2024-05-02T16:12:49.858Z

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Steffen Wohlfarth ist seit dieser Saison nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter des Fußball-Oberligisten FV Ravensburg.
Steffen Wohlfarth ist seit dieser Saison nicht nur Trainer, sondern auch Sportlicher Leiter des Fußball-Oberligisten FV Ravensburg. – Foto: Foto: Rolf Schultes
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Nicht nur Verhandlungssache: So anspruchsvoll sind die Aufgaben eines Sportlichen Leiters

Die Wechselperiode ist für Sportliche Leiter besonders intensiv – Doch Teammanager haben noch viel mehr Aufgaben

Ravensburg / sz - Neues Jahr, neue Spieler: Seit dem 1. Januar ist das Wechselfenster im Amateurfußball einen Monat lang wieder geöffnet. Für die Vereine bietet sich nun die Möglichkeit, sich für die restlichen Spiele der Saison noch mal zu verstärken. Oder aber sie laufen Gefahr, wichtige Spieler zu verlieren. Auch wenn die Planungen aufgrund der Corona-Pandemie derzeit alles andere als einfach sind, werden auch in diesem Januar wieder einige Fußballer den Verein wechseln. Meist in die Verhandlungen involviert sind neben den Trainern dann auch die Sportlichen Leiter. Dabei geht deren Aufgabengebiet weit über die Kaderplanung hinaus: Der Sportliche Leiter unterstützt Trainer und Vorstandschaft, ist Bindeglied zwischen Mannschaft und Verantwortlichen. Eine wichtige Aufgabe, die sehr zeitintensiv sein kann.

Alexander Heumann bringt es auf den Punkt: "Es ist der Job neben dem Job", sagt der Sportliche Leiter des Verbandsligisten VfB Friedrichshafen. Zwei Stunden pro Tag opfert er für seine Leidenschaft und steht allen zur Verfügung. Ob als Stadionsprecher, Organisator für Auswärtsfahrten, Absprachen mit dem Gegner oder Vereinswechsel. Heumann fühlt sich am wohlsten im Team, deshalb spricht er seine Schritte auch mit dem Trainerduo Daniel Di Leo, Giovanni Rizzo oder Abteilungsleiter Dalibor Buspanovic regelmäßig ab. Von Alleingängen hält er nichts. "Ein Verein muss als Ganzes funktionieren, dann passt es auch", meint der 37-Jährige.

Heumann ist für acht Trainer und 60 Spieler verantwortlich: Verbandsligateam, U23 und A-Jugend. Daraus ergeben sich etwa 120 Gespräche, die nicht nur fünf Minuten dauern. Es stehen wichtige Vertragsverhandlungen an. Wer bleibt, wer geht. Allerdings sind für ihn die Sommermonate noch einen Tick schlimmer. Da gilt es an der neuen Mannschaft zu basteln. Heumann führt viele Spielergespräche und spricht sich mit den Trainern ab. "Ich bemühe mich, alle Wünsche zu erfüllen. Manchmal geht es, manchmal nicht", betont er. Heumann beobachtet auch Spieler, wie zum Beispiel Sebastian Bitzer, den er nach Friedrichshafen zurückholte. Der 20-Jährige gehört mittlerweile dem Kader der Verbandsligamannschaft an. Für Heumann ist der Fußball und seine Tätigkeit auch ein Türöffner für Werte in unserer Gesellschaft. "Respekt und Fairness sind die Grundpfeiler dieses Sports und diese vermitteln wir unseren Spielern", betont er.

Jens Kuntzemüller, sein Kollege beim TSV Berg, ist seit 2018 Teammanager des Verbandsligisten. Zunächst machte er die Pressearbeit, dann wurde der TSV für ihn eine Herzensangelegenheit. Jedes Jahr kamen neue Aufgaben hinzu, 20 Wochenstunden, die der 30-Jährige für den Verein freiwillig opfert, sind mittlerweile keine Ausnahme mehr. Als Teammanager ist er Bindeglied zwischen Trainer, Mannschaft und Vorstandschaft, betreut aber auch die Website des TSV und war bis vor Kurzem auch Stadionsprecher. Wenn der TSV Berg zu Hause spielt, dann beginnt sein Arbeitstag um 11 Uhr und endet gegen 20 Uhr. "Als durch die Corona-Maßnahmen der Spielbetrieb im Amateurfußball gestoppt wurde, da habe ich zwölf Stunden am Stück geschlafen. Ich wusste, dass meine Person am Samstag nicht gebraucht wurde. Da drehte ich mich im Bett einfach wieder um", sagt er und lacht dabei.Normalerweise ist der 30-Jährige das ganze Jahr für den TSV Berg da. Seinen letzten Urlaub machte er 2015, zwei Wochen Kanada. Trotzdem bereut er keine Sekunde, für den TSV Berg zu arbeiten. Seine Meinung ist gefragt, alles wird im Team besprochen. Die Aufgaben sind vielfältig, die Ziele auch. "Der TSV Berg soll in unserer Region eine Marke werden. Das ist unser Ziel."

