2024-04-25T14:35:39.956Z

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Daniyel Cimen, strahlt Zuversicht aus. „Ich freue mich sehr darauf“ sagt er zu seiner schwierigen Aufgabe, die Teutonia wieder auf Kurs zu bringen.. 	Foto: Weis
Daniyel Cimen, strahlt Zuversicht aus. „Ich freue mich sehr darauf“ sagt er zu seiner schwierigen Aufgabe, die Teutonia wieder auf Kurs zu bringen.. Foto: Weis

»Ich mag das schnelle Umschaltspiel«

HESSENLIGA: +++ Der neue Teutonen-Trainer Daniyel Cimen spricht über Vorstellungen und Ziele / „Die Saison ist noch lang“ +++

WATZENBORN-STEINBERG. Daniyel Cimen hat durchaus turbulente Tage hinter sich. Erst löste der 32-Jährige seinen Vertrag bei Rot-Weiss Frankfurt auf, um zum Ligakonkurrenten SC Teutonia Watzenborn-Steinberg zu wechseln. Und Schlag auf Schlag ging es weiter: Schon am Sonntag leitete Cimen die erste Trainingseinheit, am Dienstag folgte bei seinem Debüt mit dem Aus im Hessenpokal beim Nord-Verbandsligisten SC Willingen gleich der erste Rückschlag, ehe der Ex-Profi am Mittwoch in der Lindener Geschäftsstelle des Clubs offiziell vorgestellt wurde. Zwei Tage vor dem ersten Punktspiel zu Hause gegen den VfB Ginsheim nahm sich der zweifache Familienvater Zeit für ein Interview mit dem Gießener Anzeiger.

Herr Cimen, Sie sind seit Jahren Trainer in der Hessenliga und nebenbei auch als Spieler im höherklassigen Amateuerfußball bei Hanau 93 aktiv – kann man Sie als im positiven Sinn fußballverrückt bezeichnen?

Das passt ganz gut. Bislang habe ich das gut hinbekommen, wobei die Verantwortlichen in Hanau wissen, dass Watzenborn natürlich Vorrang hat. Und ich habe eine sehr tolerante Frau, die das mitmacht, wofür ich sehr dankbar bin. Seitdem meine beiden Kinder da sind, halte ich mir jedoch auch einige Sonntage frei. Wenn es aber in den Füßen kitzelt und es die Zeit erlaubt, bin ich in Hanau dabei.

Wie gelingt es Ihnen, vom Fußball abzuschalten?

Definitiv über die Familie, die Kids - zwei Jungs – halten mich schon auf Trab. Grade der Größere (3 Jahre, d. Red.) ist bereits sehr aktiv und fußballverrückt. Und wenn man nach Hause kommt und die Kinder sind da, vergisst man erst mal alles um sich herum.

Als Sie letztmals als Trainer im Rahmen eines Punktspiels an der Neumühle waren, gewannen sie mit Rot-Weiss Frankfurt im Oktober 2015 in Watzenborn mit 4:1. Damals überrollten sie die Teutonia mit überragendem Angriffsfußball. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Spiel und inwiefern hat dieser Auftritt damals ihrer Idealvorstellung vom Fußball entsprochen?

Das sind natürlich Siege, an die man sich gerne erinnert. Wobei ich jetzt, als Watzenborn-Trainer, nicht so gerne daran zurückdenke (schmunzelt). Wir hatten damals vor, nach schnellen Ballgewinnen nicht klein-klein zu spielen, sondern schlagartig nach vorne. Das kommt meiner Idee vom Fußball entgegen. Ich mag das schnelle Umschaltspiel nach Ballgewinn, weil da die Möglichkeit besteht, die beim Gegner immer entstehende Unordnung zu nutzen. Dafür braucht es Tempo und diejenigen, die die Pässe spielen. Insofern kam dieses 4:1 dem nahe, was ich spielen möchte.

Die Teutonia will mittelfristig wieder zurück in die Regionalliga. Sie haben bei Ihrer offiziellen Vorstellung gesagt, dass Sie weiter „nach oben“ möchten. Gibt es für Sie als Trainer eine Art Karriereplan? Kann es derlei in diesem Geschäft mit seinen Unwägbarkeiten überhaupt geben?

