2024-05-10T08:19:16.237Z

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Der RSV Walchsing schaffte 2002 den Aufstieg in die Bezirksoberliga
Der RSV Walchsing schaffte 2002 den Aufstieg in die Bezirksoberliga – Foto: privat

Walchsing: Eine Erfolgsstory der etwas anderen Art

Der kleine Dorfverein spielte insgesamt zehn Spielzeiten auf Bezirksebene und war vor allem auf heimischen Geläuf ein gefürchteter Gegner

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Der RSV Walchsing ist das Paradebeispiel dafür, dass auch kleine Dorfvereine durchaus im Konzert der Großen mitmischen können. Insgesamt zehn Spielzeiten durfte der 800-Seelen-Ort, der in der Gemeinde Aldersbach im Landkreis Passau liegt, auf Bezirksebene um Punkte und Tore kämpfen. Zwischen 2002 und 2004 gehörten die Gelb-Schwarzen sogar der Bezirksoberliga Niederbayern an.

Ein Mann, der die Erfolgsstory entscheidend mitprägte ist Walter Zitzlsperger, der in jungen Jahren sogar eine Spielzeit dem Kader des damaligen Drittligisten SpVgg Plattling angehörte. Der Blondschopf ist ein waschechtes RSV-Eigengewächs, das sich im Herrenbereich in der C-Klasse (heutige A-Klasse) seine ersten Sporen verdiente. "Walchsing war zur damaligen Zeit stets Tabellenletzter. Punktgewinne wurden Anfang der 80er Jahre wie Meisterschaften gefeiert", erinnert sich Zitzlsperger zurück. Als Nachwuchstalente wie Gerhard Röckl, Walter und August Zitzlsperger in den Herrenbereich aufrückten, sollte sich das Blatt wenden. 1985 stiegen die RSVler in die B-Klasse auf, ein Jahr später marschierte die Mannschaft um Spielführer Wolfgang Oswald in die A-Klasse. Als 1996 der erstmalige Sprung in die Bezirksliga klappte, waren einige Leistungsträger bereits Anfang 30. Nach nur einer Spielzeit musste der Neuling zurück in die Kreisliga und dem Walchsinger Fußball wurde eine düstere Zukunft prophezeit. "Wir hatten damals schon eine relativ alte Truppe und uns wurde nach dem Abstieg aus der Bezirksliga der sportliche Absturz vorhergesagt", blickt der Inhaber eines bekannten Vilshofener Sportgeschäfts zurück.

1996 schaffte der RSV Walchsing erstmals den Sprung auf die Bezirksebene
1996 schaffte der RSV Walchsing erstmals den Sprung auf die Bezirksebene – Foto: privat

Die vermeintlichen Experten sollten jedoch nicht Recht behalten, denn Walchsing schaffte den sofortigen Wiederaufstieg und konnte sich bis 2007 auf der Bezirksbühne behaupten. "Wir haben fast immer knallhart gegen den Abstieg gekämpft und in der ganzen Zeit gefühlt 20 Relegationsspiele absolviert", berichtet der 55-Jährige, der nicht nur auf dem Spielfeld ein Leader, sondern auch mehr oder weniger für die Kaderplanung verantwortlich war. "In meinem Geschäft haben mein früherer Mitarbeiter Mario Zettl, der einer unserer Leistungsträger war, und ich in den vielen Jahren durch Überredungsgeschick einige Neuzugänge an Land gezogen", lacht Zitzlsperger. Bei den Transfers handelte es sich aber fast ausschließlich um Spieler aus unteren Spielklassen, darunter absolute Volltreffer wie der langjährige Goalgetter Franz Stoiber. "Geld gab es in Walchsing keines, wir mussten mit Argumenten wie Kameradschaft und Zusammenhalt punkten. Wer aber jemals beim RSV gespielt hat, weiß, dass das Drumherum bei uns stets phänomenal war. Ein paar auswärtige Spieler haben dann sogar in Walchsing Haus gebaut und sind seit ihrer aktiven Zeit tief im Verein verwurzelt", berichtet Zitzlsperger.


In ganz besonderer Erinnerung wird die Spielzeit 2001/2002 bleiben. Unter der Regie von Spielertrainer Helmut Höfler spielte der Underdog eine sagenhafte Runde, blieb fünfzehnmal in Folge ungeschlagen und stand am Ende nach einer grandiosen Aufholjagd punktgleich mit dem SV Prackenbach an der Tabellenspitze. "Gegen Ende der Vorrunde lagen wir 16 Punkte hinter Prackenbach. Anfang April haben wir bereits den Klassenerhalt groß gefeiert, denn normal spielten wir immer bis zur letzten Sekunde gnadenlos gegen den Abstieg. Wir konnten unseren Lauf dann von Woche zu Woche verlängern und erzwangen schließlich ein Entscheidungsspiel um die Meisterschaft gegen Prackenbach, das wir in Deggenau glücklich mit 1:0 für uns entscheiden konnten", erzählt Walter Zitzlsperger. Im niederbayerischen Oberhaus wurden den Walchsinger Fußballern dann zunächst die Grenzen aufgezeigt. "Wir haben in der Vorrunde wenig Land gesehen. Im Winter holten wir dann mit Dieter Wenzl einen neuen Spielertrainer, der uns völlig sensationell noch zum direkten Klassenerhalt führte." Auch in der Folge-Spielzeit verkauften sich Hermann, Brunner & Co. teuer, mussten aber letztlich den Gang in die Relegation antreten. Nach einer klaren 1:4-Niederlage gegen den TSV Mauth ging die Bezirksoberliga-Zeit nach zwei Jahren zu Ende. "Wir hatten Mauth damals nicht mehr viel entgegenzusetzen. Unter der Saison mussten wir in jedem Spiel ans Limit gehen und hatten einfach schon eine zu alte Mannschaft. Unsere Akkus waren zu diesem Zeitpunkt komplett leer", erzählt der Blondschopf.

Im Sommer 2003 wurde der RSV nach einem Finalsieg gegen den damaligen Bayernligisten 1. FC Passau Totopokal-Sieger im Fußballkreis Passau
Im Sommer 2003 wurde der RSV nach einem Finalsieg gegen den damaligen Bayernligisten 1. FC Passau Totopokal-Sieger im Fußballkreis Passau – Foto: privat


Immerhin drei Jahre konnten sich die RSVler noch in der Bezirksliga behaupten, ehe es im Sommer 2007 zurück in die Kreisliga und nur ein Jahr später in die Kreisklasse ging. "Irgendwann war das sportliche Niveau nicht mehr zu halten. Das war aber überhaupt kein Beinbruch, denn unsere tolle Zeit wird immer in unvergessener Erinnerung bleiben", sagt Zitzlsperger. Neben den Liga-Erfolgen gewannen die Walchsinger Kicker im Sommer 2003 sensationell den Totopokal im Fußballkreis Passau. Im Endspiel schlugen Voggenreiter, Felixberger, Stingl und Kameraden auf heimischen Geläuf den damaligen Bayernligisten 1. FC Passau. Zudem konnte sich der kleine Dorfverein beim traditionellen "UnserRadio-Cup" des FC Vilshofen gleich zweimal in die Siegerliste eintragen. Neben dem vorbildlichen Zusammenhalt gab es noch weitere Erfolgsfaktoren. "Wir hatten immer sehr gute Spielertrainer wie Reinhard Föckersperger, Helmut Höfler und Dieter Wenzl. Zudem ist uns natürlich in vielen Spielen unser kleiner Platz zugute gekommen. Fußballerisch waren wir den meisten Gegner klar unterlegen und mussten es deshalb über den Kampf richten. Ich glaube, in Walchsing hat kein Verein gerne gespielt", schmunzelt Zitzlsperger.

Die goldene Walchsinger Zeit ist zwar längst vorbei, dennoch ist die Welt beim Ex-Bezirksoberligisten immer noch in Ordnung. Aktuell ist das Team der beiden Spielertrainer Stefan Zitzlsperger - Sohn des langjährigen Abwehrchefs Gust - und Thomas Wallner in der A-Klasse Vilshofen klar auf Meisterschaftskurs. "Es wäre schön, wenn wir uns wieder in der Kreisklasse etablieren könnten. Das wäre für unseren Verein die optimale Liga", meint Walter Zitzlsperger. Abseits des grünen Rasens steht die aktuelle Truppe der früheren Generation in nichts nach. "Nach jedem Heimspiel sind 60, 70 Leute im Vereinslokal. Das ist in der heutigen Zeit bemerkenswert und darauf kann der RSV Walchsing nach wie vor sehr stolz sein", sagt der Mann, der diesen Verein seit Jahrzehnten wie kein Zweiter lebt.

Aufrufe: 08.12.2020, 14:00 Uhr
Thomas SeidlAutor