2024-05-02T16:12:49.858Z

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Einst Profifußballer, nun Trainer: Markus Kurth (Mitte) gibt beim Kölner A-Kreisligisten SC Mülheim-Nord die Richtung vor.
Einst Profifußballer, nun Trainer: Markus Kurth (Mitte) gibt beim Kölner A-Kreisligisten SC Mülheim-Nord die Richtung vor.

Großer Name - kleiner Verein

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Markus Kurth, einst Profi-Fußballer beim 1. FC Köln und anderen Bundesligisten, trainiert den A-Ligisten SC Mülheim-Nord - nach ersten Erfahrungen unter anderem als Co-Trainer bei der Kölner Viktoria sammelt er nun Erfahrungen als Chef-Coach.

Hinter dem Fußball-Klub SC Mülheim-Nord liegt ein turbulentes Jahr. Im Sommer endete zunächst der packende Zweikampf in der B-Liga um Titel und Aufstieg gegen den TuS Stammheim mit einem Mülheimer Erfolg: Ein Punkt trennte die beiden Kontrahenten nach dem letzten Spieltag. In Stammheim wurde geweint und geflucht, während beim SC gefeiert und getrunken wurde. Der langjährige Landesligist ist nun immerhin wieder in der Beletage des Kölner Kreisliga-Fußballs vertreten. Und dort ist nun ein Mann für die Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte zuständig, dessen Name weit über die Grenzen der Stadt bekannt ist: Markus Kurth.

Der gebürtige Neusser kann auf 330 Spiele in der Ersten und Zweiten Liga für Bayer Leverkusen, den 1. FC Nürnberg, 1. FC Köln und MSV Duisburg zurückblicken. Seine Trainerkarriere befindet sich indes erst in der Startphase. „Ich will Erfahrungen sammeln, und dafür ist der Job in Mülheim perfekt“, sagt der 41-Jährige, der bislang als Co-Trainer beim Regionalligisten FC Viktoria Köln und als Chefcoach beim Niederrhein-Oberligisten Sportfreunde Baumberg Verantwortung trug.

Persönliche Kontakte waren es, die im Sommer ein Engagement bei dem kleinen, aber durchaus traditionsreichen Verein im rechtsrheinischen Köln ermöglichten. „Als im Vorstand die Idee aufkam, Markus Kurth den Trainerjob bei uns anzubieten, habe ich gedacht, dass das niemals funktionieren würde“, sagt Walter Vogt. Doch der Vereinsvorsitzende sah sich schon kurz darauf eines Besseren belehrt. „Er ist uns extrem entgegengekommen und hat keine lange Eingewöhnungszeit gebraucht“, erklärt Vogt. Der reibungslose Einstieg hatte gute Gründe: Kurth, der nicht weit entfernt im benachbarten Stadtteil Holweide wohnt und dessen 14-jähriger Sohn Maurice eine Weile in der Nachwuchsabteilung von Mülheim-Nord spielte, kannte die Anlage, die Nöte, die Menschen, das multikulturelle Umfeld. Und er hatte kein Problem damit, sich mit den Bedingungen zu arrangieren. Hinzu kommt das besondere Verhältnis zu den Machern beim SC. „Ich bin mit dem Vorstandsmitglied Frank Feinen und einigen anderen Klubverantwortlichen schon lange befreundet“, erklärt Kurth, „als der Verein dann im Sommer einen Coach suchte, habe ich spontan Ja gesagt.“

Mit seiner Entscheidung befreite Kurth den Klub aus einem Dilemma. Denn Muzaffer Yilmaz, der das Team im Saisonendspurt interimsweise als Spielertrainer zum Aufstieg geführt hatte, wollte wieder kürzertreten. So war der Job auf der Trainerbank trotz des sportlichen Erfolgs vakant. Zudem verlieh Kurths Engagement der Aufbruchsstimmung nach dem Aufstieg neue Energie. „Er ist ein super Fang für den Klub. Die Spieler sind begeistert und ziehen voll mit“, sagt Vogt. Ihn beeindruckt vor allem die Akribie, mit der Kurth zu Werke geht. Der einstige Mittelfeldakteur sei stets schon 30 Minuten vor dem Trainingsbeginn auf der Anlage, um die Einheit vorzubereiten, sagt der Klubchef. „Wenn ich ihn dabei beobachte, wie er die Trainingsmaterialien aufbaut, denke ich jedes Mal: Mensch, der Markus hat heute schon wieder einiges vor. Bei ihm ist ganz klar vieles hängengeblieben in all den Jahren als Profi.“

