2024-05-02T16:12:49.858Z

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Großer Rückhalt: Silvia Bäuerle steht seit zehn Jahren im Tor des SV Granheim und feierte mit dem Verein etliche Erfolge – wie zuvor schon mit Eintracht Seekirch in der Oberliga und Regionalliga.
Großer Rückhalt: Silvia Bäuerle steht seit zehn Jahren im Tor des SV Granheim und feierte mit dem Verein etliche Erfolge – wie zuvor schon mit Eintracht Seekirch in der Oberliga und Regionalliga. – Foto: Foto: Oßwald
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Nie ermüdende Leidenschaft für den Fußball

Silvia Bäuerle wechselte 2010 aus der Regionalliga nach Granheim – und schob ihr geplantes Karriereende hinaus

Ehingen / sz - Seit vielen Jahren ist sie der Rückhalt von Granheims Fußballerinnen – und hat viel zu den Erfolgen des Vereins beigetragen. Auch 2019/20 überzeugte die Ehingerin Silvia Bäuerle, auch wenn der Saisonabbruch die Chance auf die Landesliga-Meisterschaft raubte. Der SV Granheim hatte die wenigsten Gegentore kassiert, im Dezember 2019 die Hallenmeisterschaft gewonnen. Leistungen und Ergebnisse, die Bäuerle die Nominierung zur SZ-Sportlerin des Jahres 2019 einbrachten – zu der die Leser sie dann auch wählten. Dass sie überhaupt zur Wahl stand, sei ihr fast ein wenig unangenehm gewesen, sagt Bäuerle. Die 43-Jährige, vor ihrem Wechsel nach Granheim lange in der zweithöchsten deutschen Spielklasse aktiv, sieht sich als Teil einer Mannschaft und Erfolge als Ergebnis von Teamarbeit.

Miteinander Erfolge zu feiern, aber auch einfach nur gemeinsam Sport zu treiben, ist das, was Bäuerle auch nach Jahrzehnten schätzt. Das Miteinander ist genau das, was sie in der Zeit einer Pandemie vermisst. Die Zwangspause falle ihr schwer, sagt die Ehingerin. "Weil der Fußball so zum Leben dazugehört." Und das seit Langem.

Beginn bei den Mädchen in Allmendingen

Begonnen hatte Silvia Bäurle 1991 bei den Mädchen des TSV Allmendingen. Zwei Spielerinnen des damaligen Frauen-Teams des TSV – darunter Edith Grab, die später ihre Trainerin in Granheim war – gründeten damals ein Nachwuchsteam, als Unterbau zur "Ersten". Bäuerle stieß dazu, obwohl ihre Eltern "nicht begeistert waren vom Fußball", sagt sie. "Schon gar nicht, dass ich als Mädchen Fußball spielen wollte." Doch die Eltern ließen sich überzeugen und kamen später auch zum Zuschauen – nach Seekirch, wohin Bäuerle 1998 gewechselt war, fuhren Vater und Mutter zu Regionalliga- und Oberliga-Auswärtsspielen mit, und auch beim SV Granheim, für den die Ehingerin seit zehn Jahren spielt, sind sie regelmäßig zu Gast.

Wechsel vom Feld ins Tor

Ihre Leidenschaft für den Fußball entdeckte Silvia Bäuerle früh. Als Kind hatte sie mit Bruder und Cousin in Omas Garten gekickt, auch im Urlaub durfte der Ball nicht fehlen. Aber längere Zeit in einem Verein gespielt hatte keiner aus der Familie. Sie selbst aber wollte den Sport nicht mehr missen. "Ich kann nicht anders als mit einem Ball am Fuß." Dass sie Torhüterin wurde, ergab sich aber zufällig. Anfangs war sie Stürmerin, schnell und torgefährlich. Doch als sich in ihrem ersten Jahr bei Allmendingens Frauen die Stammkeeperin verletzt hatte und kein Ersatz da war, stellte sich Silvia Bäuerle zwischen die Pfosten – nicht ohne ein wenig Nachdruck. "Eine frühere Mitspielerin bei den Mädchen sagte mir, ich solle es einfach mal probieren", erinnert sich die 43-Jährige. "Aber ich wusste nicht, ob ich das kann." Viel Zeit zum Überlegen erhielt sie nicht, schon hatte man ihr die Handschuhe überreicht.

