2024-04-24T13:20:38.835Z

Allgemeines
In der Partie Türk Genc II gegen Buchenbühl II wurde eine Grenze überschritten. Das hat Folgen. F: Rabe
In der Partie Türk Genc II gegen Buchenbühl II wurde eine Grenze überschritten. Das hat Folgen. F: Rabe

Keine Unparteiischen mehr für den SC Türk Genc II

Nach Schiedsrichter-Attacke in B-Klassen-Partie reagiert der Verband +++ Sperre für den Spielbetrieb steht im Raum

Verlinkte Inhalte

Keine Schiedsrichter mehr für bestimmte Partien: Im Bezirk Weser-Ems in Niedersachsen gab es im Frühjahr einen Boykott, der ganze Ligen betraf. Zuvor wurden Fälle in Essen, Sachsen-Anhalt, Hamburg und Celle bekannt. Der Bezirk Mittelfranken blieb von dieser Ultima Ratio der pfeifenden Zunft in jüngerer Zeit verschont. Ein Vorfall in der B-Klasse nun wird das ändern.

Am Mittwochabend sah sich der Schiedsrichterobmann des Kreises Nürnberg/Frankenhöhe, Hans Rößlein, wieder einmal genötigt, zu unschönen Vorkommnissen Stellung zu beziehen - und das ausgerechnet auch noch auf einer Veranstaltung mit dem Ziel, Strategien zur Gewinnung und Erhaltung von so dringend gebrauchten Schiedsrichtern zu vermitteln. Den Grund dafür lieferte eine Partie in der B-Klasse Nürnberg/Frankenhöhe 6: Der SC Türk Genc II traf dort am Sonntag auf den ASV Buchenbühl II - der Viertletzte auf den Letzten. Kein Duell, in dem es sportlich um viel ging. Abstiegskampf ist in einer Liga, die keine weitere Liga unter sich kennt, ein Fremdwort.

Kein Fremdwort hingegen ist Aggression: Wie fussballn.de berichtet, erfolgte der Spielabbruch in Minute 39, als ein Spieler der Heimmannschaft nach wiederholtem Foulspiel Gelb-Rot kassierte. Der Betroffene, dem jegliche Impulskontrolle abging, attackierte daraufhin den Schiedsrichter körperlich und würgte ihn, bis der auf die Knie zu Boden sank. Erst dann ließ der Täter vom Unparteiischen ab; der beendete im Anschluss die Begegnung. Die Polizei kam und nahm den Vorfall als Anzeige auf, der Schiedsrichter begab sich am folgenden Tag in ärztliche und psychologische Behandlung.

"Hier wurden Grenzen nicht nur erreicht, sondern überschritten", sagt Hans Rößlein und kündigt an, in dieser Saison keinen Schiedsrichter mehr zu Partien mit Beteiligung des SC Türk Genc II zu schicken. Das nun kommt nicht überraschend: "Genau das haben wir zu Saisonbeginn auf den Spielgruppentagungen den Vereinen mitgeteilt: Falls es zu einem gravierenden tätlichen Angriff auf einen Schiedsrichter kommt, werden wir so reagieren."

Keine offiziellen Schiedsrichter künftig mehr für Türk Genc II also - es ist ein Premierenfall in einer Saison, die aus Sicht des Obmanns bislang eigentlich recht positiv verlief. Generell ist es aber nicht die erste "Boykott-Situation", an die sich Rößlein erinnern kann. Vor rund 20 Jahren, so erzählt er, gab es nach vermehrten Vorfällen auf einer Schiedsrichter-Sitzung ein einstimmiges Votum: Auf Kreisebene wurde damals ein kompletter Spieltag nicht besetzt. "Soweit kommt es jetzt natürlich nicht", so Rößlein. Er hofft auch auf einen disziplinierenden Effekt durch das Einwirken anderer Vereine der Liga - denn die sind schließlich auch betroffen.

Sperre für den Spielbetrieb?

Auch Kreisspielleiter Thomas Raßbach steht hinter dieser Entscheidung. "Wir machen das natürlich ungern, weil man dadurch auch andere Vereine bestraft", so Raßbach. "Aber wie wollen wir reagieren?" Natürlich wird der Konfliktmanager auf den Plan treten, der Verein, mit dem der Kreisspielleiter schon in der jüngeren Vergangenheit das ein oder andere Problem hatte, steht in der Pflicht zur Mitarbeit. Explizit nicht ausschließen möchte Raßbach die Option, den SC Türk Genc II für ein paar Spiele vom Spielbetrieb zu sperren: "Diese Entscheidung ist aber noch in der Schwebe." Der Würger wurde vom Sportgericht sofort aus dem Verkehr gezogen, die Entscheidung, wie lange er zuschauen muss, folgt in einem noch zu fällendem Urteil.

Der Verein ist nun gezwungen, sich für die Heimspiele seiner zweiten Mannschaft selbst um einen Schiedsrichter zu kümmern. Das ist möglich - und werde, so Raßbach, mangels Alternativen ohnehin schon Woche für Woche in tiefklassigen Begegnungen vor allem im Teilkreis Frankenhöhe praktiziert. "Wenn wir nicht genügend Schiedsrichter zu Verfügung haben und folglich nicht jede Partie besetzen können, bekommt der Spielleiter der Heimmannschaft einen Anruf. Dann muss eine Privatansetzung erfolgen." Auch Rößlein weist darauf hin, dass in anderen Kreisen und Ligen längst vermehrt Partien ohne offizielle Besetzung stattfinden: "Das geht dort meist ohne Probleme über die Bühne." Denn ganz abgesehen von einer "offiziellen" Entscheidung über einen Schiedsrichter-Boykott, stehe es Schiedsrichtern frei, zu entscheiden, ob sie gewisse Spiele pfeifen wollen oder nicht: "Ich kann keinen dazu zwingen."

Aufrufe: 030.3.2017, 13:26 Uhr
Jan MauerAutor