2024-04-25T14:35:39.956Z

Vereinsnachrichten

Nazi-Schwein-Gesänge und Hetzjagd auf Verl-Fans

Die Begegnung des SC Verl gegen den SV Lippstadt wurde von unschönen Szenen überschattet. Hier sind die Hintergründe.

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Spiele gegen den SV Lippstadt sind für den Sportclub Verl immer ein Highlight. Schließlich sind diese Partien, von der Jugend bis zur ersten Herrenmannschaft, stets ein brisantes Derby, bei dem es um die fußballerische Vorherrschaft in der Region geht. Dass es in solch einem Derby durchaus schon mal etwas ruppiger zu geht, ist selbstverständlich. Doch was am 31. Januar beim Regionalliga-Derby der beiden Clubs geschah, war mehr als fraglich. Rufe wie „Verl, ihr Nazischweine!“, Banner mit Anfeindungen sowie eine angebliche Verfolgung von sieben Verl-Fans werfen einen dunklen Schatten auf den Sport.

Bis zum Beginn der zweiten Halbzeit war aus Verler Sicht alles gut. Der SC führte mit 1:0 durch ein Tor von Zlatko Janjic in der 18. Minute. Nach Wiederanpfiff holten die Lippstädter ein Spruchbanner raus, auf dem in großen Buchstaben geschrieben stand: „Und Nazi bleibt Haram“, was soviel bedeutet wie „Nazi sein bleibt verboten“. Wenige Sekunden später stimmten die mitgereisten Lippstädter Fans folgende Rufe an: „Nazi-Schweine, Nazi-Schweine“. Im Stadion herrschte große Verwirrung, wie die Lippstädter darauf kommen konnten. Nach etwa 10 Minuten war der Spuk wieder vorbei.

Einen Bezug zum Nationalsozialismus könnten höchstens Unwissende wegen des Logos des SC Verl bei oberflächlicher Betrachtung herstellen. Dort ist deutlich die Wolfsangel zu erkennen, die ursprünglich als ein Symbol für die Wolfsjagd galt und später vom Hitler-Regime genutzt wurde als Zeichen der Wehrhaftigkeit der Hitler-Jugend. Das Zeichen ist im rechtsradikalen Zusammenhang verboten, jedoch in Wappen wie zum Beispiel von Städten oder auch Vereinen erlaubt. Bad Westernkotten, Frankfurt-Bornheim und Bottrop tragen beispielsweise das Zeichen in ihrem Stadtwappen. Auch beim SC Verl wurde das Wappen geprüft und vom Staatsschutz genehmigt.

Der Vorwurf: Die neue und sehr junge Fangruppierung des SC Verl, die „Ölbach-Mafia“, pflegt Kontakt zu Westfalia Herne. Diese haben angeblich engen Kontakt zur rechten Szene. Das zeigt auch ein Bericht der Antifa Bochum, die Westfalia Herne einen deutlichen Bezug zur Nazi-Szene „nachweisen“. Über die Seriosität der Quelle soll hier nicht weiter spekuliert werden. Generell ist Westfalia Herne in der Fanszene als politisch sehr rechtsorientiert bekannt, was nicht pauschalisiert für alle Fans des Vereins gelten soll.

Erst seit einigen Monaten gibt es die Fangruppierung „Ölbach-Mafia“ beim SC Verl. Sie gab sich ihren Namen nach einem ganz bekannten Bach in Verl. Was der Rhein für Köln ist, das ist der Ölbach für Verl. Die meisten Mitglieder dieser Fangruppierung sind zwischen 18 und 20 Jahre alt. Zu den Vorwürfen der rechten Gesinnung der Herne Fans sagte ein junger Vertreter der Verler-Gruppierung „Ölbach Mafia“: „Mir ist egal, was jeder in seiner Freizeit macht. Das ist deren Entscheidung.“

Der Kontakt der Fangruppierungen von Herne und Verl kam durch die Problematik mit den Lippstädtern zu Stande. Während eines Derbys hätten Lippstadtfans laut der „Ölbach-Mafia" skandiert: „Wir Stürmen euren Block und verprügeln euch.“ Letztendlich passierte jedoch nach dem Spiel nichts. Erst als die Ölbach-Mafia Kontakt zum SC Westfalia Herne pflegte, wurde die Situation komplexer.

Beim Spiel des SC Verl gegen den SV Lippstadt im Januar besuchten einige Herne-Fans ihre „Verler Freunde“ und brachten ein Banner ihres eigenen Vereins mit. Dem SV Lippstadt ist der Kontakt der Ölbach-Mafia zu den Herner Fans ein Dorn im Auge, denn der Verein ist laut dem Fanbeauftragten des SV, Tim Thiemeyer, politisch eher links orientiert. „Für uns war neu, dass Herne auch in Verl ist. Wir wussten, dass der Kontakt besteht. Das Spruchbanner sollte Aufmerksamkeit auf die Thematik lenken, damit der Verein etwas unternimmt“, so Thiemeyer. Zusätzlich zum Banner kamen noch die „Nazi-Schwein-Rufe“ auf. Nachdem die Rufe verhallt waren, gab es keine weiteren Ausschreitungen mehr.

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SC Verl vs. SV Lippstadt #scverl #svlippstadt08 #verl #lippstadt #groundhopping

Ein Beitrag geteilt von Sebastian (@sebastian.592) am Jan 31, 2020 um 1:07 PST

Erst 30 Minuten nach dem Spiel kam es zu einer Hetzjagd. Eine Gruppe von fünf bis sieben Personen der Ölbach-Mafia ging mit den Gästen aus Herne zum Auto am Busparkplatz. Auf dem Rückweg wurde die kleine Gruppe von ca 50 - 70 Lippstädtern entdeckt - und die Hetzjagd begann. „War schon ein mulmiges Gefühl, aber Angst hatten wir nicht wirklich. Wir waren ja ortskundig und kannten die Schleichwege zurück in die Öffentlichkeit“, sagt ein Mitglied der Ölbach-Mafia. Diese Situation ging noch einmal für alle glimpflich aus, doch trotzdem sind solche Szenen nicht nur im Fußball fehl am Platze.

Der SC Verl äußerte sich bereits zu der Thematik: „Grundsätzlich distanziert sich der Sportclub von jeder Art von Rassismus und extremen politischen Positionen. Die Vereinsführung und der einzig legitimierte Fanclub „Der Harte Kern“ werden hier kurzfristig das Gespräch mit der jungen Gruppierung führen. In Verl ist kein Platz für Nazis“, so der Pressesprecher des Vereins, Norbert Meyer.

Aufrufe: 011.2.2020, 14:00 Uhr
FuPa Autor