2024-04-24T13:20:38.835Z

Ligabericht
– Foto: Volkhard Patten

Warten auf den Durchbruch

PROFIS: +++ Youngster Gian-Luca Itter braucht beim Bundesligisten SC Freiburg Geduld / Serie, Teil 5 +++

Wetzlar/Freiburg. Im Breisgau bevorzugen sie den alemannischen Dialekt. Doch zumindest beim Fußball-Bundesligisten SC Freiburg schlägt ein Duo seit dieser Saison mittelhessische Töne an. Die Rede ist von den beiden Lucas. Luca Waldschmidt aus Dillenburg und Gian-Luca Itter, der beim FC Cleeberg mit dem Kicken angefangen hat und aus dem Grävenwiesbacher Ortsteil Mönstadt stammt. Doch während Erstgenannter spätestens seit der U 21-Europameisterschaft im vergangenen Jahr den Durchbruch geschafft hat, lässt dieser bei Itter noch auf sich warten.

Noch keine Minute kam er in der bisherigen Spielzeit in der Bundesliga zum Einsatz. Was auch daran liegt, dass sein Wechsel im Sommer vom VfL Wolfsburg zum Sport-Club zunächst unter keinem guten Stern stand. Denn gleich im ersten Training verletzte sich Gian-Luca Itter, den alle nur Luca nennen, am Sprunggelenk. Bei der Ballannahme blieb er unglücklich im Rasen hängen. „Ich habe noch bis zum Ende durchgehalten, aber danach ging nichts mehr“, erinnert sich der 21-Jährige. Die Folge: Zwei Monate Pause für den linken Verteidiger. Kraftraum und Stabilisationsübungen statt gemeinsame Einheiten mit der Mannschaft. „Verletzungen gehören leider dazu. Aber die Truppe hat mich immer unterstützt“, sagt Itter.

Dennoch: Da auf seiner Position Christian Günter (Itter: „Wir versthen uns super. Ich sehe ihn nicht als Konkurrenten und kann viel von ihm lernen“) ins Rampenlicht rückte, kam das Talent nach seiner Rückkehr bis jetzt nicht mehr zum Einsatz. Um Spielpraxis zu sammeln, ging er für die zweite Mannschaft, die in der Regionalliga Südwest zu Hause ist, auf Torejagd. Siebenmal streifte er sich dort das Trikot über. „Das war wichtig für mich“, betont Itter, der im gleichen Atemzug anfügt: „Ich bin bereit. Ich fühle mich bei 100 Prozent.“ Eine Aussage, die er im Trainingslager im spanischen Sotogrande vor dem Rückrundenauftakt in der Bundesliga eindrucksvoll unterstrich. Beim Testspiel gegen Borussia Mönchengladbach zeigte der Defensivspezialist über die volle Distanz sein Können. Sein Eindruck über die Tage in Andalusien: „Wir hatten optimale Bedingungen. Mit meiner Leistung bin ich ebenfalls zufrieden.“

Der Stern des 21-Jährigen ging am 22. September 2017 auf, als er im Trikot des VfL Wolfsburg im Duell mit dem FC Bayern München (2:2) keinen Geringeren als Arjen Robben an die Kette legte. Der Niederländer kam mit seinen gefürchteten Dribblings kaum zur Entfaltung. Doch danach wurde es still um Itter, den der Deutsche Fußball-Bund 2016 in der Kategorie der U 17-Junioren noch mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold (vor dem Leverkusener Jungstar Kai Havertz) ausgezeichnet hatte. Sein Trainer Martin Schmidt setzte immer weniger, sein Nachfolger Bruno Labbadia überhaupt nicht mehr auf die Dienste des ehemaligen Cleebergers. „Bei knappen Entscheidungen um die Startelf habe ich immer den Kürzeren gezogen. Ich hatte das Gefühl, eine Veränderung vornehmen zu müssen“, erklärt Itter. Just in jenen Moment, als seine Eltern Frank und Melanie mit dem jüngsten Sohn Ben von Mönstadt nach Wolfsburg übersiedelten. Beim VW-Club kommt Lucas Zwillingsbruder Davide-Jerome im Regionalliga-Team zum Einsatz.

„Wir haben das mit der ganzen Familie besprochen. Wir waren uns einig, dass ich gehen muss, um den nächsten Schritt zu machen“, betont Itter. Für eine Ablöse von zwei Millionen Euro zog es ihn in den Breisgau zum SC Freiburg. Jener Club, der ihn schon als Jugendlicher unter Vertrag nehmen wollte. Trotz des schweren Starts mit der frühen Verletzung hat er seinen Wechsel nicht bereut: „Ich habe alles richtig gemacht. In Freiburg geht‘s sehr familiär zu. Die Mannschaft ist super. Alle verstehen sich gut“, sagt der 21-Jährige und fügt an: „Vor allem in Sachen Kraft und Ausdauer habe ich einen großen Schirtt nach vorne gemacht.“

Ein Grund dafür ist sein Coach Christian Streich. „Bei ihm merke ich täglich, dass er schon lange im Geschäft ist. Er gibt mir im Training viele Hinweise, was ich optimieren kann. Er will jeden Spieler besser machen. Das gelingt ihm auch.“

Auch dank des Kulttrainers hat der Sport-Club eine furiose Hinrunde hingelegt. Aus dem einstigen Abstiegskandidaten ist ein Anwärter auf die internationalen Plätze geworden. Für Luca Itter keine große Überraschung: „Wir haben einen breiten Kader. Wichtig war, dass wir in den ersten Spielen der Saison unsere Punkte geholt haben.“

In naher Zukunft möchte der U 20-Nationalspieler seinen Teil dazu beitragen, dass es für den SC weiter nach oben geht. Dieses Ziel hat auch der zweite Mittelhesse Luca Waldschmidt. Im Trainingslager teilten sich die beiden ein Zimmer. Das Duo hatte es sich so ausgesucht. „Schon vor unserer gemeinsamen Zeit hatten wir immer mal geschrieben. Ich kannte Luca ja schon“, sagt Itter, der immer noch seine Heimat im Blick hat. Im Sommer 2019 besuchte er mit seinem Zwillingsbruder ein Spiel des FC Cleeberg in der Gruppenliga. Gegner war die SG Waldsolms. „Auf Platt“ diskutierten dort die Zuschauer miteinander. An diesen Dialekt hat sich Gian-Luca Itter längst gewöhnt. Ebenso an die alemannischen Töne aus dem Breisgau.



Zur Person

Gian-Luca Itter (21) stammt aus dem Grävenwiesbacher Ortsteil Mönstadt und startete bei der Jugend des FC Cleeberg mit dem Fußballspielen- 2011 wechselte er zu Eintracht Frankfurt. Mit der U 15 der Mainstädter gewann er in der Saison 2014/15 die süddeutsche Meisterschaft. Im Januar 2015 zog es ihn zusammen mit seinem Zwillingsbruder Davide-Jerome zum VfL Wolfsburg. Im Januar 2017 unterzeichnete der 21-Jährige beim VW-Club in Niedersachsen seinen ersten Profivertrag. Im Sommer 2019 verpflichtete ihn der SC Freiburg. Itter spielt seit der U 15 für die Auswahlmannschaften des DFB und durchlief seitdem bis zur U 20 alle Nationalteams. Sein jüngster Bruder Ben gilt ebenfalls als großes Talent. „Viele sagen, dass er besser ist als ich. Aber das kann ich noch nicht bestätigen“, sagt Gian-Luca Itter mit einem Lachen. (tis)

Aufrufe: 021.1.2020, 06:00 Uhr
Tim Straßheim (WNZ)Autor