2024-05-08T14:46:11.570Z

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Schiedsrichter haben es nicht leicht: Am Sonntag attackierte in Wagenhofen ein Spieler des SC Ried die Unparteiische Barbara Karmann.
Schiedsrichter haben es nicht leicht: Am Sonntag attackierte in Wagenhofen ein Spieler des SC Ried die Unparteiische Barbara Karmann. – Foto: dpa

Schiedsrichterin als Zielscheibe

Ein Spieler des SC Ried hat bei der Partie in Wagenhofen die Unparteiische gewürgt +++ Der Verein hat reagiert und den Akteur suspendiert +++ Welche Folgen der Angriff noch mit sich zieht

Das Fußballspiel, um das es eigentlich ging, ist am Sonntag in Wagenhofen in den Hintergrund gerückt. Es spielte sich eine Szene ab, die auf einem Sportplatz keiner sehen will und die dort nichts zu suchen hat.

Im Spiel der Kreisklasse Neuburg zwischen dem SV Wagenhofen-Ballersdorf und dem SC Ried stand es in einer fair geführten Partie nach 89 gespielten Minuten 2:3. Aussagen von Augenzeugen belegen, was sich dann abgespielt hat. Der Rieder Kicker bekam nach einem Foul im Mittelfeld von Schiedsrichterin Barbara Karmann die Gelbe Karte gezeigt. Daraufhin hob der Spieler den Ball auf und warf ihn weg, was regelkonform eine weitere Verwarnung und damit die Gelb-Rote Karte nach sich zog. Im Anschluss verlor der Spieler die Fassung, drehte sich um, griff die Schiedsrichterin an und würgte sie ein bis zwei Sekunden. Spieler und Verantwortliche beider Mannschaften gingen dazwischen. Tätliche Angriffe gegen den Schiedsrichter haben im Normalfall einen Spielabbruch zur Folge. Doch die geschockte Barbara Karmann sah sich trotz des Angriffs im Stande, die kurz zuvor angezeigte Nachspielzeit von zwei Minuten über die Bühne zu bringen und ließ weiterspielen.

Wie gehen die drei beteiligten Parteien – die Schiedsrichtergruppe Neuburg, der SV Wagenhofen und der SC Ried – nun mit der Situation um?

Schiedsrichter: „Solange es ein offenes Verfahren ist, werden wir keine Stellungnahme abgeben“, sagt Jürgen Roth, Obmann der Schiedsrichtergruppe Neuburg. Auch Barbara Karmann darf sich aktuell öffentlich nicht äußern. Im Gespräch mit der Neuburger Rundschau gab sie an, dass sie keine Folgen davon getragen hätte und es ihr gut gehe. Die 32-Jährige zählt zu den Aushängeschildern der Schiedsrichtergruppe Neuburg. Sie ist seit vielen Jahren aktiv, leitet derzeit bei den Männern Spiele bis zur Landesliga und pfeift bei den Frauen in der Regionalliga.

SC Ried: Der SC Ried hat den Spieler suspendiert und sich in einer Mitteilung an die Presse geäußert. Darin heißt es: „Gestern Nachmittag (Sonntag, Anm. d. Red.) kam es praktisch mit Ende des Spiels zu einem körperlichen Übergriff durch einen Spieler des SC Ried gegenüber der Schiedsrichterin. Der SC Ried möchte sich in dieser offiziellen Form noch einmal bei der betroffenen Schiedsrichterin, beim gastgebenden SV Wagenhofen sowie bei allen anwesenden Zuschauern und Spielern entschuldigen. Wir bedauern sehr, dass es zu diesem Übergriff gekommen ist. Der eigentlich sehr umgängliche und gut erzogene junge Mann hat in diesem Moment offensichtlich die Kontrolle über sein Handeln verloren. Der SC Ried distanziert sich im Namen seiner Mitglieder und Spieler deutlich von diesem Vorfall sowie von verbaler oder körperlicher Gewalt auf oder neben Sportplätzen. Der Spieler wird von uns mit sofortiger Wirkung aus dem Spielbetrieb genommen. Damit wollen wir ein Zeichen für ein respektvolles Miteinander auf den Sportstätten der Region und anständigen Fußballsport setzen.“ Das Schreiben ist im Namen des Vorstands von Ralph Bartoschek und Franz Rein gezeichnet.

SV Wagenhofen: Abteilungsleiter Michael Neff, der selbst Schiedsrichter ist und die Betroffene persönlich kennt, sah die Szene aus nächster Nähe. „Die Schiedsrichterin hätte das Spiel abbrechen müssen. Sie stand sichtbar unter Schock.“ Erst später in der Kabine hätte sie realisiert, dass es ein Fehler war, die Partie wieder anzupfeifen. Einen Vorwurf will Neff Barbara Karmann deshalb aber nicht machen. Ein Abbruch hätte Wagenhofen mit großer Wahrscheinlichkeit den Sieg am grünen Tisch gebracht. Den erhofft sich der Verein dennoch, hat beim Sportgericht Protest gegen die Wertung eingelegt. Neff erwartet zumindest ein Wiederholungsspiel. Allein wegen der Niederlage sei der Einspruch aber nicht erfolgt. Neff: „Wir wollen ein Zeichen setzen. Gewalt hat auf Sportplätzen nichts zu suchen.“ Für den Spieler des SC Ried fordert Neff eine „lebenslange Sperre“.

Folgen: Mit einem Urteil des Kreis-Sportgerichts kann in den kommenden Tagen gerechnet werden, wenn alle Seiten offiziell angehört wurden. Vergleichsfälle aus der Vergangenheit zeigen, dass mit Angriffen auf Schiedsrichter nicht zimperlich umgegangen wird. Einen Extremfall stellt in Bayern Daniel Sengewald dar. Der Fußballer war im Dezember 2006 auf Lebenszeit aus dem Bayerischen Fußball-Verband ausgeschlossen worden, nachdem er einen Schiedsrichter erst anspuckte und dann einen Kopfstoß verpasste. Im Sommer 2011 wurde er nach viereinhalb Jahren begnadigt.

Außerhalb Bayerns ereignete sich im November des vergangenen Jahres ein vergleichbarer Fall in Essen. Ein 18-jähriger Fußballer hat nach einem Platzverweis den Schiedsrichter angegriffen und gewürgt und wurde für ein Jahr vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Nach den Regeln des Fußballverbands für Juniorenspieler war eine längere Sperre nicht möglich.

Vorläufige Sperre

Das Kreis-Sportgericht Augsburg hat mit einem Beschluss den Rieder Spieler mit sofortiger Wirkung für alle Wettbewerbe gesperrt. Bis ein endgültiges Sportgerichtsurteil gefällt ist, darf er damit nirgendwo auflaufen.

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Aufrufe: 04.9.2019, 11:09 Uhr
Neuburger Rundschau / Benjamin SigmundAutor