Nach einem Lehrjahr Stammkeeperin in Seekirch

Der Rollenwechsel rief keine spontane Begeisterung hervor, hatte aber positive Folgen. "Ich glaube nicht, dass mein Sturmtalent ausgereicht hätte, um Regionalliga zu spielen", sagt die Ehingerin. Auf die Torhüterin Bäuerle wurde Eintracht Seekirch aber aufmerksam. 1998, als es zum Wechsel kam, spielte Seekirch in der Oberliga – noch ohne Frauen-Regionalliga im Süden war es die zweithöchste Spielklasse. In ihrem ersten Jahr spielte Bäuerle meist in der "Zweiten" von Seekirch, kam nur gelegentlich in der "Ersten" zum Einsatz. Doch als die Torfrau der Eintracht im Sommer 1999 kürzertrat, wurde Silvia Bäuerle Stammkeeperin – und blieb es.

Begegnung mit den Bayern-Stars

Etliche Erfolge feierte die Ehingerin mit der Eintracht. Nach Einführung der Regionalliga Süd 2000 "haben wir den Aufstieg noch knapp verpasst", so Bäuerle. Um ihn ein Jahr später als Oberliga-Meister nachzuholen. In der Folge behauptete sich das Team vom Federsee fast durchweg in der Regionalliga. "Sehr zeitaufwendig" sei es gewesen, sagt die Ehingerin. "Aber es hat viel Spaß gemacht." Auch dank der Begegnungen mit namhaften Klubs wie SC Freiburg, TSG Hoffenheim, 1. FC Nürnberg, Karlsruher SC und Bayern München. "Einzelne Spiele vergisst man nicht", so Bäuerle. Eines wie das Spiel beim FC Bayern, als das Team der Eintracht zum Austragungsort auf dem Trainingsgelände an der Säbener Straße fuhr und die Bundesliga-Profis der Bayern vor Ort waren. "Es gab da ein Fotoshooting der Mannschaft mit Mehmet Scholl, Claudio Pizarro und Uli Hoeneß", sagt die Ehingerin. "Da waren wir alle schon ziemlich nervös."

In Erinnerung blieben der Ehingerin auch die Erfolge im WFV-Pokal, den Seekirch mehrmals gewann. Auch die Feste sind unvergessen. Ehrgeiz und Konzentration auf den Fußball waren für sie und ihre Mitspielerinnen wesentlich, "aber wir waren eine Mannschaft, die auch gern gefeiert hat". Bäuerle genoss die Zeit bei Eintracht Seekirch. "Es war ein kleiner Verein, das kam mir entgegen." Das Umfeld, die Atmosphäre – Aspekte, die sie später in Granheim wiederfinden sollte.

"Nur Joggen oder ins Fitnessstudio, das ist nicht meins"

Seekirch verabschiedete sich 2010 vom höherklassigen Fußball, das Regionalliga-Team fiel auseinander. Silvia Bäuerle war 33, hatte Angebote aus den höheren Ligen, wollte aber ihre aktive Zeit bei einem Verein im Raum Ehingen ausklingen lassen. "Ich dachte mir: Irgendwas muss ich noch machen, ich kann nicht nur den ganzen Tag im Büro sitzen", sagt sie. "Nur Joggen oder ins Fitnessstudio gehen, das ist nicht meins." Sie wollte "noch zwei, drei Jahre Fußball spielen". Es wurden deutlich mehr.

