2024-04-16T09:15:35.043Z

Allgemeines
Endlich wieder um Punkte kämpfen: Das wollen nicht nur die Fußballer im Landkreis. Aber nach der jüngsten Entscheidung der Staatsregierung müssen sie sich noch weiter gedulden.
Endlich wieder um Punkte kämpfen: Das wollen nicht nur die Fußballer im Landkreis. Aber nach der jüngsten Entscheidung der Staatsregierung müssen sie sich noch weiter gedulden. – Foto: Hermann Weingartner

Re-Start-Frust: Moosinnings Kaifel tobt - JFG Sempt fordert Dialog

"Nicht mehr verhältnismäßig"

Im Kreis Erding machte sich genauso wie Bayern, Frustration nach der Entscheidung der Staatsregierung breit. Die Funktionäre monieren die nicht gegebene Verhältnismäßigkeit.

Landkreis Das Warten auf die Wiederaufnahme des Wettkampfspielbetriebs mit Zuschauern für die bayerischen Fußballvereine geht weiter, denn der Ministerrat hat in seiner Kabinettssitzung am Dienstag keine erhofften Lockerungen erlassen – sehr zum Missfallen von Dr. Rainer Koch, dem Präsidenten des Bayerischen Fußball Verbands (BFV). Er fordert die Vereine auf, in einer Online-Abstimmung unter anderem darüber zu entscheiden, ob der BFV gerichtlich gegen die Entscheidung der Staatsregierung vorgehen soll (siehe Kasten unten).

„Ich befürchte, dass der Liga-Pokal, den ich als geniale Idee des BFV halte, wohl abgesagt werden muss, denn uns fehlt wohl die Zeit, zwei Wettbewerbe durchzuziehen, und die oberste Priorität sollte aus meiner Sicht der Beendigung der Punktspielsaison 2019/20 gelten“, sagt der Altenerdinger Abteilungsleiter Andreas Heilmaier. Auch im Juniorenbereich werde die Zeit immer enger. „Wenn wir erst Anfang/Mitte Oktober starten können, dann bringen wir die Herbstrunde nicht mehr durch, denn wir brauchen bis zu acht Wochen, und dann sollen noch Relegationsspiele für Auf- und Abstieg folgen, sodass wir wahrscheinlich erst kurz vor Weihnachten fertig wären und das ist nicht möglich“, drückt Heilmaier seine Befürchtungen aus.

Karl Thumbs, Vorsitzender FC Moosinning: Vorgehen der Staatsregierung kräfteraubend

Wie so viele Vereinsvorsitzende schätzt auch Moosinnings Chef Karl Thumbs die Lage sehr pessimistisch ein: „Ich muss sagen, allmählich wird das Ganze sehr zäh. Die Entscheidung der Staatsregierung stößt natürlich überall auf Unverständnis, und wenn man das alles so verfolgt, glaube ich ehrlich gesagt nicht mehr daran, dass dieses Jahr noch gespielt wird.“

An der Online-Abstimmung werde sich der FC Moosinning beteiligen. „Unsere Fußball-Abteilung ist ganz klar der Meinung, dass die Entscheidung der Staatsregierung nicht in Ordnung ist, dass in diesem Jahr noch Punktspiele stattfinden sollen und dass der Verband gerichtlich vorgehen sollte“, betont Thumbs. Ähnlich hin- und hergerissen ist FCM-Abteilungsleiterin Frauen, Britta von Hermanni. Zuschauer sind für sie im Frauenfußball kein Problem, sie glaubt aber unabhängig von der Dauer einer Klage nicht daran, dass sie Erfolg hätte. „Zudem wird es halt sportlich immer schwieriger, sich vernünftig vorzubereiten, wenn man nicht weiß, woran man ist“, sagt sie und findet die Situation „ganz einfach mistig“.

