2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait
Angespannt: Herringhausens Trainer Ümüt Gözlükcü (2. v. l.) und sein Assistent Marvin Lehr während der Schlussphase des Auswärtsspiels gegen den Titelanwärter RW Kirchlengern.
Angespannt: Herringhausens Trainer Ümüt Gözlükcü (2. v. l.) und sein Assistent Marvin Lehr während der Schlussphase des Auswärtsspiels gegen den Titelanwärter RW Kirchlengern. – Foto: Stefan Hageböke

Ümüt Gözlükcü lebt und liebt die Kontinuität

Der Bünder hat die SG FA Herringhausen-Eickum in die Bezirksliga geführt, was ihm zuvor auch schon mit dem FC Muckum gelungen ist. Aktuell mischt er mit seinem Team wieder oben mit.

Der Name lässt es nicht unbedingt vermuten, aber Ümüt Gözlükcü, Trainer des Bezirksligisten SG FA Herringhausen-Eickum, ist Deutscher. Der in Bünde geborene Familienvater allerdings hat türkische Wurzeln. „Ich bin gut integriert, bleibe aber meinen Wurzeln treu“, sagt der 41-Jährige. Wer die fünfköpfige Gözlükcü-Familie in ihrem Eigenheim in Ennigloh besucht, ist schon vor dem Betreten der Wohnung erstaunt, denn beim Klingeln ertönt die „Kleine Nachtmusik“ – typisch deutsch.

In der Küche allerdings werden in erster Linie Börek und Mante zubereitet – typisch türkisch. Und in den Urlaub geht`s für die Familie zumeist an die türkische Ägäis. „Mein Vater ist im Sommer immer dort, meine Schwiegereltern reisen auch gern dorthin – obwohl sie keine Türken sind“, erklärt der Fußballtrainer, der beruflich als Schüler- und Ausbildungsberater beim Jobcenter Herford tätig ist.


Die Laufbahn als Spieler begann beim Bünder SV

In seiner sportlichen Vita tauchen wiederum fast nur deutsche Vereine auf. Als Neunjähriger begann er in der E-Jugend des Bünder SV seine sportliche Laufbahn. Als C-Jugendlicher wechselte Gözlükcü zur SG Holsen/Ahle, wo er auf seinen Lieblingstrainer Steve Wain traf. Unter dem spielte er bis zur A-Jugend, ehe es zurück zum BSV ging, der auch Wain verpflichtet hatte, wenn auch für eine Seniorenmannschaft.

VfL Holsen, TSV Schötmar, erneut Holsen und FC Muckum lauteten die nächsten Stationen. Und in Muckum wurde aus dem Fußballspieler auch ein Trainer. Gleich im ersten Jahr in seiner neuen Position stieg er mit der 2. Mannschaft des FC in die Kreisliga B auf. 2007 wurde er Coach der Erstvertretung, schaffte mit der zunächst den Klassenerhalt in der Kreisliga A und spielte dann mit dem Team stets in der oberen Tabellenhälfte mit. Unter anderem gab es zwei Vizemeisterschaften – eine davon hinter dem heutigen Regionalligisten SV Rödinghausen.

Besonders stolz ist der jetzt 41-Jährige auf den 2009 auf der Asche in Südlengern errungenen Titel eines Bünder Stadtmeisters, denn in den Annalen dieser Titelkämpfe steht der FC Muckum immer noch ganz oben – die Meisterschaften wurden in den Folgejahren nicht mehr ausgetragen. 2014 dann gelang der ganz große Wurf: Die Mannschaft des FCM stieg in die Bezirksliga auf. Dort aber litt sie unter argen personellen Problemen und musste zum Saisonende wieder zurück in die Kreisliga A. Ein Jahr lang ging es dort weiter, immer noch unter Gözlükcüs Führung. Dann zog der Verein das Team zurück.

Und so folgte für den Mann mit den vielen Umlauten im Namen die nächste Station – es ging zur SG FA Herringhausen-Eickum. „Die wollten mich eigentlich schon früher verpflichten, aber erst sind wir mit Muckum auf- , dann abgestiegen – da wollte ich den Verein nicht im Stich lassen“, erklärt der Bünder. In Herringhausen beeindruckte Gözlükcü die gute Jugendarbeit des Vereins. Er erreichte mit dem Team zunächst Platz drei, dann Rang zwei. Und dann feierte Gözlükcü zum zweiten Mal in seiner Laufbahn einen Bezirksliga-Aufstieg. Dort belegt die Mannschaft momentan als Neuling, der in der Sommerpause mit Luigi di Bella nur einen neuen Spieler verpflichtete, den dritten Tabellenplatz. „Damit hatte ich selbst nicht gerechnet“, gesteht der Trainer, der im Vorjahr die C-Lizenz erwarb, ein. Geht da vielleicht noch mehr?

„Theoretisch ja, aber ist das sinnvoll?“, antwortet er. Und wenn es am Ende dann sogar Platz zwei sein sollte? „Dann nehmen wir die Aufstiegsrunde mit“, ist er sich sicher. Aber mit Gewalt wird in Herringhausen ganz gewiss kein erneuter Aufstieg angepeilt. „Wir müssen uns personell nicht verändern, aber es ist möglich“, sagt Gözlükcü, der in der Rückrunde auf Jan-Niklas Linnenbrügger (wechselt zum VfL Herford) verzichten muss. Immerhin herrscht auf der Trainerposition schon Klarheit, denn der Aufstiegscoach sagte kürzlich in Herringhausen für eine weitere Saison zu. Kontinuität ist also angesagt.

