2024-05-02T16:12:49.858Z

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Martin Schweizer  | Foto: Patrick Seeger
Martin Schweizer | Foto: Patrick Seeger

Martin Schweizer: "Wir bekommen gut erzogene Jungs"

BZ-Interview mit Martin Schweizer, Leiter der Freiburger Fußballschule, über Strukturen, Konzepte und seine Ziele

Martin Schweizer hatte zuletzt alle Hände voll zu tun. Seitdem der Betrieb eines Nachwuchsleistungszentrums vom DFB vorgeschrieben ist, müssen die Profivereine Zertifizierungsverfahren durchlaufen. Am Montag hatte der SC Freiburg die Unterlagen für die aktuelle Periode eingereicht. Am Samstag (14 Uhr) liegt der Fokus jedoch auf dem Rasen im Möslestadion. Vor dem Saisonstart der U23 in der Regionalliga traf sich Schweizer, Sportlicher Leiter der Fußballschule, mit unserem Mitarbeiter Dominik Hassel zum Gespräch.

BZ: Herr Schweizer, der Aufstieg der U23 ist nun schon zwei Monate her. Mit welchen Gefühlen denken Sie daran zurück?
Schweizer: Unmittelbar danach war ich sehr erleichtert, dass wir den Malus des Abstiegs ausbügeln konnten, an dem ich als Trainer mitbeteiligt war. Wir waren vergangene Saison sehr souverän, so dass man im Nachhinein sagen kann: Total verdienter Aufstieg. Jetzt überwiegt die Vorfreude auf eine spannende Spielzeit.

BZ: Worauf muss sich die Mannschaft in der Regionalliga einstellen?
Schweizer: Der Unterschied zur Oberliga ist eine andere Stufe der Professionalität und Qualität. Die Liga hat richtig gute Teams: Einerseits Zweite Mannschaften von Vereinen, die finanziell noch einmal anders aufgestellt sind als wir, andererseits ambitionierte Teams mit Tradition, die aufsteigen wollen – und entsprechend auch Geld hinlegen. Zudem ist es noch eine andere Art von Körperlichkeit. Technisch und taktisch müssen wir uns aber vor niemandem verstecken.

BZ: Welches Profil mussten die Neuzugänge erfüllen?
Schweizer: Die Orientierung ist ähnlich dem Profil eines „Jungprofis“. Wir haben also junge, hungrige, aufstrebende Spieler gesucht, die einen guten Charakter haben und gegen den Ball arbeiten wollen – im Idealfall haben sie im Spiel mit dem Ball dann noch eine besondere, herausragende Fähigkeit. Jetzt haben wir eine spannende Mischung mit extrem viel Talentpotenzial und einem erfahrenen Grundgerüst zusammengestellt, es herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf.

BZ: Was erhoffen Sie sich von der neuen Spielzeit?
Schweizer: Das tabellarische Minimalziel ist der Klassenerhalt. Oberste Priorität hat für uns aber immer, dass der ein oder andere von den Jungs oben anklopfen und Fuß fassen kann. Ob das in einem, zwei oder drei Jahren passiert – das weiß heute keiner. Wir können ja nicht in die Glaskugel schauen. Wir versuchen aber, sie bestmöglich zu begleiten und ihnen alle Chancen zu bieten.

BZ: Kolja Herrmann, Fabian Rüdlin und Mohamed Dräger fuhren mit den Profis ins Trainingslager nach Schruns. Was bedeutet das für deren Entwicklung?
Schweizer: Es gilt, diese Möglichkeit als Lernchance wahrzunehmen. Was fehlt mir noch? Wo will ich hin? Sie sollen für sich die richtigen Schlüsse aus der Erfahrung ziehen und sich nicht an der Frage festhalten, in welchem Kader sie trainieren – das wäre mein Wunsch. Natürlich ist die Teilnahme am Trainingslager aber auch ein Ausdruck von Wertschätzung.

BZ: Was bewirkt das bei denen, die nicht ausgewählt wurden?
Schweizer: Ich hoffe, dass sie es als Anreiz sehen. Bei uns gibt es einen regen Austausch zwischen den Trainingskadern. Zudem haben wir seit einem Jahr ein sogenanntes Verbindungstraining installiert: Alle zwei Wochen treffen sich zehn, zwölf ausgewählte Spieler aus der U17, U19 und U23 zu einem Training, angeleitet von einem Co-Trainer der Profis und von mir. Das signalisiert den Spielern: Wir haben sie auf dem Radar.

