2024-05-02T16:12:49.858Z

Vereinsnachrichten
Die guten Zeiten des SC Fürstenfeldbruck waren die, in denen die Fotos in der Zeitung noch schwarz-weiß waren. Rechts oben: Riesige und für heute unvorstellbare Zuschauermengen begeisterten sich einst für die Spiele ihres SCF im Stadion an der Pucher Straße. – Links oben: Auch der FC Bayern, hier der damalige Manager Uli Hoeneß, gab sich die Ehre. Foto: Archiv/FKN
Die guten Zeiten des SC Fürstenfeldbruck waren die, in denen die Fotos in der Zeitung noch schwarz-weiß waren. Rechts oben: Riesige und für heute unvorstellbare Zuschauermengen begeisterten sich einst für die Spiele ihres SCF im Stadion an der Pucher Straße. – Links oben: Auch der FC Bayern, hier der damalige Manager Uli Hoeneß, gab sich die Ehre. Foto: Archiv/FKN

Insolvenz bei Bruck: Erlebt der Verein den 100. Geburtstag?

Eine Reise durch die Vergangenheit

In zwei Jahren wird der SC Fürstenfeldbruck 100. Doch es könnte sein, dass der Sportclub das Jubiläum nicht mehr erlebt. Dem Traditionsverein bläst ein kräftiger Wind aus dem Brucker Finanzamt entgegen. Bei Steuerschulden und Verbindlichkeiten von insgesamt 300 000 Euro besteht Insolvenzgefahr.

Zu seinen Glanzzeiten zählte der Verein mehr als 1000 Mitglieder, heute sind es gerade noch 400. Längst sind die Jahre vorüber, als das Stadion an der Pucher Straße zu platzen drohte, wenn der einstige Bayernligist seine Heimspiele bestritt. 2000 Zuschauer und mehr waren da keine Seltenheit. Und heute? Wenn die aktuelle Bezirksliga-Elf zu einem Heimspiel an der Klosterstraße einlädt, verlieren sich gerade einmal knapp 100 Zuschauer in dem herrlichen Stadion an der Amper, um das viele höherklassige Vereine den Brucker Sportclub beneiden.

Acht Brucker waren sich im August 1919 einig, dass die Stadt einen Fußballklub braucht. Am 13. September fand die Gründungsversammlung statt. Querelen mit dem Turnverein, dem man sich zunächst angeschlossen hatte, führten zur Trennung, und ein Jahr später existierte neben dem Turnverein ein eigenständiger „Fußballclub Fürstenfeldbruck“. Nach dem Ende des Krieges wurde der „Sportclub“ wiedergegründet und spielte im Leben der Stadt fortan eine führende Rolle. Man pflegte Freundschaften mit ausländischen Vereinen. Bruck war bekannt.

Neben dem FC Bayern und dem TSV 1860, die mehrmals in der Kreisstadt zu Freundschaftsspielen antraten, gaben sich auch Borussia Mönchengladbach oder Schalke 04 die Ehre. Erstmals stieg der SCF in der Saison 1971/72 in die Bayernliga auf, der er sechs Jahre lang angehörte. Bis heute die längste Zeit ohne Unterbrechung in der damals dritthöchsten Liga. 1980 schaffte es der SCF bis in die erste Hauptrunde des DFB-Pokals, wo er dem Bundesligisten Braunschweig 1:4 unterlag.

Die Liste der Spieler, die in den erfolgreichsten Jahren den Namen des SCF in höherklassige Vereine trugen, ist lang: Georg Damjanoff (Hannover 96), Schorsch Metzger, Willi Bierofka, Thomas Miller, Ludwig Schäffler (alle 1860), Bobby Brauer (Augsburg), Gerd Schneider (FSV Frankfurt), Otto Hiestermann (Nürnberg, Köln), Wolfgang Moos (Tasmania Berlin) Rainer Scholz (Hannover, Waldhof Mannheim, Darmstadt), Horst Lippert (Regensburg), Wolfgang Ruhdorfer (Fürth, Waldhof). Dazu zählt auch der dreimalige Amateur-Nationalspieler Dieter Bernhardt, der in Bruck und bei den Bayern Amateuren spielte und mit 53 EinsätzenRekordmann in der Bayern-Länderpokal-Auswahlelf ist.

Daneben förderte die Jugendschmiede beim Sportclub zahlreiche Talente zutage, die den Sprung bis in die 2. Bundesliga schafften. Dominik Widemann schießtTore für Heidenheim, Benedikt Saller, der auf Erstliga-Einsätze bei Mainz 05 zurückblickt, spielt jetzt bei Jahn Regensburg. Alexander Sieghart kickt in der ersten Liga in Bangkok, Philipp Steinhart trägt das Löwen-Trikot.

Längst könnte sich der Sportclub (SC) in einen Fußballclub (FC) umbenennen, denn der Verein, der zu seiner Blütezeit aus fünf Abteilungen bestand, ist bis auf eine Herrenmannschaft sowie die Jugendabteilung mit 15 Mannschaften geschrumpft.

„So traurig es ist“, sagt Ernst Klaschus (72), seit 63 Jahren Mitglied beim SCF –man habe schon einmal eine ähnliche Krise durchlebt, erinnert sich der ehemalige Lehrer an die sogenannte „Korn-Affäre“ in den späten 80er-Jahre. Auch damals stand der Verein fast vor dem Aus, als Präsident Hans Korn in die Schlagzeilen mit „krummen Geschäften“ dem SCF eine Schuldenlast von 380 000 DM eingehandelt hatte. Korn kam sogar ins Gefängnis. Einer der jetzigen Ehrenpräsidenten des Vereins, Hans Hahn, ging damals als „Sparpräsident“ in die Geschichte des Vereins ein. Der Chef einer eigenen Steuerkanzlei erarbeitete ein umfangreiches Sanierungskonzept, und 1995 war der SCF wieder schuldenfrei.

„Ohne Sponsoren kann ein Verein heutzutage in der Spielklasse und mit intensiver Jugendarbeit nicht bestehen“, meint Klaschus. „Die leidige Angelegenheit muss schnellstens und lückenlos aufgeklärt und die Verursacher zur Verantwortung gezogen werden. Mir liegt daran, dass der Verein nicht untergeht. Das wäre ein Trauerspiel.“

„Es bleibt zu hoffen, dass im Jubiläumsjahr wieder ein Aufschwung im Verein, sowohl in sportlicher, wirtschaftlicher als auch in gesellschaftlicher Hinsicht stattfindet“, schrieb der einstige Vizepräsident des Bayerischen Fußballverbandes, Alfred Fackler, schon zum 75-jährigen Jubiläum des SCF 1994 ein Grußwort in die Festschrift. Diese Aussage könnte unbesehen zum 100-Jährigen übernommen werden – so es denn der SCF erreicht.

Aufrufe: 029.9.2017, 13:00 Uhr
Dieter Metzler - Münchner Merkur Autor