2024-04-23T06:39:20.694Z

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F: Rabe
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Schiedsrichter vermissen Respekt

Am Wochenende ist ein Amateurspiel abgebrochen worden. Obwohl kein flächendeckendes Gewaltproblem besteht, ist Handlungsbedarf erforderlich

Auf den Fußballplätzen in Ostwestfalen hat am Wochenende erst die neue Saison begonnen. Und schon ist der Amateurfußball um einen Skandal reicher. Bei einem Bielefelder Kreisligaspiel soll es zu einer Schlägerei zwischen beiden Mannschaften und den Zuschauern gekommen sein. Das Spiel wurde abgebrochen und wird nun am Kreis-Sportgericht (früher Kreis-Spruchkammer) diskutiert. Dies sind laut Statistik nur Einzelfälle. „Es gibt kein flächendeckendes Gewaltproblem auf dem Fußballplatz“, erklärt Manfred Schnieders, Vizepräsident Fußball des Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW). Er fügt jedoch mahnend an: „Jeder Einzelfall ist einer zu viel.“

Laut dem Deutschen Fußball-Bund, der 1,4 Millionen Spielberichte im Amateurfußball ausgewertet hat, wurden in der Saison 2015/16 672 Spielabbrüche wegen verbaler oder körperlicher Gewalt gemeldet – 0,05 Prozent der Spiele. Der westfälische Verband liegt mit 0,048 Prozent unter dem bundesweiten Durchschnitt. Bei 162.789 Partien der vergangenen Saison kam es zu 76 Spielabbrüchen. Schnieders sieht dies als ein Problem, dass mit der gesellschaftlichen Entwicklung einhergehe, weil die Hemmschwelle zu Gewalttaten sinke.

0,31 Prozent der Spiele mit gewalttätigen Übergriffen

Nicht alle Gewalttaten auf dem Fußballplatz haben einen Spielabbruch zufolge. So wie am vergangenen Sonntag in der Bezirksliga: Ein Torwart hat die Rote Karte wegen einer Tätlichkeit erhalten, weil er dem eigenen Mitspieler eine Kopfnuss gegeben haben soll. Solche Vorfälle ereignen sich durchaus öfters in den Amateurspielen. Die Zahlen bewegen sich trotzdem auf einem niedrigen Niveau. Für Westfalen liegen keine Zahlen vor, bundesweit betraf es in der vergangenen Saison 0,31 Prozent aller Amateurspiele, insgesamt 4.212 Partien.

Die niedrige Anzahl an Vorfällen können auch die Vorsitzenden der Kreis-Sportgerichte in Ostwestfalen bestätigen. In den letzten Jahren sei es zudem zu keinem Anstieg der Gewalt im Amateurfußball gekommen. Die Zahlen der Sportgerichte seien konstant auf einem niedrigen Niveau. „Um die 18 Fälle werden pro Saison verhandelt“, berichtet Hans Friedrich Strathoff, Vorsitzender des Kreis-Sportgerichts Gütersloh. Dies seien Vorwürfe wegen obszöner Äußerungen oder Tätlichkeiten, die meist eine Sperre über vier Wochen nach sich ziehen. Strathoff erklärt weiter, „dass die Strafen bei weniger schweren Vergehen vom Staffelleiter ausgesprochen werden“.

Sein Kollege aus Lübbecke, Dietmar Meier, merkt an, dass bei rund zwei Drittel der Verfahren Schiedsrichter die Geschädigten seien, obwohl diese heute abgehärteter seien. „Du A.... gehört bereits zum Umgangston“, erklärt er. „Der Respekt der Gesellschaft gegenüber Entscheidungsträgern, ob Polizisten oder Schiedsrichtern nimmt ab“, bemängelt Philip Dräger, Vorsitzender des Bielefelder Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses. Das gehe laut Dräger in Bielefeld teilweise so weit, dass Schiedsrichter nicht bereit seien, Spiele von bestimmten Vereinen zu pfeifen. Er relativiert jedoch seine Aussage, da „dies nicht die Regel sei“.

Die Abnahme des Respekts kann Juan de Cruz Pujades, Kreisschiedsrichterobmann in Gütersloh, ebenfalls bestätigen. Er befürchtet, dass in dieser Saison die verbale und körperliche Gewalt zunehmen könne, da sich bereits am ersten Spieltag mehrere Vorfälle ereignet haben, „obwohl die sich Teams noch nicht im direkten Auf- oder Abstieg befinden und die Emotionen noch nicht hochkochen“. So habe ein Schiedsrichter am Sonntag in einer Kreisliga nach dem Abpfiff die Polizei gerufen, da er sich trotz Ordnern nicht sicher fühlte.

Vorbildfunktion wahren - Ein Kommentar

Grobe Ausschreitungen mögen Einzelfälle sein. Beschimpfungen gegenüber Schiedsrichtern und Gegnern gehören allerdings zum Alltag auf den Fußballplätzen. Dass Ausdrücke wie „Du A....“ bereits zur Umgangssprache gehören, ist ein Armutszeugnis für den Amateurfußball.

Der Sport soll Werte wie Fairness, Respekt und gegenseitige Achtung vermitteln. Beleidigungen können das nicht. Ganz im Gegenteil: Beleidigungen gelten nach deutschem Recht als Straftat und können mit Freiheitsstrafe geahndet werden. Auch wenn kein Fußballer dafür ins Gefängnis muss, solche Straftaten schaden dem Volkssport. Und wenn Pöbeleien auf dem Sportplatz geduldet werden, was kommt als nächstes? Tätlichkeiten? Da sieht die Zukunft des Fußballs düster aus. Das Betreten des Sportplatzes darf keine Lizenz zum Pöbeln sein, sondern muss eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft bieten.

Aufrufe: 018.8.2017, 08:00 Uhr
FuPaAutor