Aufstiege mit Granheim

Granheims Fußball-Abteilungsleiter Reinhold Oßwald habe sich bei ihr gemeldet, als klar war, dass sich Seekirch zurückziehen wollte. Auch andere Klubs aus der Umgebung zeigten Interesse. Doch die Wahl fiel schnell auf Granheim. "Ich habe mir das einmal angeschaut, ein Probetraining gemacht und es hat mir sehr gut gefallen." Dass der SVG auf der Suche nach einer Keeperin war – Bäuerle: "Ich habe vorher gesagt, dass ich keiner Torhüterin den Platz wegnehmen will, sonst setze ich mich auf die Bank" – kam hinzu. Mit Bäuerle ging es für den damaligen Regionenligisten gleich nach oben: Im ersten Jahr Aufstieg in die Landesliga, ein Jahr später in die Verbandsliga. "Da dachte ich mir: So war das aber nicht geplant", sagt die 43-Jährige mit einem Schmunzeln.

Doch es ging auch wieder in die Landesliga, wieder in die Verbandsliga und erneut in die Landesliga, in der Granheim aktuell spielt. In der vergangenen Saison war die Verbandsliga-Rückkehr in Reichweite: Der SVG war Tabellenführer, als die Runde im März ausgesetzt wurde – als sie schließlich abgebrochen und der Aufsteiger nach dem Quotienten ermittelt wurde, büßte Granheim Platz eins ein. 2020/21 erwischte der SVG keinen guten Start, weil etliche Stammkräfte verletzt waren. Auch die Torhüterin musste eine Zeitlang pausieren.

Erfahrungen weitergeben

Dass Bäuerle mit 43 noch immer spielt, liegt daran, das "es mir Spaß macht mit den jungen Mädels und ich etwas weitergeben will". Weitergeben vor allem an die jungen Torhüterinnen wie Jutta Schaude, die von den Juniorinnen aufrückte und ein "richtig gutes Talent ist". Sie denke seit ein paar Jahren daran, kürzer zu treten, sagt Bäuerle. Nun, da eine Nachfolgerin heranreift, könnte dies konkret werden. Vorstellbar ist für Bäuerle zunächst auch ein regelmäßiger Wechsel mit der jüngeren Jutta Schaude. "Früher war ich sehr ehrgeizig und angefressen, wenn ich nicht gespielt habe." Mit den Jahren hat sich das geändert.

Auch ohne Stammplatz wird sie ihrem Sport verbunden bleiben, das stellt sie klar. "Den Fußball sein zu lassen ist keine Option", sagt die Ehingerin. "Ich würde gern Torwarttraining machen mit den Mädchen." Und sie will dem SV Granheim erhalten bleiben, der ihr sportlich die richtige Heimat bietet. "Mir taugt es in Granheim, vom Umfeld her." Das Miteinander mit den treuen Fans, die Stimmung in der Mannschaft – wozu Silvia Bäuerle selbst einiges beiträgt. Vor einigen Jahren hatte die Torhüterin nach dem Hallenturnier in Allmendingen im Dezember ihre Mitspielerinnen zu Chili con carne zu sich eingeladen. Um sich außerhalb von Spielfeld und Trainingsplatz zusammenzusetzen, zu reden, Spaß zu haben. Es blieb nicht bei dem einen Mal. "Das hat sich dann irgendwann eingebürgert."

Fußball hat Vorrang

Teamgeist sei ihr sehr wichtig, sagt Bäuerle. Nie würde sie ein Pflichtspiel wegen privater Verpflichtungen absagen, auch nicht wegen eines Geburtstags oder einer Hochzeit. "Das weiß meine Familie. Erst kommt der Fußball, dann die Feier." In Granheim weiß man das zu schätzen. Abteilungsleiter Reinhard Oßwald macht keinen Hehl daraus, dass er froh ist, dass sich Silvia Bäuerle einst zum Wechsel nach Granheim entschied. Er betont den Wert der Ehingerin für den Verein. "Sie ist ein Vorbild, auf und neben dem Platz."

Aufrufe: 023.12.2020, 10:18 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor