2024-05-08T14:46:11.570Z

Interview
Fotomontage: www.paulmedia.lu / José Marin - SC Bettemburg
Fotomontage: www.paulmedia.lu / José Marin - SC Bettemburg

José Marin: der SC Bettemburg ist eine große Familie

Damen-Co-Trainer und SCB-Vorstandsmitglied José Marin über den Frauenfußball in Bettemburg und den Gewinn der Meisterschaft nur fünf Jahre nach der Gründung der Damenabteilung

Bettemburg wurde in der vergangenen Saison zum ersten Mal Meister bei den Damen. Können Sie uns kurz die Entwicklung über die Jahre hinweg bis zu diesem Triumph erörtern?

Ich persönlich bin erst in zweiten Jahr nach der Einführung des Damenfußballs in Bettemburg zur Mannschaft gestoßen, als meine Tochter von den Jungs rüber wechselte. Zuvor hat David Nunes, der jetzige Cheftrainer, die Möglichkeit gesehen, ein Damenteam aufzubauen. Er hat versucht, genug Mädchen zusammenzubekommen und das klappte von Anfang an gut, viele Mädels wollten damals mit dem Fußballspielen anfangen. Das Projekt startete im Januar 2012, im folgenden September waren wir in der 3.Division eingeschrieben.


D.h. innerhalb von fünf Jahren von Null zum Meistertitel?

Ja, richtig!


Nicht schlecht!

Im ersten Jahr in der 3.Division wurden wir Meister, im zweiten Jahr wurden wir Zweiter wodurch wir in die 1.Liga aufgestiegen sind. Dort konnten wir fast alle Clubs überraschen und wurden nur aufgrund des Torverhältnisses nicht Meister. Wir waren punktgleich mit Junglinster, hatten aber eine um zwanzig Tore schlechtere Differenz, wenn ich mich richtig erinnere.

Im dritten Jahr haperte es dann etwas, wir hatten einige Verletzte und in ein paar Spielen lief es nicht so gut und so wurden wieder erneut „nur“ Zweiter. In der vergangenen Saison hat sich die Arbeit der Jahre davor ausbezahlt. Die Mädels haben sich richtig angestrengt und Dany (d.Red.: Cheftrainer Daniel Nunes) hat ebenfalls eine super Arbeit geleistet. Wir beide verstehen uns auch sehr gut.


Im Sommer habt ihr dann auch in der Women‘s Champions League teilgenommen. Was können Sie uns über die Erfahrungen berichten, die ihr dort gemacht habt?

Positiv war alleine schon die Teilnahme! Wir lernten, dass der Luxemburger Damenfußball noch vielleicht ein wenig hinterher hinkt. Aber man muss auch bedenken, dass wir bei diesem Turnier nicht unsere komplette Meistermannschaft zur Verfügung hatten. Ein Mädchen riss sich nur eine Woche vor der Champions League die Kreuzbänder, eine weitere junge Dame konnte den Weg nicht antreten, da sie durch ihre Tätigkeit in der Armee eine Mission im Kosovo zu absolvieren hatte. Als Ersatz fuhren dann Mädchen aus unserer zweiten Mannschaft mit. Technisch sollten diese das Niveau gehabt haben, aber es fehlte doch sehr an der Spielpraxis.

Wir haben aber viele wichtige Erfahrungen bei diesem Turnier sammeln können! Auf diesem Level ist der körperliche Einsatz z.B. viel höher, was hier nicht so der Fall ist. Meine Tochter als Stürmerin z.B. hat auch gelernt, dass sie trotz ihrer offensiven Position verteidigen kann und muss. Das erste Spiel, das wir 0-8 verloren hatten, war nicht mal direkt der Fehler der Mannschaft. Ich, der auch Vorstandsmitglied in Bettemburg ist, sage, dass es auch ein Fehler des Vorstandes war, dass wir Montags den ganzen Tag unterwegs waren, dann wurde Abends noch trainiert, gemeinsames Abendessen und am nächsten Tag wurden wir schon um 8 Uhr früh für das Spiel abgeholt. Die Mannschaft war müde und gebrochen, dadurch ist dieses 0-8 nicht die Partie, die man als Referenz heranziehen sollte.