Max Kaifel, Jugendleiter FC Moosinning, nimmt Staatsregierung und BFV in die Mangel

„Das ist nicht mehr verhältnismäßig“, schimpft Moosinnings Jugendleiter Max Kaifel. „In Leipzig dürfen über 8000 Zuschauer zu RB gehen, bei uns keine 50. Das kann ich nicht nachvollziehen.“ Was ihm außerdem nicht passt: „Der BFV redet sich auf den Staat raus, verbockt aber auch einiges.“ Spiele seien angesetzt und immer wieder verschoben worden.

Schwer im Magen liegt Kaifel die Situation im Jugendbereich. Er fragt sich: „Warum starten wir nicht mit Geisterspielen?“ Erziehungsberechtigte dürften ja zuschauen, „ansonsten ist doch eh keiner da, außer ein paar Omas und Opas“. Außerdem werde es immer schwieriger, die Kinder nur mit Training bei Laune zu halten. „Es gehört einfach ein Wettkampf her“, fordert Kaifel, der aber noch eine andere Gefahr sieht, wenn der Saisonstart im Nachwuchs noch weiter noch hinten geschoben werden sollte. „Dass Kinder im Herbst Schnupfen haben, ist doch normal. Aber was passiert dann, wenn einige verschnupft sind?“, fragt er sich. Vor Oktober werde die Punktrunde sicherlich nicht beginnen können, meint Moosinnings Jugendleiter. „Aber realistisch gesehen glaube ich nicht, dass dieses Jahr überhaupt noch angepfiffen wird.“

Mayls Majurani, Pressesprecher der JFG Sempt Erding, bevorzugt Dialog anstatt Klage

„Rechtliche Schritte verhärten normalerweise die Fronten“, weiß Mayls Majurani, Pressesprecher der JFG Sempt Erding. „Solche Probleme sollte man daher im Dialog lösen können.“ Er schränkt jedoch ein: „Aber wenn die Staatsregierung stur bei ihrer Meinung bleibt, bleibt auch nicht viel anderes übrig, als zu klagen.“ Der JFG-Sprecher weist darauf hin, dass mittlerweile so vieles wieder erlaubt ist: „Da sollte auch dieses schöne Spiel dazugehören.“ Einig ist er sich mit Kaifel, dass man vor allem im Jugendbereich endlich wieder beginnen könne. „Wahrscheinlich kann man nirgendwo so leicht Abstand halten wie am Fußballplatz – vor allem im Jugendbereich, wo die Zahl der Zuschauer noch überschaubarer ist als im Herrenbereich“, stellt Majurani fest. „Wir haben wirklich lang genug gewartet. Deshalb werden wir für eine Klage stimmen.“

„Wir haben eine ganz einfache Meinung“, sagt Benji Tas, Trainer des Kreisklassisten FC Türkgücü Erding. „Wir dürfen Freundschaftsspiele bestreiten, aber keine Punktspiele. Wo ist bitte die Logik?“ Wofür habe man denn dann ein Hygienekonzept? „30 Spieler plus Schiedsrichter werden pro Vorbereitungsspiel eingesetzt, dann spielt meistens noch die zweite Mannschaft davor oder danach, da sind es dann 60 Personen, die irgendwie an einem Spieltag zusammenkommen“, rechnet Tas vor. „Genau die 60 Personen gehen am nächsten Tag auch arbeiten und haben mit anderen Menschen zu tun. Checkt man mittlerweile nicht, dass die Menschen sich bewusst sind, wie sie sich schützen sollen?“ Tas hat eine eine klare Meinung: „Entweder ganz oder gar nicht. Langsam fühlt man sich leicht verarscht.“

Stefan Huber, Vorsitzender des SV Eichenried: Verhältnismäßigkeit nicht gegeben

Ratlosigkeit auch beim SV Eichenried. „Die jüngste Entscheidung der Staatsregierung können wir leider nicht verstehen, da die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist“, schimpft Vorsitzender Stefan Huber. „In den vergangenen Wochen quollen die Liegewiesen der Badeweiher bei schönem Wetter über, und auch die Biergärten waren überall gut besucht, aber ein Fußballspiel unter freiem Himmel, bei dem ich wunderbar den Abstand an der Auslinie einhalten kann, ist leider nicht erlaubt.“ Der SVE sei für eine Klage und werde sich an der Abstimmung beteiligen. Was die Auswirkungen auf den Jugendfußball betrifft, so hat Huber „die Befürchtung, dass die Anzahl an neuen Jugendspielern abflauen dürfte“.

