem Jahr 2014 ein ebenso rasanter Absturz, der mit dem jüngst eingetretenen Abstieg aus der Kreisoberliga seinen bisherigen Tiefpunkt erreichte. Zu diesem Zeitpunkt schien es fast so, als wäre schlichtweg nichts mehr übrig von der eigentlich noch so jungen Strahlkraft, die den Groß Gaglowern seit dem Jahr 2012 unter anderem zu dem unglaublichen Coup verhalf, ausgerechnet auf dem Geläuf des heutigen Oberligisten VfB Krieschow, den Sprung in die Landesliga zu schaffen und dem VfB damit alle eigenen Aufstiegsträume zu nehmen. Vielmehr kämpft die SG seit vielen Jahren ums sportliche Überleben - und das zuletzt nahezu ausweglos.

Dabei könnte im Süden von Cottbus alles so einfach sein. Immerhin hat kaum ein Verein, abgesehen vom FC Energie Cottbus, mehr Talente aus dem Jugendbereich in die regionale und zum Teil auch überregionale Fußballszene entsandt, als dies für die SG Groß Gaglow der Fall ist. Betrachten wir nur einmal die Personalie Florian Mielke. Auch der 1,95m-Schlacks, gegenwärtig in Diensten von Rapid Chemnitz, trug - mit Ausnahme eines kurzen Abstechers zum FCE - seit er ein kleiner Steppke war das Trikot der SGGG, ehe er sich auch studiumsbedingt in höhere fußballerische Gefilde aufmachte. So wurde der 25-Jährige im Jahr 2013 gemeinsam mit Erik Zerna, der im A-Jugend-Alter ebenfalls in Groß Gaglow kickte, Meister der NOFV-Oberliga Süd und sicherte sich darüber hinaus in der abgelaufenen Saison 2016/17 mit 25 Buden die Torjägerkanone in der Sachsenliga.

Und es gibt noch viel mehr Beispiele: Jonas Zickert (bis zur D-Jugend in Groß Gaglow und mittlerweile Profi beim FC Energie), Dirk Jentsch (jüngst Landesmeister und Oberligaaufsteiger mit dem VfB Krieschow), Sven Jordan, Alexander Golnik, Hans Leupold, Tobias Voigt (alle Landesmeister und Oberligaaufsteiger mit Laubsdorf im Jahr 2012), Patrick Lahr (ehemals Laubsdorf, zuletzt 23-Landesliga-Tore für die SG Burg), Gregor Holz (ebenfalls früher Laubsdorf, in der Spielzeit 2016/17 bester Torschütze des Landesliga-Vizemeisters SV Wacker Ströbitz), Christopher Schultchen (künftiger Sachsenligakeeper des Radebeuler BC), Marco Noack (bis 2015 Sachsenliga-Akteur von Post Dresden), Florian Gottwald (in der Spielzeit 2014/15 11 Thüringenligaeinsätze für Eintracht Eisenberg) und Clemens Becker (ehemaliger Brandenburgligaspieler des SV Grün-Weiß Lübben) - sie alle trugen im Juniorenbereich über mehrere Jahre das Trikot der SG Groß Gaglow und schafften später über Umwege mindestens den Sprung in die Verbandsliga. Hinzu kommen weitere Spieler wie Manuel Böckle, Fabian Hantschke, Nico Fuchs, Lars Hanuschka oder Toni Philipp, die ebenfalls nahezu alle Nachwuchsaltersklassen des Klubs durchliefen und den aktuell von Ralf-Michael Rackwitz geführten Verein bis in die Landesliga pushten.

Und dennoch, am Ende bleibt trotz all der vielen Namen nur ein ernüchterndes Resümee: Gegangen sind viele, geblieben ist kaum jemand. Lediglich Lars Hanuschka und Manuel Böckle schnüren auch heute noch regelmäßig die Töppen für die SGGG und halten damit auch im Jahr 2017 die Farben ihres Vereins hoch.

Trotzdem keimt bei den Grün-Weißen seit kurzem wieder ein Hauch von Hoffnung. So kehrte jüngst der ehemalige Oberligaspieler Sven Jordan (in der Saison 2012/13 28 Einsätze für Blau-Gelb Laubsdorf / 4 Tore) aus Krieschow zu seinem Heimatverein zurück, um gemeinsam mit dem bisherigen Kapitän Manuel Böckle das neue Trainergespann für die Mission sofortiger Wiederaufstieg zu bilden. Dabei steht dem Duo, das wohl auch selbst noch oft gemeinsam auf dem Feld stehen wird, ein - wie soll es auch anders sein - sehr junger Kader zur Verfügung, größtenteils gespickt mit Kickern aus der eigenen Nachwuchsabteilung.

Doch damit nicht genug: Mit Sebastian Voigt, den es im Jahr 2009 nach über 13 Jahren Vereinszugehörigkeit ebenfalls zum VfB Krieschow zog, sowie Marc Bracki (Motor Saspow) und Christian Chilla (SV Guhrow) werden zur neuen Saison noch drei weitere, mit reichlich Erfahrung ausgestattete "Rückkehrer" wieder das Trikot der SGGG überstreifen, was insbesondere im Defensivverbund für ein nicht unwesentliches Maß an Stabilität sorgen sollte.

Infolgedessen scheinen alle Träume vom unmittelbaren Wiederaufstieg in die höchste Spielklasse des Fußballkreises nicht nur möglich, nein... vielleicht wartet auf die SG Groß Gaglow mit der neuen Mischung aus "back to the roots" und "next generation" eine sogar noch viel größere Zukunft, als dies zum jetzigen Zeitpunkt abgeschätzt werden kann. Jedoch beinhaltet diese dann hoffentlich nur noch eine geschlossene Einheit im grün-weißen Trikot und nicht immer noch den Ruf als "ewige Talentschmiede".

Weitere Info: Neben der SG Groß Gaglow teilt vor allem auch der heutige Kreisoberligist FSV Viktoria Cottbus 1897 das Schicksal als "ewige Talentschmiede". So mauserte sich auch der Verein aus dem Cottbuser Norden innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte zu einer wahren Nachwuchshochburg, verpasste dann im Männerbereich aber selbst stets den Sprung in höhere Fußballgefilde. Dabei war es vor allem der Jahrgang 1987/88, der die Nachwuchsabteilung des FSV sogar brandenburgweit bekanntmachte, da sich dieser im Jahr 2006 zum A-Jugend-Landesmeister krönen konnte. Zu den bekanntesten Akteuren eben jener "goldenen Generation" gehören unter anderem auch Daniel Becker (heute Luckenwalde) und Tom Mißbach (VfB Krieschow), die gegenwärtig sogar noch im überregionalen Fußballgeschäft aktiv sind.

Aufrufe: 030.8.2017, 10:37 Uhr
Tobias VoigtAutor