2024-04-16T09:15:35.043Z

Vereinsnachrichten
Sie sind seit 2012 das Trainergespann des OFC: Hans Oertwig (hinten ) und Enis Djerlek.  ©MZV
Sie sind seit 2012 das Trainergespann des OFC: Hans Oertwig (hinten ) und Enis Djerlek. ©MZV

Hans Oertwig: "Wir brauchen ein neues Gesicht"

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Mit dem Pokalspiel beim FC 98 Hennigsdorf begann für den Brandenburgligisten Oranienburger FC Eintracht am Freitag die neue Saison. FuPa-Brandenburg sprach mit Trainer Hans Oertwig über die Ziele in Meisterschaft und Pokal, die Langzeitverletzten, das neue Leitbild und seinen Abschied am Saisonende.

Der OFC verkündete vor einer Woche, dass Sie nach der Saison als Trainer aufhören. Gab es Reaktionen?

Mittlerweile sind es über 100 Nachrichten und 200 Anrufe. Die Resonanz ist positiv. Das ist richtig toll. Ich bin beeindruckt von dieser Welle der Sympathie.

Wie geht die Mannschaft mit der Meldung um?

Mir gegenüber ganz normal. Das ist nicht weiter Thema. Wir wollen eine gute Serie spielen.

Auf diese haben Sie sich mit einer Tingeltour über die Dörfer vorbereitet. Warum diese Testspiele?

Mein Team kommt aus der Kreisstadt, die ein wichtiger Teil von Oberhavel ist. In den Spielen geht es nicht einfach nur darum, die klassentieferen Gegner zu besiegen. Ich will damit eine Wertschätzung herausstellen. Durch jedes Spiel bekommen diese Vereine eine Beachtung. Gleichzeitig erhoffe ich mir, dass die Zuschauer dieser Clubs auch mal zu unseren Spielen kommen.

Welchen sportlichen Wert haben Duelle mit Bärenklau, Grüneberg oder Liebenwalde?

Es geht darum, sich einzuspielen und Selbstvertrauen zu sammeln. Der Körper reagiert in der harten Vorbereitung anders, als wenn wir gegen klassenhöhere Mannschaften spielen würden.

Mit dem Landesligisten aus Schwedt gab es nur einen Gegner, der auf Landesebene spielt. Der wurde 8:3 geschlagen. Nicht schlecht, oder?

Ich wollte unbedingt gegen eine Mannschaft im Land spielen, damit die neuen jungen Spieler vor dem Start einen anderthalbstündigen Fahrtweg mitbekommen. Ich wollte eine Auswärtstour simulieren. Was wir in Schwedt im Spiel nach vorn gemacht haben, hat mir ordentlich gefallen. Im Defensivbereich müssen wir arbeiten und an einigen Stellschrauben drehen.

Weil Kelvin Adomah künftig fehlt?

Er ist sportlich ein absoluter Verlust. Den Satz, wonach jeder zu ersetzen ist, kann ich nicht teilen. Kelvin hat eine Riesenentwicklung gemacht in den vergangenen zwei Jahren. Er fehlt uns auch menschlich.

Haben Sie schon einen Nachfolger für ihn im Auge?

Nein, das ist auch abhängig davon, in welcher Formation wir spielen. Von der Dreier- bis zur Fünferkette ist alles möglich. Ein Einzelner wird ihn nicht ersetzen. Wir müssen sehen, dass wir das als Mannschaft kompensieren. Es wäre für alle Beteiligten nicht gut, jetzt die Katze aus dem Sack zu lassen und Namen zu nennen. Wir haben einen sehr erfahrenen und routinierten Spieler geholt, der hinter der Abwehr agiert.

Vor einem Jahr haben Sie stolz verkündet, dass der OFC drei Keeper hat, die höchstens 19 Jahre alt sind. Nun kommt mit Sven Roggentin ein 35-Jähriger. Rücken Sie von Ihrem Weg ab?

Kein Trainer hatte den Mut, mit drei so jungen Torhütern zu starten. Ich habe einen A-Jugendlichen ins Tor gestellt. Henrik Herrmann ist ein hoffnungsvolles Talent, das sich gegen Sachsenhausen verletzt hat und monatelang ausgefallen ist. Er ist begabt und talentiert. Ich gehe nicht von meiner Linie ab. Das mit Sven habe ich gemacht, damit Henrik einen neuen Schritt macht. Du brauchst innerhalb der Mannschaft auch ältere Spieler, denn der Ältere weiß den Weg. Solche Typen brauchen wir. Es wird einiges anders in der Saison, weil neue Leitlinien ausgesprochen wurden.

Wie lauten diese?