Auch der TuS Oberding fiebert dem Re-Start entgegen. „Meiner Meinung nach ist es jetzt vom Verband nicht glücklich gewählt, dass die Vereine in einer Abstimmung über eine Klage urteilen sollen“, sagt Oberdings Fußball-Chef Tobias Huber. „Es ist die alleinige Verantwortung des BFV, jetzt zu handeln und nicht wieder wertvolle Zeit mit einer Abstimmung zu vergeuden. Außerdem hat die Abstimmung für mich einen Beigeschmack. Sollte eine Klage nicht den gewünschten Erfolg erzielen oder sich Auflagen negativ auf die Vereine auswirken, wird der Verband die Verantwortung wieder an die Vereine abschieben und sagen, dass diese ja die Klage gewollt hätten.“ Deshalb werde der TuS nicht an der Abstimmung teilnehmen.

Tobias Huber, Fußball-Chef TuS Oberding, mahnt Planlosigkeit an

Was die Nachwuchskicker betrifft, „so ist nicht absehbar, wie lange wir sie noch bei Laune halten können. Bis zum Winter sind die Jungs und Mädels auch mit Freundschaftsspielen glücklich, aber was kommt danach?“ Fraglich ist, ob dann Training in der Halle erlaubt ist. „Da sind noch viele Fragen offen“, betont Huber, der befürchtet: „Wir werden im Amateurfußball sowie auch in anderen Sportarten viele Jugendliche verlieren.“

Der FC Schwaig will zuerst die Spieler befragen, denn die seien direkt betroffen, teilt Pressesprecher Rainer Hellinger. „Danach werden wir entscheiden, ob wir zustimmen oder ablehnen. Wir nehmen also an der Online-Abstimmung teil.“ Für den Nachwuchsfußball sieht er die lange Dauer der Corona-Pause schwierig, „da die Kinder wieder spielen wollen, die Ungewissheit alle verwirrt, und alle Vereine schauen müssen, dass die Kinder weiter dem Vereinsfußball treu bleiben“.

Patrick Tischer, Abteilungsleiter-Fußball Rot-Weiss Klettham-Erding: Geisterspiele besser als ausbleibender Betrieb

„Natürlich steht die Gesundheit an erster Stelle“, erklärt Kletthams Fußball-Chef Patrick Tischer. Ihn ärgert jedoch, „dass mit zweierlei Maß gewesen wird, denn am Weiher oder im Theater sind viele hundert Menschen erlaubt“. Er stellt fest: „Mir wäre es lieber, wenn wir starten würden. Ich denke, wir könnten die Saison auch ohne Zuschauer überbrücken.“ Bei anderen Vereinen sei dies natürlich nicht der Fall. „Wenn zum Beispiel Moosinning gegen Schwaig spielt, da kommen 1000 Zuschauer – das sind schon Verluste.“

Auch er befürchtet beim Nachwuchs „quantitative und qualitative Einbußen, wenn die Saison nicht bald beginnt“, An der Abstimmung werde Rot-Weiß Klettham teilnehmen, allerdings werde es eine Besprechung im Vorstand geben, ob man für eine Klage stimmen wird. Tischer seufzt: „Ich würde mir einfach nur wünschen, dass es endlich losgeht.“ WK

Aufrufe: 03.9.2020, 10:56 Uhr
Erdinger Anzeiger / Wolfgang KrzizokAutor