Ich denke, das 0-3 gegen den bosnischen Meister ist ehe eine solche. Dieser Gegner war vierzehn Mal in Serie Titelträger in Bosnien und das Ergebnis gegen diese Mannschaft ist sehr respektabel! Und gegen den Meister aus Albanien haben wir nur 0-2 verloren. Das Spiel hätten wir in der zweiten Halbzeit sogar drehen können, da die Albanerinnen physisch am Ende waren, ein Unentschieden wäre verdient gewesen. Aber was will man machen, wir hatten unsere Torchancen einfach nicht genutzt!


Welche Clubs kommen Ihrer Ansicht nach in den kommenden Jahren weiter nach oben im Damenfußball? Wird die Leistungsdichte enger werden?

Ich würde sagen, dass es sechs Mannschaften gibt, die da in Frage kommen. Ich will auch nicht, dass immer nur über Junglinster und Bettemburg gesprochen wird, denn dann werden wir von jedem gejagt. Ell hat z.B. ein wunderbares Team und sie haben ein gutes Gerüst mit einer zweiten Mannschaft und „Jeunes Filles-“-Teams. Dort wird viel aufgebaut. Generell kann man sagen, dass ein guter Verein einen Unterbau haben muss.

Ich nehme uns als Beispiel: wir in Bettemburg spielen jetzt schon seit drei Jahren mit einer ersten und zweiten Mannschaft sowie reinen Mädchenteams im Jugendbereich, wir hatten eine U17 und zeitweise fast siebzig Spielerinnen im Club. Junglinster hat jetzt auch eine zweite Damenmannschaft angemeldet, Racing hatte auch versucht ein zweites Team aufzubauen, d.h. viele arbeiten hart in unserem Bereich.

Für mich werden in Zukunft – neben Junglinster und uns – Ell, Racing, Mamer und Niederkorn oben dabei sein. Nicht unterschätzen sollte man auch noch die Entente Itzig und die Entente Rosport. In der laufenden Saison sind diese in der Lage, den Spitzenclubs wehzutun.


Wird das spielerische Niveau in dieser Saison dadurch erhöht?

Im Damenfußball hier in Luxemburg ist es oft so, dass wenn man vier, fünf gute Frauen hat und man nimmt noch ein paar hinzu, die diesen helfen, dann hat man eine gute Mannschaft. Man braucht nicht unbedingt gleich elf gute Spielerinnen. Wenn man jetzt elf gute haben sollte, würde man über dem Durchschnitt liegen.

Wir verfügen in Bettemburg im Moment über eine super Mannschaft. Das kommt aber nicht daher, dass wir Spielerinnen holen, sie kommen aus dem Verein und sie verstehen sich schon seit fünf Jahren sehr gut. Und wenn ein Team so gut funktioniert, kann man schon fast mit verbundenen Augen spielen.


Sie sind der Vater eurer Top-Spielerin Karen Marin. Kann man als Trainer bzw. Co-Trainer in einem solchen Fall immer neutral handeln?

Ja, ganz klar! Zu Beginn habe ich sie überhaupt nicht beobachtet, eben aus Gründen der Neutralität. Ich sagte mir, wenn ich Karen jetzt dieses und jenes sage, vergesse ich vielleicht die Positionen hinten links oder vorne rechts und dann werde ich kritisiert. Also habe ich zuhause, bevor wir zum Fußballplatz fuhren, mit ihr gesprochen um das nicht vor der versammelten Mannschaft tun zu müssen. Anfangs hat sie das aber nicht verstanden, damals war sie ja noch jünger. Doch mittlerweile geht es und ich habe hundertprozentiges Vertrauen in sie, da ich weiß, dass sie auf dem Platz weitestgehend die richtigen Entscheidungen trifft.

Zu Beginn wurde natürlich gesagt, ich wäre zu viel auf sie fokussiert und es ist in der Tat schwer, wenn man als Co-Trainer auf der Bank sitzt und die eigene Tochter spielt. Doch wie gesagt: der SC Bettemburg ist eine große Familie. Ich werde nächstes Jahr fünfzig und ich trainiere Mädels von 16, 17, 18 Jahren und da bin ich dann irgendwie für alle Mädchen trotzdem eine Art Vaterfigur und versuche als solche ihnen die richtigen Ratschläge zu geben!

Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

Aufrufe: 011.11.2017, 10:00 Uhr
Paul KrierAutor