Das will Kurth nicht bestreiten. Die Liste seiner Trainer ist ja auch lang und namhaft besetzt. Egal, ob Friedel Rausch, Felix Magath, Willi Entenmann, Heiko Scholz, Ewald Lienen oder Friedhelm Funkel – Kurth hat sie alle erlebt. „Ich habe mir sicherlich von jedem Coach, unter dem ich trainiert habe, etwas abgeguckt“, sagt Kurth. Die Akribie von Lienen, die Aufrichtigkeit von Scholz und die Härte von Magath. Nun gilt es, den eigenen Weg zu finden und den eigenen Stil zu entwickeln. Die Zielrichtung ist klar: Kurth will frühes Pressing, schnelles Umschaltspiel und attraktiven Fußball sehen. „In diesem Ansinnen unterscheide ich mich wohl kaum vom Großteil meiner Trainerkollegen“, sagt Kurth, „entscheidend ist aber, was für Spielertypen dir als Coach zur Verfügung stehen. Das System muss schließlich zu den Jungs im Kader passen.“

Vorerst hat der Blondschopf, der vor seinem Wechsel als 16-Jähriger zu Bayer 04 Leverkusen bei den beiden Düsseldorfer Klubs SpVgg Benrath 10 und BV 04 spielte, aber ganz andere Sorgen. Seine Herausforderung heißt Kreisliga A mit dem SC Mülheim-Nord. Und dort ist weniger taktisches Feintuning als vielmehr Basisarbeit gefragt. „Hier musst du schauen, ob alle Jungs Stutzen haben, alle Spielerpässe vorliegen und für das Training ausreichend Bälle zur Verfügung stehen“, sagt Kurth. Bislang meistert er seine Mission mit Bravour. Von den jüngsten fünf Spielen wurden vier gewonnen. Das Team überwintert auf Rang sechs. Dennoch will Kurth von einem Durchmarsch in die Bezirksliga nichts wissen: „Wir wollen nur den Abstand auf die Abstiegsränge ausbauen. Alles andere ist unrealistisch.“

Selbst in der A-Liga können einige Rivalen auf andere Strukturen und finanzielle Ressourcen zurückgreifen. Das Umfeld des SC Mülheim-Nord ist indes äußerst bodenständig. Glamour sucht man rund um den in die Jahre gekommenen Aschenplatz an der Rixdorfer Straße vergebens. Die Trümpfe des Klubs sind andere: eine familiäre Atmosphäre und kurze Entscheidungswege. Wer anpackt, kann etwas bewegen – so einfach ist das. Und Kurth packt an. Schließlich will er nicht nur als Trainer vorankommen und sich seinem langfristigen Ziel, einem Engagement in der Regionalliga, ein Stückchen nähern, sondern er will seinen Spielern die Chance eröffnen, sich weiterzuentwickeln. Auch er hatte einen Mentor – wenn auch auf einer anderen Ebene. Hermann Gerland, der Kurth als Jugendspieler einige Male gesehen hatte, glaubte an ihn und holte ihn nach Nürnberg, als seine Karriere in Leverkusen gerade etwas klemmte. „Ihm habe ich viel zu verdanken“, sagt Kurth.

In der Tat ging es nach dem Wechsel vom Rhein nach Franken in einer anderen Taktung voran. Der Abstieg in die Regionalliga blieb für den „Club“ ein kurzes Kapitel. Unter Magath glückte der Durchmarsch, der 1998 im Erstliga-Aufstieg gipfelte. „Das war schon der Wahnsinn“, sagt Kurth, der für die Franken 121 Spiele absolvierte und dabei 30 Tore erzielte. Ein Jahr später wechselte der torgefährliche Mittelfeldakteur, der inzwischen mit einer Kölnerin liiert war, zum Zweitligisten 1. FC Köln, mit dem er in der darauffolgenden Saison in die Bundesliga aufstieg. Mit dem späteren Engagement beim MSV Duisburg (121 Spiele/33 Tore) endete die Zeit in den deutschen Profiligen, in der Kurth allein fünf Erstliga-Aufstiege miterlebte.

Die vielen Jahre als Profi haben Kurth vor allem drei Dinge gelehrt: flexibel zu sein, einen Job nicht halbherzig anzugehen und trotz allem gelassen zu bleiben. „In Sachen Trainerkarriere setze ich mich nicht unter Druck“, sagt Kurth, der zudem als Angestellter einem Bürojob nachgeht. „Aber wenn ein passendes Angebot kommt, stehe ich bereit“, sagt er. Klubchef Vogt weiß das und will ihm auf keinen Fall Steine in den Weg legen, wenn ein Ober- oder Regionalligist anfragt. „Da hat er unser Wort“, sagt Vogt. Doch noch ist es nicht so weit. Noch ist Kurth Bestandteil des Aufwärtstrends eines kleinen Klubs, der sich in der A-Liga etablieren will, sehnlichst auf den Bau eines Kunstrasenplatzes wartet und sich freut, dass immerhin die Einfahrt und der Parkplatz frisch gepflastert worden sind. Kurth lebt genau diese Freuden und Sorgen voll mit. Ohne Distanz, Überheblichkeit oder Allüren. Kein Wunder, dass Vogt hofft, dass der einstige Profi dem Klub noch ein wenig erhalten bleibt: „Das wäre toll. Denn es passt einfach. Auch menschlich. Der Markus gehört zu uns. Er ist inzwischen ein echter Mülheimer Jung.“

Aufrufe: 028.12.2014, 20:15 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger/Wolfram KämpfAutor