2024-05-10T08:19:16.237Z

Im Nachfassen
Ratlose Mienen: Die enttäuschten Patrick Herrmann (li.) und Maik Kegel nach der 0:2-Niederlage in Münster.
Ratlose Mienen: Die enttäuschten Patrick Herrmann (li.) und Maik Kegel nach der 0:2-Niederlage in Münster.

"Ruppige Art" im Zweikampf fehlt

Nach der erneuten Niederlage von Holstein Kiel

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Die Probleme sind offensichtlich. In der Defensive sind es nicht die grundsätzlichen Dinge, die Holstein Kiel fehlen - wohl aber Woche für Woche wieder individuelle Patzer immer wieder anderer Akteure. In der Offensive hapert es dagegen auch an den wesentlichen Dingen, die für erfolgreichen Fußball in der 3. Liga unabdingbar sind.

,,Wir müssen es schleunigst schaffen, diese dreckige ruppige Art wieder an den Tag zu legen, mit der Spiele entschieden werden", sagte ein ernüchterter Holstein-Trainer Karsten Neitzel und fasste damit die wesentlichen Dinge treffend zusammen. ,,Wichtig ist, dass die Mannschaft bald wieder eine ähnliche Einheit bildet wie wir sie in der vergangenen Saison auf dem Platz hatten", erklärte Präsident Roland Reime.

Was die fußballerische Analyse betrifft, gibt es noch positive Ansätze. Die läuferische Arbeit in der Defensive nehmen alle Akteure an. Dass Holstein ausgespielt oder klassisch ausgekontert wird, weil einzelne Spieler nicht defensiv arbeiten, kommt derzeit nicht vor. ,,Wir wollten verhindern, dass Münster durch individuelle Klasse zu Toren kommt", erklärte Neitzel, der deshalb auf extremes Pressing verzichtet hatte und einen freien Mann in der Viererkette aufgeboten hatte. ,,Das ist ja auch aufgegangen", stellte er fest. An Holsteins spielerischen Qualitäten im Mittelfeld gab es auch in Münster nur wenig zu bemäkeln. ,,Wir haben über weite Strecken gar kein schlechtes Spiel gemacht, auch wenn sich das scheiße anhört", erklärte Kapitän Maik Kegel, fügte aber die selbstkritischen Ansätze ebenfalls hinzu: ,,Wir bekommen einfach Tore, die man nicht bekommen darf, und wir spielen vorne einfach viel zu umständlich."

Das traf den Kern. Waren im Vorjahr Standards noch die große Kieler Stärke, mit der man vorne wie hinten Spiele entschied, so machen die ,,Störche" nun vorn wenig aus ruhenden Bällen und kassieren hinten einiges. Die Kasse, in die der schuldige Spieler bzw. die Mannschaft nach jedem Standardgegentor 500 Euro einzahlen muss, ist schon jetzt deutlich praller gefüllt als im Vorjahr. ,,Wie die Mannschaft das intern regelt, ist mir egal", sagte Neitzel, der die Summe erst bei Erreichen einer bestimmten Punktzahl für die Mannschaftskasse freigibt. Am Sonnabend mussten Manuel Schäffler und Tim Siedschlag zahlen, die gegen Marco Pischorn zugeteilt waren. ,,Es war klar, dass Pischorn der kopfballstärkste Spieler ist. Wir kannten die Laufwege", schimpfte Neitzel. ,,Trotzdem kommt er so frei an den Ball. Das darf nicht sein."

Das 2:0 zehn Minuten war zwar kein Standard, aber ebenfalls eine alltägliche Situation. Es reichte eine Körperdrehung von Marcel Reichwein, die Verteidiger Rafael Czichos nicht unterband. ,,Da muss er den Fuß dazwischen bekommen, wenn ihm in der Situation niemand hilft", sagte Neitzel. Zudem ließ der erneut unsicher wirkende Robin Zentner den keineswegs unhaltbaren Flachschuss passieren.Doch die Kieler verloren die Partie nicht nur durch Fehler in der Defensive. ,,Der Gegner macht aus seinen ersten beiden Chancen zwei Tore. Und wir sind vorne einfach viel zu harmlos", konstatierte Geschäftsführer Wolfgang Schwenke. ,,Wir haben in ein paar Situationen ja sogar noch Glück gehabt."

Die Offensivprobleme sind vor allem in vorderster Front auszumachen. Dabei ist es weniger die Torquote als vielmehr die Zweikampfstärke, die bei Marc Heider und Manuel Schäffler nicht mehr mit der Vorsaison vergleichbar ist. Saliou Sané ist ohnehin ein Schatten seiner selbst, Manuel Janzer scheint noch gar nicht in Kiel angekommen zu sein. ,,Wir schaffen es nicht, die Zweikämpfe zu gewinnen und vorne die Bälle zu behaupten", erklärte Neitzel. ,,Das ist ein extremes Problem. Über außen sieht das ja teilweise ganz ordentlich aus. Aber im Zentrum passiert einfach zu wenig."

Der Trainer kündigte an, es in der kommenden Woche gegen den Tabellendritten Großaspach vielleicht auch mit einer Änderung im Spielsystem zu versuchen und nur noch einen echten Stoßstürmer aufzubieten. Damit wären die zentralen Mittelfeldspieler, die fußballerische Qualitäten mitbringen, noch mehr gezwungen, in die torgefährlichen Räume vorzustoßen. ,,Wir haben schon in den vergangenen Jahren aus dieser Position zu wenig Tore gemacht", erklärte Neitzel bereits nach der Versetzung von Tim Siedschlag auf die ,,Sechserposition", der gegen Dresden prompt aus dieser Position getroffen hatte. ,,Wir brauchen wieder die Leichtigkeit. Die holen wir uns nur über den Torerfolg zurück. Dazu müssen alle Spieler auch mal über den Punkt hinaus gehen, wo es weh tun kann."
Aufrufe: 02.11.2015, 16:30 Uhr
SHZ / cjeAutor