2024-04-23T06:39:20.694Z

Ligabericht
Dieses Mal für drei der sieben Eintracht-Treffer zuständig: die Torjäger Tim Hulsey (links) und Niklas Schneider.	Foto: Dirk Waidner
Dieses Mal für drei der sieben Eintracht-Treffer zuständig: die Torjäger Tim Hulsey (links) und Niklas Schneider. Foto: Dirk Waidner

Fast zu absurd, um wahr zu sein

Fehlerhafte SG Eintracht weiß, dass das 7:2 in Merxheim irgendwie irrwitzig ist

Merxheim. Wenn Harald Czyzewski schon so freundlich fragt, ob er uns wirklich seine ,,ehrliche Meinung" über dieses merkwürdige Fußballspiel erzählen soll - dann bitten wir ihn doch ganz höflich, uns an seiner Sicht der Dinge teilzuhaben. Das vorweg: Vor wenigen Minuten ist in Merxheim der Abpfiff ertönt, in die Landesliga-Statistik fließt ein 7:2-Auswärtssieg der SG Eintracht Bad Kreuznach im Derby beim FC Viktoria ein. Der Torhüter, ohne dessen Paraden die Eintracht möglicherweise nicht als Sieger vom Platz gegangen wäre, sagt: ,,Das 7:2 ist alles, nur nicht gerechtfertigt." Ein etwas absurdes Ergebnis in Anbetracht der Darbietungen. Irrwitzig. Und er holt aus: ,,Wenn Merxheim nicht konditionell eingebrochen und die letzte halbe Stunde zu zehnt gewesen wäre, kriegen wir hier ein Riesenproblem." Denn: ,,Wir waren unkonzentriert und überhaupt nicht bei der Sache. Da dachten sich wohl einige, dass es hier heute bei fast 40 Grad schön gemütlich zugeht und ein lockerer Kick wird - und deshalb haben die Jungs nicht den Gang reinbekommen."

Vielmehr hätte sich die SG Eintracht zur Pause nicht beklagen dürfen, wenn sie 1:3, 1:4 zurückgelegen hätte. Die Kreuznacher waren allenfalls: anwesend. Sie umkurvten die Zweikämpfe im gebührenden Abstand einer Raumsonde, hinterließen Lücken, durch die eine vierspurige Achterbahn gepasst hätte. Das Mittelfeld in der ersten Halbzeit: irgendwo im Nirgendwo. Und ohne Halt gerät man schnell ins Schwimmen. Zumal die aufmerksamen Merxheimer die Freiräume immer wieder fanden und den unsortierten Favoriten überrumpelten. So fiel das 1:0 (7.), als Christian Mitchell rechts durchbrach und Tobias Demand im Zentrum seelenruhig einnicken konnte. So ähnlich fiel das 2:1, als Mike Horlacher einfach viel energischer in den Zweikampf ging als sein Begleiter Matthias Münch und diesmal Mitchell durchschlupfte - Pfosten, Abpraller, Tor (33.). In der Folgezeit hatte Jonas Kunz den dritten und vierten Treffer auf dem Fuß - und scheiterte unter anderem an Harald Czyzewski. ,,Bis dahin", sagt FCV-Coach Mike Marcaccini, ,,war das echt gut und genauso, wie wir uns das vorgenommen hatten. Wären wir doch nicht so hektisch gewesen..."

Während sich Merxheimer grämten, sich nicht für ihren extrem hohen Aufwand mit der entsprechenden Pausenführung belohnt zu haben, holte Thomas Wunderlich in der Eintracht-Umkleidekabine den imaginären Wecker hervor: ,,Guten Morgen und herzlich Willkommen in der Landesliga!" Anschließend erklärte er, was seine Eleven - bis auf Niklas Schneiders Ausgleichstor (10.), alles falsch gemacht hatten (,,So ziemlich alles"). Dann bat er sie, den Kopf einzuschalten, enger zu stehen und einen klaren Ball zu spielen. Und dann ging es Schlag auf Schlag: Gleich vier Merxheimer, die sich verletzten oder nicht mehr gut fühlten, mussten runter. Die finale halbe Stunde bestritt der FCV mit zehn Mann und leerem Tank, während sich die Eintracht nach dem 2:2 (klasse Schnittschnellpass von Umbs auf Torjäger Hulsey/51.) freispielte. Mike Marcaccini sah das Unheil kommen. ,,Das 2:7 hört sich nach so einer guten Stunde von uns blöd an. Aber wenn du bei diesem Wetter zu zehnt gegen die Eintracht spielst und keine Kraft mehr hast, dann kann das passieren." Zack, zack, zack: einmal Münch (67.), einmal Dominik Schindel mit einem brillanten 18-Meter-Freistoß (70.) und zum Abschluss ein Doppelpack des eingewechselten Marcel Veek (87./89.), der auch zuvor auch schon Hulseys zweiten Streich vorbereitet hatte (75.). Marcaccini wird nie erfahren, ,,wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn wir Elf-gegen-Elf zu Ende gespielt hätten". Harald Czyzewski, der genauso oft retten musste, wie seine Vorderleute trafen, sagt: ,,Unser Auftritt ist fast nicht zu erklären." Und ,,viel zu hohes 7:2", weiß Trainer Thomas Wunderlich, ,,ist für den Kopf eher ein Nachteil. Heute ist es noch mal gut gegangen. Aber wer denkt, dass das so easy weitergeht, der wird sehen, dass dies die ersten sechs Punkte der Saison waren - und die letzten." Das bestätigt sein Keeper mit einem Nicken.



INFOKASTEN

- FC Viktoria Merxheim: Baltes - Dreesbach, Richter, Kilp, Caesar (60. Buch) - Mitchell, Gerhard, Klein, Horlacher (46. Herbort) - Kunz (46. Lang-Lajendäcker), Demand.

- SG Eintracht: Czyzewski - Münch (83. Filomela), Krick, Spreitzer, Lind - Degirmenci (47. Unckrich), Umbs - Hulsey, Huth, Schindel - Schneider (71. Veek).

- Tore: 1:0 Demand (7.), 1:1 Schneider (10.), 2:1 Mitchell (33.), 2:2 Hulsey (51.), 2:3 Münch (67.), 2:4 Schindel (70.), 2:5 Hulsey (75.), 2:6 (87.), 2:7 (89.) beide Veek.

- Schiedsrichter: Fischer.

- Zuschauer: 198.

Aufrufe: 09.8.2015, 21:30 Uhr
Henning KunzAutor