Der FV Ravensburg ist bereits eine Marke in Baden-Württemberg. Seit dieser Saison ist beim Oberligisten Steffen Wohlfarth Trainer und Sportlicher Leiter in Personalunion. Widerspricht sich das nicht? "Ich bin der Meinung, dass man beide Tätigkeiten miteinander verbinden kann. Ich trainiere die Mannschaft und führe auch die Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung", sagt er. Wohlfarth hat die Aufgaben des Sportlichen Leiters am 1. Juli von Peter Mörth übernommen. Diese Tätigkeit macht 40 Prozent seiner Arbeit beim FV Ravensburg aus. Wohlfarth wird von Inge Hartmann und Alexander Schmähl unterstützt. Die beiden Teammanager kümmern sich um das wichtige Drumherum, damit der 37-Jährige sich voll auf die Arbeit mit der ersten Mannschaft konzentrieren kann. Fabian Hummel, der Trainer der zweiten Mannschaft, die in der Landesliga spielt, ist sein Pendant bei der Jugend. Beide Sportliche Leiter sind im engen Kontakt, um den FV Ravensburg nach vorne zu bringen. Vorstandschaft und Aufsichtsrat kontrollieren die Sportlichen Leiter. Das heißt, sie können sie auch entlassen. Allerdings ist Steffen Wohlfarth lange genug im Geschäft, um mögliche Tendenzen zu verstehen. "Ich kann mich sehr gut selbst einschätzen. Wenn ich der Meinung bin, dass ich eine Mannschaft nicht mehr erreiche, dann ziehe ich persönlich die Reißleine", betont Wohlfarth. Er hinterfrage sich immer wieder kritisch. Das gehört zu seinem Selbstverständnis als Trainer und Sportlicher Leiter. Dabei hilft ihm auch sicher das Zusammenspiel mit seinem Co-Trainer Andreas Raaf. Beide ergänzen sich seit Jahren.

In der Fußball-Bezirksliga ist die Aufgabe des Sportlichen Leiters dagegen nicht so arbeitsintensiv. Ralf Bühler ist Ansprechpartner für Mannschaft und Vorstandschaft. Vier Stunden pro Woche investiert er beim VfL Brochenzell . "Ich mische mich nicht ein, höre zu und versuche zu helfen", sagt Bühler. Wenn es negativ läuft, dann gibt es eben mehr Gespräche mit der Mannschaft und dem Trainerduo Rolf Weiland und Domingos Manzambi. Dabei stehen ihm Abteilungsleiter Simon Hirscher sowie Ernst Laitenberger und Emanuel Männer zur Seite. "Für mich und für unsere Vorstandschaft ist es wichtig, dass sich die Spieler bei uns wohlfühlen und dafür tun wir alles", betont Bühler.

Das ist auch das Ziel von Markus Prinz beim Ligakonkurrenten SV Beuren. Der Sportliche Leiter unterstützt den Trainer und ist unter der Woche regelmäßig mit Patrick Mayer und der Mannschaft in Kontakt. Der 35-Jährige hat die rasante Entwicklung des Vereins von der Kreisliga B in die Bezirksliga als Spieler mitgemacht. War sieben Jahre lang Kapitän in Beuren bis ihn eine schwere Knieverletzung dazu zwang, die Fußballstiefel an den Nagel zu hängen. Um weiter nahe an der Mannschaft dran zu sein, ist er bei jedem Spiel dabei. Fünf Stunden pro Woche opfert er für den SVB, manchmal sind es doppelt so viel. Dabei ist der Verein für ihn eine Herzensangelegenheit – so wie für seine zahlreichen ehrenamtlichen Kollegen im Amateurfußball.

Aufrufe: 02.1.2021, 07:19 Uhr
Schwäbische ZeitungAutor