2024-05-02T16:12:49.858Z

Querpass
Dietmar Plate erläutert, wie man dem Purzelkäfer im Moebusstadion mit einem Insektenbekämpfungsmittel zu Leibe rücken will. Foto: Robert Neuber
Dietmar Plate erläutert, wie man dem Purzelkäfer im Moebusstadion mit einem Insektenbekämpfungsmittel zu Leibe rücken will. Foto: Robert Neuber

Rasenkiller ade

Chemisches Mittel soll dem Purzelkäfer im Friedrich-Moebus-Stadion in Bad Kreuznach den Garaus machen

BAD KREUZNACH - Nun hat es sich „ausgepurzelt“: Im Moebusstadion wird dem Rasenkiller mit chemischen Mitteln zu Leibe gerückt. Der Purzelkäfer bekommt es mit dem Mittel „Confidor“ zu tun, das die Larven des Insekts in der Regel abtötet. Das Mittel wurde am Montag von der Northeimer Firma Dicoin in den Rasen des Moebusstadions injiziert.

WEITERE MELDUNGEN

Dicoin steht für „Direct Control Injection“, erläuterte Dietmar Plate. Er war mit dem Spezialgerät angereist, das dem Problem des Moebusstadions mit nur hundert Gramm des Giftes, gemischt mit 600 Litern Wasser, ein Ende bereiten soll. Der Vorteil der „direkten Injektion“ besteht darin, dass die Larven („Engerlinge“) des Purzelkäfers ohne Umweg dort bekämpft werden, wo sie sich befinden – nämlich sechs bis acht Zentimeter unter der Grasnarbe.

DLR-Experte kontrolliert

Der Schaden, den sie mit ihrem unterirdischen Tun anrichten, ist seit Längerem im Moebusstadion sichtbar: Sie fressen die Graswurzeln auf, der Rasen verliert seinen Halt im Boden und lässt sich wie ein Teppich abheben – zum Fußballspielen also nicht gerade empfehlenswert. Hinzu kommt, dass Krähen gerne die Larven des Purzelkäfers fressen, was wiederum dazu geführt hat, dass die Vögel den Rasen auf der Jagd nach leckeren Purzelkäfer-Larven zerhackten.

Das Einbringen des chemischen Gifts „Confidor" erfordert eine Ausnahmegenehmigung durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier. Die ist laut Hans-Georg Sifft, dem Leiter des Grünflächenamts, mittlerweile eingegangen. Die Aktion sei mit der Behörde abgestimmt, und die ADD sorgte auch dafür, dass ein Mitarbeiter des Kreuznacher Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) vor Ort war, um die Maßnahme zu kontrollieren.

Rund zwei Wochen lang eine tödliche Wirkung

Dabei handelte es sich um den Agrarwissenschaftler Oliver Martinez, der beim DLR landesweit für das Thema „tierische Schädlinge“ zuständig ist und zudem an der Agrar-Fachschule unterrichtet. Ihm zu Folge handelt es sich bei „Confidor“ der Chemiefirma Bayer um ein „Neo-Nicotinoid“. Nikotin werde in Tabakpflanzen in der Wurzel gebildet und von dort in die Blätter transportiert. Der Tabak schütze sich damit vor Schädlingen. Mit einer Abwandlung des Nikotins – daher „Neo-Nikotinoid“ – wird das Abwehrverhalten des Tabaks auf andere Pflanzen übertragen. Die Verwendung dieses Mittels sei in der gesamten Landwirtschaft gang und gäbe, so Martinez.

Das Mittel wird von der Pflanze aufgenommen und entfaltet für die Käferlarven, die sich fressend an den Wurzeln zu schaffen machen, rund zwei Wochen lang eine tödliche Wirkung. Danach lässt die Wirkung nach. Dietmar Plate von der beauftragten Firma Dicoin berichtete, in Braunschweig habe man die besten Erfolge mit der „Direkteinspritzung“ von Confidor in Sportplätze gehabt, aber man werde mittlerweile von sämtlichen Bundesliga-Fußballklubs im Norden Deutschlands mit der Behandlung der Rasenplätze beauftragt. Üblicherweise sei schon nach einer Viertelstunde zu sehen, dass die Larven absterben. Sie werden vom Gift an die Oberfläche getrieben.

Für Menschen ungefährlich

Hans-Georg Sifft vom Grünflächenamt sagte, man werde in den nächsten Tagen kontrollieren, inwieweit die Maßnahme erfolgreich gewesen ist. Ein großes Loch in den Haushalt gerissen hat das Einbringen des Gifts immerhin nicht: Für die Behandlung sind gerade einmal 1.800 Euro fällig.

Das im Moebus-Stadion eingebrachte Insektizid „Confidor“ ist zwar nach bisherigen Erkenntnissen für Menschen ungefährlich, steht aber derzeit – wie alle „Neo-Nikotinoide“– in der Diskussion, weil es möglicherweise schädlich auf Bienenvölker wirkt.

Aufrufe: 027.4.2015, 14:30 Uhr
Robert NeuberAutor