2024-04-19T07:32:36.736Z

Allgemeines

Punktabzug für SGE und Anatolia

Beide Vereine werden für Krawalle bestraft / Gegensätzliche Aussagen erschweren Urteilsfindung

Verlinkte Inhalte

Am Ende waren die Vertreter der SG Einhausen überrascht und sprachlos. Das Sportgericht des Kreises Bergstraße hatte nicht nur den Kontrahenten Anatolia Birkenau bestraft, sondern auch die SGE.

Wegen der verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen am Ende des Kreisoberliga-Punktspiels am 21. August belegte das Sportgericht des Fußballkreises Bergstraße unter Vorsitz von Rainer Beckerle beide Mannschaften mit einem Drei-Punkte-Abzug. Anatolia muss 500 Euro Strafe zahlen, Einhausen 250. Die Entscheidung der drei Gremiumsmitgieder war einstimmig.

„Da müssen wir uns verprügeln lassen und bekommen drei Punkte abgezogen. Das ist lächerlich“, war Jörg Völker, der Zweite Vorsitzende der SGE, ganz und gar nicht einverstanden mit dem Urteil. Die Einhäuser prüfen nun, Berufung vor dem Verbandsgericht einzulegen. Diesen Schritt will die Anatolia laut Spielauschusschvorsitzenden Murat Cin nicht gehen: „Wenn wir Mist gebaut haben sind wir bereit, die Strafe zu zahlen. Aber es gehören immer zwei dazu.“

Einhausen war bestens präpariert in die mündliche Verhandlung am Montag nach Bürtsadt gefahren, bot acht Zeugen, ärztliche Atteste über Prellungen, Hämatome, beschädigte Zähne und mehr sowie Fotos mit den Gesichtern von Schlägen gezeichneter Spieler auf. Anatolia hielt mit der schriftlichen Aussage eines Zeugen dagegen. Cin: „Die Atteste unsere Spieler liegen bei der Polizei.“

Aussage steht gegen Aussage

Die fast zweistündige Beweisaufnahme endete für das Sportgericht unbefriedigend: Es stand Aussage gegen Aussage. Der Bericht des Schiedsrichters, der in der Regel die Grundlage für die Beurteilung des Geschehens bildet, war wenig erhellend. Der Unparteiische sah, wie eine „Menschenmenge beider Vereine aufeinader losging“. Spieler beider Klubs seien beteiligt gewesen. Er konnte „nicht erkennen, wer wen schlug“, wurde von Platzordnern in die Kabine gebracht.

So war für das Sportgericht nicht zu ermitteln, wie die Auseinandersetzungen an mehreren Stellen begannen, wer genau wen schlug, ob es beleidigende Rufe auch Einhäuser Zuschauer gab und ob jene auch auf dem Platz waren. Jede Partie beharrte auf ihre Sicht der Dinge, obwohl Sportgerichts-Mitglied Gerhard Ripper (Mitlechtern) während der Verhandlung appeliert hatte. „Wenn jeder sagt, das haben die Anderen gemacht, den Rest habe ich nicht gesehen, wie sollen wir dann zu einem fairen Urteil kommen?“, so Ripper.

---------------------------------------------------------------------------------------------------------

„Wir werden nie wieder gegen Anatolia Birkenau antreten, auch nicht zum Rückspiel am 4. Dezember.“

Jörg Völker, Zweiter Vorsitzender SG Einhausen

---------------------------------------------------------------------------------------------------------

Es gab aber auch übereinstimmende Aussagen. Dass Anatolia-Fans (30 bis 40 sagen die einen, 80 bis 100 die anderen) nach dem Schlusspfiff den Rasen stürmten, war unstrittig. Dass Fäuste flogen, auch. Die Einhäuser Zeugen identifizierten drei Anatolia-Kicker als Schläger und Treter, dazu den Schiedsrichterassistenten und einen Zuschauer, der, wie sich herausstellte, der Vater eines Spielers war, der von Einhäusern geschlagen worden war. Der Vater habe sich auch mit wüsten Drohgebärden vor der SGE-Kabine aufgebaut, sei von eigenen Vereinsmitgliedern zurückgehalten worden.

Sicher ist zumindest, dass ein SGE- und ein Anatolia-Spieler schon während der Partie, die „hitzig, ruppig, aber nicht übertrieben“ geführt worden sei, aneinander gerieten. Die Birkenauer wollten eine Tätlichkeit in Form eines Ellenbogenschlages des Einhäusers gesehen haben, die Einhäuser nichts. Der SGE-Kicker selbst sprach von einem „Schulterstups“, den er dem Gegenspieler gegeben habe, nachdem dieser nachgetreten hatte.

„Nach Backpfeife habe ich zurückgeschlagen“

Der Konflikt beider Fußballer setzte sich unmittelbar nach Schlusspfiff fort. „Der hat mir eine Backpfeife gegeben, ich habe zurückgeschlagen“, sagte der Einhäuser. Nein, entgegnete Murat Cin, der Anatole habe auf dem Boden gelegen, und mehrere SGEler hätten auf ihn eingeschlagen. Dieses Duell war der Auslöser für alle folgenden Rangeleien, die zwischen fünf und zehn Minuten dauerten, beim Eintreffen der Polizei beendet waren. Es gab, so berichteten Zeugen, von Einzelnen auch Versuche, das Geschen zu beruhigen.

„Notwehr rechtfertigt nicht dieses Verhalten“

Das Kreissportgericht verurteilte beide Vereine wegen Ausschreitungen und verhängte mit dem Drei-Punkte-Abzug die Mindeststrafe. Denn auch SGE-Spieler und -Bereuer seien aktibv am Geschehen beteiligt gewesen. Vorsitzender Beckerle: „Notwehr rechtfertigt nicht dieses Verhalten.“ Der Einhäuser Spieler, der zugab, nach Abpfiff seinen Kontrahenten dreimal geschlagen zu haben, wurde wegen Tätlichkeit nach Provokation zu einer Sperre von drei Pflichtspielen verurteilt. Sein Schuldeingeständnis habe sich strafmildernd ausgewirkt. Abgetrennt wurden die Verfahren gegen zwei Birkenauer Spieler und den Linienrichter.

Nach fast drei Stunden schloss Rainer Beckerle mit einer persönlichen Bemerkung die Verhandlung; „Was mich irritiert, ist, dass ich keinerlei Anzeichen von Reue vernommen habe, dass sich keiner entschuldigt hat für das Verhalten auf dem Platz – nicht mal ansatzweise.“

Aufrufe: 030.8.2016, 15:46 Uhr
Markus KarraschAutor