BZ: Auf dem Radar waren in den vergangenen Jahren einige Spieler. Jonas Föhrenbach war 2015 aber der Letzte, der einen Profivertrag bekam. Beunruhigt Sie die geringe Quote?
Schweizer: Wir müssen uns, denke ich, nicht verstecken. Lukas Bohro und Constantin Frommann haben sich zum Beispiel in aussichtsreicher Position schwer verletzt. In der internen Bewertung müssen wir das mit berücksichtigen. Das geht in der Beobachtung von außen natürlich unter, und dann sieht man nur: 2015, Jonas Föhrenbach. Wir werden aber alles in die Waagschale werfen, dass wir wieder vermehrt Spieler nach oben bringen.

BZ: Heißt konkret?
Schweizer: Es gibt kein Pauschalrezept. Unabdingbar ist, dass wir an unseren Spielern eng dran sind und trotz der „Entscheider-Rolle“ immer auch Unterstützer sind. Elementar war zudem die Schaffung des Postens eines Sportlichen Leiters der Fußballschule – und das sage ich betont unabhängig von meiner Person. Es ist wichtig, dass die Fäden bei jemandem zusammenlaufen, der keine eigene Mannschaft trainiert. Die Umstrukturierung hat uns nach vorn gebracht und sorgt für einen ganzheitlichen Ansatz: Kaderplanung, Spielidee, Fortbildung, Scouting – all das gehört zusammen, und hier wollen wir uns noch weiter verbessern.

BZ: Welche Rolle spielt die externe Konkurrenz?
Schweizer: Die Situation ist eine komplett andere als vor zehn Jahren. Damals waren wir mit der Freiburger Fußballschule absoluter Vorreiter, hatten schon mehrere hauptamtliche Trainer, eine tolle Infrastruktur, eine fortschrittliche Spielidee. Andere haben sich die besten Dinge abgeschaut, der Betrieb eines Nachwuchsleistungszentrums wurde für die Erst- und Zweitligisten zur Pflicht. Seitdem werden für viel Geld überall Talentschmieden aus dem Boden gestampft. Keine Frage: Auch wir geben, gemessen am Gesamtetat, viel Geld für die Fußballschule aus. Aber die Konkurrenzsituation hat sich deutlich verschärft.

BZ: Ist die beengte geografische Lage ein zusätzlicher Nachteil?
Schweizer: Das würde ich nicht überbewerten. Wir haben nicht den Einzugsbereich eines Ballungsgebiets. Wir sehen das aber positiv und münzen den vermeintlichen Standortnachteil in einen Vorteil um. Die Region produziert sehr aufnahmefähige Spieler – wir bekommen gut erzogene Jungs, die eine tolle Arbeitsmoral mitbringen und vernünftige Werte vorgelebt bekommen haben.

BZ: Zum Schluss noch ein Wort zum Aufreger der Sommerpause: Was halten Sie von den geplanten Spielen der Regionalligisten gegen die chinesische U-20-Nationalmannschaft?
Schweizer: Leider kennt wohl keiner alle Hintergründe dieser Entscheidung, dann könnte man sich ein besseres Bild machen. Hier gibt es viele Aspekte zu beachten: Spielrhythmus, Spielzeit für die Spieler, aber auf der anderen Seite auch die Gesamtentwicklung des Fußballs. Am Ende haben wir uns dazu entschieden, das Spiel wahrzunehmen.


Martin Schweizer: Der 37-Jährige ist seit 2016 Sportlicher Leiter der Freiburger Fußballschule. Zuvor war er jahrelang als Trainer der U14, U15, U16, U17, U18, U19 und U23 beim SC Freiburg tätig. Im März vergangenen Jahres absolvierte Schweizer zudem erfolgreich die Ausbildung zum Fußballlehrer. Die höchste Trainerlizenz berechtigt zur Betreuung einer Profimannschaft.

Aufrufe: 027.7.2017, 21:00 Uhr
Dominik Hassel (BZ)Autor