2024-05-10T08:19:16.237Z

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Schiedsrichter klagt Vorgehen in seinem Kreis an

Der 20-jährige Fatih Sögüt hat die Schiedsrichterei an den Nagel gehängt +++ Er erklärt, dass einige Vorfälle in seinem Kreis Wuppertal-Niederberg der Grund dafür seien

Wenn Menschen sich im Fußball engagieren, so kommt es nicht selten vor, dass das Hobby einen Großteil ihrer Freizeit in Anspruch nimmt. So war es auch beim 20-jährigen Fatih Sögüt, der sich bereits mit 13 Jahren dafür entschieden hatte, sich der Schiedsrichterei zu verschreiben. „Und das ist ja eigentlich erst mit 14 Jahren möglich“, erzählt er. Im Sommer fand die Ausübung seines Hobbys ein abruptes Ende. „Aufgrund einiger Vorfälle habe ich mich dann entschieden, lieber mit dem Pfeifen aufzuhören“, erklärt er.

Was hat den Jungschiedsrichter zu diesem Schritt bewogen? Sögüt, der aus dem Kreis Wuppertal-Niederberg stammt, erhebt in diesem Zusammenhang durchaus Vorwürfe gegen den dortigen Kreisschiedsrichter-Ausschuss mit dem Vorsitzenden Wolfgang Vaak und Stellvertreter Erik Mahler. Im Sommer zog sich ein Schiedsrichter des Kreises aus der Landesliga zurück, diesen Posten galt es laut Sögüt aus dem Kreis neu zu besetzen. „Der Kreis teilte daraufhin fünf Schiedsrichtern aus der Bezirksliga schon im Winter mit, dass zwischen ihnen die Entscheidung fallen werde, wer den Aufstieg in die Landesliga schaffen würde.“ Damit war der Konkurrenzkampf eröffnet, von dem Sögüt allerdings behauptet, dass er nie einer gewesen sei. „Denn einem der fünf Schiedsrichter wurde bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass er den Aufstieg schaffen werde“, sagt Sögüt, dem der besagte Konkurrent diesen Umstand selbst verraten haben soll.

Grundlage für derartige Aufstiege sind unter anderem Schiedsrichter-Beobachtungen, die einen möglichst transparenten und fairen Ablauf solcher Vorgänge gewährleisten sollen. In diesem Fall wurden solche Beobachtungen intern durchgeführt, weil der Verband bei den Aufstiegen erst ab der Landesliga involviert ist. „Theoretisch sind 10 Punkte in einer Spielbeobachtung möglich, 8,5 Punkte sind in der Praxis allerdings schon ein ausgezeichneter Wert“, schildert Sögüt. Bei einer Spielbeobachtung des Kollegen, dessen Aufstieg seinen Angaben zufolge bereits beschlossene Sache gewesen sein soll, sei es demnach zu einer Ungereimtheit gekommen, für die Sögüt einen Beweis hat, der unserer Redaktion auch vorliegt. Demnach habe der Unparteiische in dem Spiel einen Fehler bei einer Spielfortsetzung gemacht, der eine Abwertung um einen ganzen Punkt zur Folge gehabt haben müsste. „Dennoch hat der Kollege für das Spiel eine 8,3 als Bewertung erhalten, was dann eigentlich gar nicht mehr möglich ist“, sagt Sögüt. Der Fehler sei auch in dem betreffenden Beobachtungsbogen nie aufgetaucht, was sich nun natürlich nicht überprüfen lässt. Aufgestiegen ist letztlich dennoch ein anderer seiner Mitbewerber. „Beim nächsten Spiel des Kollegen, der den massiven Fehler eingeräumt hatte, war ich dann mit anderen Kollegen vor Ort. Als es da wieder zu Fehlern kam, gab es zu viele Zeugen, so dass die Bewertung diesmal so ausfallen musste, dass der Aufstieg nicht mehr möglich war.“

