2024-05-10T08:19:16.237Z

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Die Jugendspieler des VfB Stuttgart sollen auf eine Privatschule wechseln. Diese Entscheidung schlägt nun Wellen. Foto: Stutz
Die Jugendspieler des VfB Stuttgart sollen auf eine Privatschule wechseln. Diese Entscheidung schlägt nun Wellen. Foto: Stutz

Rückzug des VfB Stuttgart aus Schulen schlägt Wellen

Die Jugendspieler des VfB Stuttgart sollen auf eine Privatschule wechseln. Diese Entscheidung schlägt nun Wellen

Der Schritt des VfB Stuttgart, seine Nachwuchsspieler künftig auf der privaten Kolping-Akademie zur Schule zu schicken, hat nicht nur städtische Eliteschulen kalt erwischt, sondern auch beim Olympiastützpunkt Stuttgart Überraschung hervorgerufen.

Die baden-württembergische Kultus- und Sportministerin Susanne Eisenmann (CDU) macht Ernst: Als Reaktion auf die spontane Ankündigung des VfB Stuttgart, die Zusammenarbeit mit den staatlichen „Eliteschulen des Fußballs“ in Stuttgart zu beenden und die Nachwuchskicker bei der privaten Kolping-Akademie in Fellbach unterzubringen, hat sie Gesprächsbedarf beim Landessportverband (LSV) und beim Württembergischen Fußballverband (WFV) angemeldet. Die Angelegenheit nimmt sie auch deshalb ernst, weil sie den Vorsitzenden des Kolping-Bildungswerks, Klaus Vogt, gut kennt. Der frühere Wirtschaftsförderer der Stadt ist ein alter Parteifreund, der Eisenmann in ihrer Zeit als Stuttgarter Schulbürgermeisterin Konkurrenz machte.

„Mit Verwunderung“ habe sie die aktuelle Entwicklung zur Kenntnis genommen, heißt es im Schreiben an die Verbände. Der vom neuen VfB-Präsidenten verkündete Schritt werde nicht folgenlos bleiben. Wegen des Aderlasses gelte es, die zukunftsfähige Ausrichtung intensiv zu diskutieren. Alarmiert zeigt sich Eisenmann von einem angeblich geplanten Treffen zwischen dem VfB und dem Leiter des Olympiastützpunkts (OSP), Thomas Grimminger. Sie befürchtet, dass auch die Top-Athleten anderer Sportarten zur Kolping-Akademie wechseln könnten und das Verbundsystem der Eliteschulen des Sports gefährdet werde. Eisenmann ist sicher, „dass diese die Entwicklungen ebenfalls kritisch beobachten und sich entsprechend positionieren“. Vogt erklärte: „Wir konzentrieren uns auf den VfB – an eine Ausweitung ist nicht gedacht.“


DFB nicht überrascht vom Schritt des VfB Stuttgart


Grimminger betonte, der OSP Stuttgart stehe mit seinen Partnerverbänden zum System „Eliteschule des Sports“. Durch die große Zahl ihrer Athleten könne der hohe Betreuungsstandard gehalten werden – allein aus den Stuttgarter Eliteschulen seien es rund 160 Leistungssportler. Für die Athleten aus anderen Sportarten würden deshalb „keine spürbaren Nachteile“ entstehen. Grimminger zeigte sich aber überrascht vom VfB: In keinem der bis zu fünfmal im Jahr stattfindenden Treffen sei über den Austritt des VfB Stuttgart gesprochen worden – obwohl jedes Mal Vertreter des Bundesligisten anwesend gewesen seien.

Zumindest offiziell nicht überrascht vom Schritt des VfB scheint der Deutsche ­Fußballbund (DFB) zu sein: „Es gibt keine Irritationen“, versichert man dort. „Es werden Gespräche geführt, um eine bestmögliche Ausbildung der Talente zu gewährleisten.“ Und: „Alle Institutionen sind daran beteiligt.“ Der VfB nennt vor allem zwei Gründe für die Abkehr von den staatlichen Eliteschulen des Fußballs: Die Kolping-Akademie biete alle Schulformen an, und der Weg vom VfB-Nachwuchsleistungszentrum an der Mercedesstraße nach Fellbach sei kurz, die Flexibilität höher. Beides stimmt nur bedingt. Noch ist die dortige Realschule nicht staatlich anerkannt. Dies kann sich aber bald ändern. Laut Kolping-Akademie befindet sich das allgemeinbildende Gymnasium derzeit bis Klasse acht im Ausbau, die Realschule bis Klasse neun – „für das G 9 und die Realschule sind alle Voraussetzungen der Anerkennung erfüllt, die staatliche Anerkennung ist beantragt und zugesagt“, erklärt Frederik Merz vom Kolping-Bildungswerk. Er versichert: „Die Schüler müssen keine Schulfremdenprüfung machen.“ Laut Regierungspräsidium ist die Anerkennung des Gymnasiums (G 9) aber frühestens im September 2018 möglich. Als Alternativen bleiben den älteren Sportlern zwei berufliche Gymnasien, zwei Berufsoberschulen sowie zwei Berufskollegs – die laut RP allesamt staatlich anerkannt sind.


Lehrer könnten auf dem VfB-Gelände unterrichten

Der VfB teilt mit, die Kolping-Akademie könne mit verschiedenen Schulformen jedem Jugendlichen „einen Weg“ zu seinem Schulabschluss anbieten. Zu behaupten, dass alle Schulformen und Klassen angeboten werden könnten, „wäre sicherlich unseriös“. Letztlich, so der VfB, würden die Eltern entscheiden. Bei den Gesprächen müsste der Schulweg thematisiert werden: Gegenüber den Eltern argumentiert der VfB mit „Zeitersparnis durch weniger Wegstrecken“. So kurz wie vom Verein behauptet – es war nur von der Dauer der Bahnfahrt die ­Rede – ist er nicht. Zwar fährt man mit der ­S-Bahn von Bad Cannstatt nach Fellbach in nur sieben Minuten. Es warten vor und hinter der S-Bahn-Station aber 2,5 Kilometer Fußweg, so dass die Schüler wohl rund 40 Minuten unterwegs sind. In einer guten halben Stunde wären sie aber ins Untertürkheimer Wirtemberg-Gymnasium, die benachbarte Lindenrealschule oder die Cotta-Schule im Osten auch gelaufen. Der VfB erklärte nun dazu, die bloße Betrachtung der Entfernung zwischen den Schulen und dem VfB-Gelände greife zu kurz. Die Lehrer könnten so am Nachmittag auf dem Clubgelände unterrichten. Es entfalle der Rücktransport der Schüler vom VfB-Gelände in ihre jeweiligen Schulen. Zudem hätten sie nun günstigere Trainingszeiten.

Gelassen nimmt man im Rathaus die Debatte zur Kenntnis: Der VfB habe in der vorvergangenen Woche die zuständigen Bürgermeister Martin Schairer (Sport) und Isabel Fezer (Schule) informiert. „Ich kann die Enttäuschung der staatlichen Schulen nachvollziehen“, sagt Fezer – aber wenn der VfB sich für einen anderen Schulpartner entscheide, „ist es Sache des VfB“. Schairer betont: „Festzuhalten ist: Die Stadt fördert nicht Leistungssportler und hat auch keinen Einfluss auf die Schulpläne.“

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Aufrufe: 08.2.2017, 16:00 Uhr
Stuttgarter Zeitung / Jörg Nauke und Inge JacobsAutor