Voll erwischt: Die Bierdusche für Frisch-Auf-Trainer Ümüt Gözlükcü.
Voll erwischt: Die Bierdusche für Frisch-Auf-Trainer Ümüt Gözlükcü. – Foto: Benjamin Büschenfeld

Eine Mischung aus Jürgen Klopp und Christian Streich ist sein Vorbild

Ob es ihn nicht reizen würde, auch einmal in einer noch höheren Klasse wie der Westfalenliga eine Mannschaft zu coachen, wird er gefragt. „Da habe ich keine Ambitionen“, erklärt Gözlükcü, „eher könnte ich mir irgendwann die Arbeit als Sportlicher Leiter vorstellen.“ Seine Vorbilder als Trainer indes sind in weit höheren Sphären tätig: „Eine Mischung aus Jürgen Klopp und Christian Streich“, sieht er als interessanteste Übungsleiter an. Dabei weiß Gözlükcü, dass es innerhalb einer Mannschaft Hierarchien geben muss, aber: „Als Trainer muss man sich auch mit den Spielern ganz locker unterhalten können und nicht nur auf Disziplin bestehen“, erklärt er sein Credo. Und natürlich mag er die Offensive im Fußball besonders. „Ich weiß, dass für den Zuschauer ein 3:2 besser ist als ein 1:0“, sagt der Mann, dessen Schützlinge in den ersten 16 Saisonspielen 50 Tore – und damit mehr als drei pro Begegnung – erzielten.

Warum aber zog es ihn mit Ausnahme des einen Jahrs beim TSV Schötmar nie zu türkischen Mannschaften oder Vereinen? „Als Spieler hatte ich einfach nie das Bedürfnis. Dafür gibt es gar keinen besonderen Grund, ich habe mich einfach in meinen Vereinen immer wohl gefühlt“, erklärt er. Für den Trainer Gözlükcü dagegen gab es durchaus entsprechende Angebote. „Aber ich war ja immer andernorts unter Vertrag“, sagt der Mann aus Bünde.


"Der Witz mit dem türkischen Glücksrad nervt nur noch"


Probleme mit seinen Wurzeln gab es nie. „Ich bin vor allem Bernd Vienop aus Muckum sowie Wolfgang Rullkötter und Hermann Spilker aus Herringhausen dankbar, weil sie mich ohne jede Vorurteile engagiert haben“, sagt der Mann, dem das Trainergeschäft „einfach Spaß“ macht, der aber auch darüber nachdenkt. „Die Frage ist, wie lange der Spaß noch anhält. Ich weiß nicht, wann der richtige Zeitpunkt ist, eine Pause einzulegen“, schildert er seine Gedankengänge und ist sich auch unsicher, ob er es durchhalten würde, dem Fußball gänzlich Lebewohl zu sagen. „Aber irgendwann brauche ich eine Pause“, meint er.

Sportlich gab es niemals Probleme – mit seinem eigenen Namen allerdings gibt es die des öfteren. „Das beginnt manchmal schon, wenn ich den buchstabieren muss. Und beim Einrichten von Mailadressen waren lange Zeit keine Umlaute möglich“, schildert er Alltagsprobleme. Dann gibt es ja noch die Geschichte mit dem Fernseh-Glücksrad, bei dem die Kandidaten Konsonanten erraten und Vokale kaufen können, um einen bestimmten Begriff zu erraten.

Den Witz, dass die Kandidaten bei der türkischen Version dieser Sendung lediglich ein „ü“ kaufen müssen und dann schon beinahe den kompletten Namen des Bünders sehen, kann Ümüt Gözlükcü längst nicht mehr hören. „Das nervt nur noch“, macht er deutlich, dass dieser Witz nicht gerade neu ist.

Großartige Träume hat der Erfolgstrainer nicht. „So wie alles gelaufen ist, bin ich zufrieden“, fasst er die eigene innere Gelassenheit in Worte. Und wenn er doch einen Traum wahr werden lassen könnte, wenn er irgendeinen prominenten Spieler trainieren dürfte? „Dann wäre das Cristiano Ronaldo“ sagt der Sympathisant von Werder Bremen („Ich mochte Otto Rehhagel“) und Fenerbahce Istanbul. Bleibt die Frage, ob er mit diesem Superstar klar kommen würde. Aber da hat Gözlükcü keine Angst: „Ich komme mit allen Menschen klar, und auch mit allen Kulturen“. Der Mann, der fließend deutsch, türkisch und englisch spricht, scheint also eher ein Weltbürger zu sein. Einer, der Kontinuität liebt und lebt.


Was war für Sie als Fußballer der schönste Moment?

„Die beiden Meisterschaften in der Kreisliga A, die wir übrigens jeweils im Spiel gegen die direkten Konkurrenten vom SC Enger und VfL Mennighüffen klar gemacht haben.“


Und was war der ärgerlichste Moment?

„Als sich Mustafa Sandal in der letzten Minute der letzten Trainingseinheit in der Saison 2018/19 so schwer verletzte, dass ein Krankenwagen auf den Platz fahren und er in Narkose versetzt werden musste. Außerdem natürlich das Zurückziehen der Mannschaft des FC Muckum vom Spielbetrieb.


Für welchen Verein in der Region haben Sie noch besondere Sympathien?

„Ganz klar für den VfL Mennighüffen. Das ist eine besonders faire Truppe. Ich habe immer gern gegen die gespielt und hoffe, dass es nächstes Jahr ein Wiedersehen in der Bezirksliga geben wird.“

Aufrufe: 011.1.2020, 10:30 Uhr
FuPa / Dirk KrögerAutor