Als Sögüt sich nach den Vorfällen eine Bedenkzeit erbeten hatte, ob er überhaupt weitermachen wolle, räumte ihm sein Kreis eine Bedenkzeit ein. Als er sich fristgerecht für eine Fortsetzung entschieden hatte, antwortete man ihm, man habe sich für seine erste Aussage entschieden und ihn nicht für die Bezirksliga gemeldet. „Dann wollte ich in den Kreis Remscheid wechseln. Da war auch schon geklärt, dass ich in der Bezirksliga eingesetzt werden sollte. Dann muss es da wohl einen Anruf gegeben haben, nachdem das dann auf einmal auch nicht mehr möglich war. Zudem behauptete der Wuppertaler Ausschuss, ich habe ihm gedroht, nur weil ich einmal gesagt hatte, die Vorgänge so mit der Presse besprechen zu wollen. Da habe ich mich dann entschieden, lieber ganz aufzuhören.“

Auch beim Verband suchte Sögüt zwischenzeitlich Unterstützung, fand aber auch dort nicht das Gehör, dass er sich gewünscht hätte. „Da hatte ich dann anschließend das Gefühl, dass ich mir da auch nicht wirklich Unterstützung für mein Anliegen erhoffen durfte.“

Natürlich haben wir auch den Kreisschiedsrichter-Ausschuss und die Verbandsseite dazu um eine Stellungnahme gebeten. Während Vaak und Mahler sich für die Wuppertaler Seite zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußerten, stand der Verband uns Rede und Antwort. „Dass eine Nachfolge für einen scheidenden Schiedsrichter prinzipiell so gelöst wird, ist kein unüblicher Vorgang“, sagt Boris Guzijan, stellvertretender Vorsitzender des Verbands-Schiedsrichterausschusses.“Wir waren natürlich alle nicht dabei, aber wenn es da im Vorfeld eine Zusage für einen Schiedsrichter gegeben hätte, so wäre das gelinde gesagt sehr unüblich“, fügt er an und stellt heraus, dass beileibe nicht nur die Spielbeobachtungen die Grundlage für die Entscheidungen sind. „Es gibt ja auch noch einen Fitness- und einen Regeltest. Und zudem werden natürlich auch, besonders dann, wenn es weiter nach oben geht, auch immer mehr weiche Faktoren wie das Sozialverhalten mit ins Kalkül gezogen. Es steigt also nicht immer der auf, der in der Bewertungstabelle an erster Stelle steht.“

Sögüt selbst, sagt Guzijan, sei ihm aus dem Verbandskader durchaus bekannt. Dort habe er sich zwar immer tadellos präsentiert, sei aber wiederum auch nie so positiv herausgestochen, dass der Verband dem Kreis eine besondere Förderung empfohlen habe. „In Wuppertal hatte sich der Kreis in der Aufstiegsfrage ja letztlich zwischen nur noch zwei Schiedsrichtern entschieden, zu denen weder Sögüt noch der Unparteiische gehörte, dessen Aufstieg da angeblich angedacht gewesen sein soll. Entschieden hat sich der Kreis dann letztlich erst nach dem besagten Fitness- und Regeltest“, sagt Guzijan.

Das alles versteht Sögüt nicht. Den Schiedsrichtern sei gesagt worden, dass nur die Beobachtungen ausschlaggebend seien. Und wenn die "weichen Faktoren" ausschlaggebend seien, so habe er immerhin beim Jungschiedsrichter-Masters als Trainer fungiert, junge Schiedsrichter bei ihren ersten Partien begleitet und auch Vortrträge angeboten. Zudem habe er den Lauftest ohne Probleme bestanden und beim Regeltest die volle Punktzahl von 30 Punkten erreicht.

Was am Ende bleibt ist ein Schiedsrichter, der sich, warum auch immer, von seinem Hobby abgewandt hat. Einem Hobby, ohne das organisierter Amateurfußball auch in Zukunft nicht möglich sein wird. Denn einfühlsame Einzelfallentscheidungen und Beurteilungen von Spielsituationen können nur Menschen leisten. Der Umstand, dass Sögüt im Gespräch mit uns nicht einmal gesagt hat, dass er eigentlich hätte aufsteigen müssen, spricht fraglos für ihn. Alles andere lässt sich schwer beurteilen.

Aufrufe: 030.9.2016, 18:28 Uhr
Sascha KöppenAutor