Es ist schon mein Traum oder Ziel, in den bezahlten Fußball zu kommen. Aber ich glaube nicht, dass man das planen kann. Allerdings gibt es Vereine, bei denen die Voraussetzungen dafür eher gegeben sind als bei anderen. Ich setze mich nicht unter den Druck, dass ich beispielsweise in drei, vier Jahren in der Regionalliga sein muss. Ich bin ein junger Trainer, muss viel lernen und hoffe, dass ich mich weiterentwickeln kann. Watzenborn ist für mich eine neue Erfahrung, auch während einer Saison eine Mannschaft zu übernehmen. Aber ich freue mich sehr darauf.

Als Francisco Copado vor etwas mehr als einem Jahr als Trainer bei der Teutonia anheuerte, freute er sich auf die Möglichkeit, unter (semi-)professionellen Bedingungen intensiv mit den Spielern, darunter einige Berufsfußballer, arbeiten zu können. Geht es Ihnen da ähnlich und welche Unterschiede sehen Sie zu Ihrer Tätigkeit bei Rot-Weiss Frankfurt?

Es ist immer vorteilhaft, wenn mehr Einheiten zur Verfügung stehen, weil nicht alles in wenige Einheiten gepresst werden muss. Schwerpunkte lassen sich besser erarbeiten, das Training wird effektiver. Bei Rot-Weiss hatte ich vier Trainingseinheiten am Abend, darunter der Montag für die Regeneration und der Freitag mit dem Abschlusstraining. Für die effektive Arbeit an athletischen, taktischen und technischen Aspekten waren der Dienstag und Donnerstag da. In Watzenborn werden es drei bis vier Einheiten von fünf oder sechs sein, in denen wir daran effektiv arbeiten können.

Sie haben angesprochen, Druck von der Mannschaft nehmen zu wollen. Halten Sie es für möglich, dass sie der Erwartungshaltung bis dato nicht gewachsen war, die schwierige Lage also vor allem ein Kopfproblem ist?

Ich denke, dass der Kopf beim Fußball allgemein eine wichtige Rolle spielt. Der Verein und die Mannschaft hatten sicher vor der Saison das Ziel, direkt wieder aufzusteigen – das ist auch legitim. Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, führt das zur Frustration und das Selbstvertrauen fehlt. Die einfachsten Dinge klappen nicht mehr. Zudem war die Situation für die Mannschaft extrem, weil sie in den letzten vier Wochen vier Trainer gehabt hat. Das macht natürlich im Kopf auch etwas mit den Spielern: Der eine Trainer will attackieren, der andere dagegen tiefer stehen und der dritte etwas dazwischen. Das Wichtigste ist, dass wir uns nur auf den nächsten Gegner konzentrieren. Darauf haben wir uns geeinigt. Jeder Sportler will zwar erfolgreich sein, aber ich bin kein Freund davon, beispielsweise sieben Punkte aus drei Spielen holen zu wollen und darauf zu spekulieren, damit weiter oben ran zu rutschen. Ich hoffe, dass damit auch eine gewisse Lockerheit zurückkommt.

Die Mannschaft befindet sich fernab des Saisonziels, um den Wiederaufstieg mitzuspielen. Sehen Sie eine Gefahr, dass dem Team die ganz große Perspektive fehlen könnte, um immer die letzten Prozentpunkte herauszukitzeln?

Das heißt nicht, dass der Aufstieg nicht mehr das Ziel ist, zumal die Saison noch extrem lang ist. Mit Rot-Weiss bin ich in der vergangenen Spielzeit mit zwölf, 13 Punkten Rückstand auf Hessen Dreieich in die Winterpause gegangen, am Ende waren wir bis auf drei, vier Zähler dran. Das Ziel schieben wir aber jetzt bei Seite und gehen dafür den Weg. Das war vielleicht ein Fehler, dass das Ziel zu sehr im Kopf war.

Wenn die Saison im Mai endet – wann wäre sie für Sie ein Erfolg?

Für mich wäre die Saison ein Erfolg, wenn die Mannschaft vieles davon, was ich von ihr verlange, umsetzt. Auf eine Platzierung möchte ich mich nicht festlegen.



Aufrufe: 029.9.2017, 08:00 Uhr
Thomas SuerAutor