2024-04-16T09:15:35.043Z

FuPa Portrait

Jörg Weber, ein Mann für alle Fälle

Der 51-Jährige leitet nicht nur das Bielefelder Carl-Severing-Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung, der ehemalige Trainer des FC Gütersloh und SC Verl ist auch als Scout für den SC Paderborn tätig

Verlinkte Inhalte

Wäre Jörg Weber seinerzeit im Training nicht mit Arminia-Torwart Wolfgang Kneib zusammengestoßen, wäre seine Karriere vielleicht ganz anders verlaufen. Weber, damals noch keine 20 Jahre alt und gerade zum Wehrdienst eingezogen, riss sich das Kreuzband an.

„Das warf mich zurück“, sagt der 51-Jährige, der seit knapp drei Jahren als Scout für den SC Paderborn im Einsatz ist und eine Trainer- und Spielervergangenheit beim SC Verl und FC Gütersloh vorweisen kann. Ein Stratege, kein Bolzer sei er gewesen, erinnern sich ehemalige Mitspieler an seine fußballerischen Qualitäten. 1984 hatte er in Detmold sein Abitur gemacht. Er hatte als Profi nicht nur Fußball im Kopf, fasste kurze Zeit nach dem Zusammenprall schon die Entscheidung, nicht auf Teufel komm raus im Fußballgeschäft zu bleiben, sondern auch an die Zeit danach zu denken. Heute ist Jörg Weber Leiter des Bielefelder Carl-Severing-Berufskollegs für Wirtschaft und Verwaltung, führt eine Schule mit knapp 90 Lehrern und 2.100 Schülern.

„Ich bin Schulmanager“, sagt er. Zwar unterrichtet er noch sechs Stunden in der Woche und nimmt im Frühjahr neun mündliche Prüfungen in BWL ab. Trotzdem verbringt er mehr Zeit am Schreibtisch als im Klassenraum. „Im Sommer“, erzählt Weber, „gehen sieben Kollegen.“ Die müssen ersetzt werden. Weber hält Ausschau nach Talenten. Das Gespür, diese Menschen unter vielen zu entdecken, braucht er auch am Spielfeldrand. Denn Weber ist Scout, seit 2014 späht er für den SC Paderborn nach talentierten Kickern.

„Eine Liebhaberei, kein Zweitjob“, sagt der promovierte Sportwissenschaftler. Denn nur wenn es die Zeit zulässt, fährt er am Wochenende quer durch Deutschland und schaut sich Spiele von Dritt- und Regionalligamannschaften an. Dass er früher selbst gespielt und auf der Trainerbank gesessen hat, helfe ihm enorm. Die Trainerkarriere ist vorbei. „Ich weiß, wie Trainer denken und was sie wollen“, sagt er. Als Coach René Müller (ab Juni U 23-Trainer bei Arminia) im November vom SCP freigestellt wurde, sei er vom Verein gefragt worden, ob er für einige Wochen das Ruder übernehme.

„Das hätte ich mit meinem Job als Schulleiter aber nicht vereinbaren können“, sagt Weber. Die Trainerkarriere ist vorbei, obwohl er auch sie eigentlich schon beendete, bevor sie so richtig begann. 1996 – Weber hatte zwei Jahre zuvor seine erste feste Stelle als Lehrer für Wirtschaftswissenschaften und Sport am Dietrich-Bonhoeffer-Berufskolleg in Detmold angetreten – heuerte er beim TuS Paderborn-Neuhaus als Co-Trainer unter Günther Rybarczyk an. 2000 ging er zum Regionalligisten SC Verl, arbeitete an der Seite von Dieter Hecking. Als der ging, wurde Weber Cheftrainer. Zwei Jahre blieb er, dann wurde er beurlaubt.

„Die Wunden sind mittlerweile verheilt“, sagt Weber. Wer einen Vertrag als Trainer unterschreibt, müsse wissen, dass die Kündigung früher oder später komme. Weber ging 2004/05 zum Oberligisten VfB Fichte, ein Jahr später zum FC Gütersloh. Im Juli 2006 übernahm er die zweite Mannschaft von Arminia Bielefeld. Am 13. Februar 2007 wurde er Co-Trainer der ersten Mannschaft, arbeitete eng mit „Jahrhundert-Trainer“ Ernst Middendorp zusammen. Damals war er schon stellvertretender Schulleiter am Hanse-Berufskolleg in Lemgo, ließ sich ein halbes Jahr lang beurlauben. Anschließend musste er wieder eine Entscheidung treffen, für oder gegen den Fußball. „Länger als ein halbes Jahr hätte ich nicht von der Schule weg bleiben können“, sagt Weber.

„Da hätte ich kündigen müssen.“ Er traf sich mit Heribert Bruchhagen, der Ende der 1980er-Jahre seinen Job als Lehrer am Kreisgymnasium in Halle an den Nagel gehängt hatte, um Manager beim FC Schalke zu werden. Weber entschied sich anders als Bruchhagen. „Das Risiko war mir zu groß“, sagt er heute rückblickend. Bis 2011 war er noch drei Jahre Chef-Scout bei Arminia. Als er Schulleiter in Bielefeld wurde, fragte Michael Born, damals Manager beim SC Paderborn, ob er nicht den derzeitigen Drittligisten als Scout unterstützen könne. Heute sucht er deshalb Talente, schaut, wer Potenzial hat. Ähnlich wie täglich an seiner Schule.

Aufrufe: 08.3.2017, 22:00 Uhr
Ariane MönikesAutor