Wir haben viele interne Sachen besprochen. Die müssen anlaufen und greifen. Ich möchte eine neue Spielidee auf den Platz bringen. Ob wir das schaffen können, werden die Spiele zeigen. Ich bin hochmotiviert und unglaublich gespannt, wie es umgesetzt wird.

Welchen Eindruck haben Sie von den Neuzugängen?

Einen sehr guten. Die neuen Spieler sind alle jung und talentiert. Ich halte jeden Einzelnen für sehr begabt. Da sie bislang in der A-Jugend oder in unteren Ligen gespielt haben, will ich sie behutsam an die Liga heranführen. Für sie ist es eine wahnsinnige Umstellung, bei der ich ihnen Unterstützung geben will. Auch die Mannschaft will und wird helfen. Wichtig ist, dass man Zeit hat, um etwas Neues aufzubauen. Nach den Abgängen und in Anbetracht der vielen Verletzungen müssen wir uns neu finden. Schon in der Rückrunde der letzten Saison hatten wir immer wieder Verletzungen, die immer in Spielen auftraten. Darum ist es nicht hochtrabend, wenn ich sage, dass die Mannschaft ein neues Gesicht bekommt. Um meinen Kapitän Jerome Malanowski muss etwas aufgebaut werden. Auf ihn konnte ich mich fünf Jahre verlassen. Er ist unter Hans Oertwig zum Führungsspieler gereift. Darauf bin ich stolz.

Trauen Sie sich eine Prognose zu, wann die Langzeitverletzten zurückkehren?

Bei Tim Kretschmann hoffe ich, dass er uns nach seinem Kreuzbandriss in der Rückrunde wieder zur Verfügung steht. Ich habe ihn lieb gewonnen, weil er mit seiner Art Zeichen setzt. Solche Leute brauchst du. Fraga weilt nach diversen Operationen in Brasilien. Und bei Normen Guski versuche ich, ihn wieder auf den Platz zu bringen. Dass sind alles Leute, die wir in der Rückrunde nicht zur Verfügung hatten und schmerzlich vermissen.

Viele Trainer beklagen, dass immer weniger Spieler bereit seien, höherklassig zu spielen und sich zu quälen - oder überzogene Forderungen stellen. Gehen Sie da mit?

Was ich haben wollte, habe ich bekommen. Im Rahmen unserer Möglichkeiten können wir auch nur das machen, was realistisch ist. Nun hoffen alle, dass ich wieder das goldene Händchen hatte, um einige so zu entwickeln, dass sie nach einer gewissen Zeit hervorstechen. Zur Frage: Die Einstellung der Spieler hat sich tatsächlich verändert. Es gibt viele begabte Talente, die den Weg des geringsten Widerstands gehen. Da kann man als Trainer nur traurig sein. Wir haben aber tolle und gute Spieler. Ich kann mich nicht beklagen. Unsere Jungs haben eine hohe Trainingsbereitschaft, zeigen viel Eifer und eine enorme Willenskraft. Ich freue mich auf eine spannende Saison, in der man hellwach sein muss. Die Gegnerschaft ist stärker geworden. Wir freuen uns, dass wir in so einer Liga dabei sein dürfen.

Was ist für den OFC möglich?

Ich bin seit 2005 in dieser Liga tätig. Mindestens seitdem ist es die stärkste Brandenburgliga überhaupt. Es ist die Champions League für uns, da führt kein Weg dran vorbei. Wenn wir am Ende Zwölfter sind, wäre es eine tolle Sache nach dem tollen achten Platz in der letzten Saison, der für den Verein die zweitbeste Platzierung aller Zeiten war.

Wen sehen Sie noch in der unteren Tabellenhälfte?

Ich glaube, dass die Liga sehr ausgeglichen ist. In jedem Spiel werden es Kleinigkeiten sein, die entscheiden. Da müssen wir den Schlüssel und das Momentum haben, müssen hellwach und konzentriert sein. Vor uns werden kleine und große Steine sowie Felsbrocken liegen. Ich habe meiner Mannschaft gesagt: Wir werden diese Steine zusammenpacken und eine Brücke bauen, damit das Ziel, was wir ausgegeben haben, erreicht wird. Wir werden uns Beulen holen. Aber dann zeigt es sich, wie weit wir sind. Vielleicht muss am Ende eine Mannschaft daran glauben, die noch gar nicht daran glaubt.

Wen sehen Sie an der Spitze?

Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Stadtrivale oben mitspielen wird. Sie haben den besten Angriff der Liga. Wenn im defensiven Bereich weiter so gearbeitet wird, dann sind sie Geheimfavorit. Auch Ludwigsfelde zähle ich dazu. Und wir haben Aufsteiger, die keine Aufsteiger sind. Wer das denkt, wird sein böses Erwachen erleben.

Aufrufe: 011.8.2017, 16:04 Uhr
MOZ.de / Stefan ZwahrAutor