2024-05-22T11:15:19.621Z

Allgemeines
Real Madrid hat erstmals ein Fußballcamp für Kinder in Stuttgart veranstaltet. Foto: Baumann
Real Madrid hat erstmals ein Fußballcamp für Kinder in Stuttgart veranstaltet. Foto: Baumann

Königliche Konkurrenz für den VfB

Real Madrid drängt mit einer Fußballschule auf den deutschen Markt

Sami Khedira und Mesut Özil, seit einigen Wochen Toni Kroos. Deutsche Kicker stehen bei Real Madrid traditionell hoch im Kurs – und die Königlichen beackern den Markt hierzulande mehr denn je. Neuerdings mit Fußballcamps für Kinder. Erstmals veranstaltete der spanische Rekordmeister ein Camp in Stuttgart, genauer beim FC Stuttgart-Cannstatt. Der VfB Stuttgart fürchtet die neue Konkurrenz jedoch (noch) nicht.

Saban Uzun hat es ja bereits in seinem Fußballeralltag nicht gerade mit Anfängern zu tun. Die Fußballerinnen des VfL Sindelfingen kicken immerhin in der zweiten Liga. Doch die Namen derer, die er am Montagmorgen in Stuttgart anweist, klingen dann doch noch ein wenig magischer. „Wechsel der Stationen“, ruft der 27-jährige Trainer – und dann: „Rodriguez und Ronaldo hier herüber.“ Er meint: James Rodriguez und Cristiano Ronaldo, die Stars von Real Madrid. Wenn auch nicht die echten. Ein kleines weißes Ballett hat sich dennoch um Uzun geschart, und es weht nicht nur ein Hauch der Königlichen über den Kunstrasenplatz, auf dem normalerweise Bezirksligakicker ihre Heimspiele austragen. Es findet statt: das erste Stuttgarter Camp der Fußballschule von Real Madrid. „Die Werte von Real sollen in die Welt getragen werden“, sagt Saban Uzun.

Hamburger Konzept

Der Inhaber der B-Lizenz ist einer von rund 80 Trainern, die umsetzen, was Stefan Kohfahl entwickelt hat. Der Hamburger brachte zu Papier, wie eine Fußballschule samt Talentsichtung für ausländische Vereine in Deutschland aussehen könnte – und ging damit Klinken putzen in Europa. Zehnmal durfte er vorsprechen, sechsmal fand seine Idee Anklang, am Ende griff Real zu und beackert über die vereinseigene Stiftung und mit der Unterstützung eines deutschen Automobilherstellers zunächst ein Jahr lang den deutschen Markt. „Dieses ­Engagement zeigt, das Real global denkt“, sagt Rainer Adrion, Sportlicher Leiter (U 17 bis U 23) beim VfB Stuttgart – der sich durchaus sorgen könnte. Das Rennen um Talente ist schließlich bereits international und hart umkämpft. Dass sich nun in Real Madrid ein Topverein auch bei den ganz jungen Spielern in Deutschland eine Basis schafft, verschärft die Situation ein Stück weit – zumal das Scouting ausdrücklicher Bestandteil von Kohfahls Konzept ist. „Mitmachen kann bei uns jeder, der Spaß am Fußball hat“, sagt Saban Uzun, der einer von fünf deutschen Camp-Leitern ist, „aber natürlich geht es dem Club auch darum, Talente zu finden.“ Zwei oder drei Kinder jedes Camps schaffen es in eine bundesweite Auswahlrunde, am Ende dürfen die besten in der Real-Akademie vorspielen. Dort also, wo Uzun und seine Kollegen drei Tage lang die Real-Philosophie kennengelernt haben, die sie nun in Deutschland verbreiten sollen. Das alles klingt ambitioniert, Rainer Adrion bleibt dennoch gelassen: Gezieltes Scouting sei das nicht, sagt der VfB-Nachwuchsexperte, „ich sehe das eher im Sinne von Breitensport und Fanbindung.“

So versteht auch die Fußballschule des VfB Stuttgart ihre Aufgabe. Die Kinder sollen Spaß haben und in Sachen Sozialverhalten und Teamfähigkeit dazulernen, dabei wird die Marke VfB positiv aufgeladen und transportiert. „Talentsichtung ist nicht unser Grundsatz, aber natürlich halten wir die Augen offen“, sagt der Leiter Günther Schäfer, der die namhafte Konkurrenz nicht fürchtet: „Wir haben uns in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht.“ Derzeit laufen in Stuttgart zwei Veranstaltungen mit insgesamt 110 Kindern.


Camp beim FC Stuttgart-Cannstatt

In den weißen Real-Trikots jagen diese Woche 23 Kinder über den Platz beim FC Stuttgart-Cannstatt, Saban Uzun ist für den Start dennoch zufrieden: „Wir hatten ja keine lange Vorlaufzeit.“ Drei Camps der Königlichen laufen deutschlandweit in dieser Woche parallel, bundesweit sind im Oktober 17 weitere geplant. Insgesamt seien die Teilnehmerzahlen sehr gut, versichert Uzun, sogar Talente aus dem Ausland waren bereits dabei – die Aussicht auf eine Chance bei Real ist also durchaus verlockend. „Schon beim Auspacken der Trikots haben die Augen der Jungs geleuchtet“, erzählt Uzun, dessen Aufgabe es ist, den Ehrgeiz der Einzelnen mit den sozialen Werten der Real-Akademie zu vereinen: „Es geht nicht nur darum, wer sportlich der Beste ist.“ Soziale Werte spielen auch in der Ausbildung der Königlichen eine große Rolle, die Trainingsinhalte sind exakt vorgegeben, und vor den Camps wird sogar geprüft, ob die jeweilige Vereinsgaststätte ein sportgerechtes Mittagessen anbieten kann. Ronaldo und Rodri­guez soll es schließlich an nichts fehlen.

Aufrufe: 09.9.2014, 14:00 Uhr
Stuttgarter Nachrichten / Dirk PreißAutor