2024-05-10T08:19:16.237Z

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Wie MSV-Duisburg-Fans eine Fußballmannschaft in Afrika gründeten

TanZebras: Vom Kicken mit Stofffetzen zur Teilnahme am Ligabetrieb.

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Manchmal sind es einfach die verrückten Ideen, die ein ungeahntes Potenzial freisetzen. Als vor sechs Jahren die TanZebras in Tansania gegründet wurden, bestand die Mannschaft noch aus zwölf bis 13 Jahre alten Jungs - heute hat die erste Mannschaft ihre erste Saison im Ligabetrieb des Landes erfolgreich hinter sich gebracht und gezeigt, dass sie fußballerisch eine tolle Entwicklung durchlebt hat. Wie aber kam es überhaupt dazu? Das alles gibt es jetzt im zweiten Teil der FuPa-Reihe über den TanZebras FC.

„Ich gehe auf Weltreise“, ließ das Zebraherde-Gründungsmitglied Jörg Ahlbach Anfang des Jahres 2014 wissen. Es sollte jedoch keine Weltreise im üblichen Sinn werden. Jörg wollte ganz bewusst einen großen Teil der Reise abseits der Touristen-Hotspots verbringen, um besonders intensiv in fremde Kulturen einzutauchen. Der gemeinsame Anknüpfungspunkt Fußball war schnell ausgemacht und gemeinsam entwickelten Jörg und die Zebraherde die Idee, eine Kinder-Straßenfußballmannschaft auf jedem Kontinent der Erde mit einem Trikotsatz auszustatten - natürlich in den blau-weißen Zebrastreifen des MSV. Jörg war fortan der „Fan-Botschafter“ der Zebras und ging unter dem Motto „Die Welt ist ein Ball“ für ein Jahr auf Reisen um den Globus.

Der geplante Ausgangspunkt seiner Reise sollte Tansania sein. Dort sollte Jörg den Einheimischen Don kennenlernen, welcher für eine soziale Einrichtung tätig war. Die beiden verabredeten sich für den folgenden Tag, an dem Don Jörg ein Waisenhaus vor Ort zeigen wollte. Dieses sollte fortan von der Zebraherde unterstützt werden, bis irgendwann der Kontakt abbrach.

Mit zwei Trikotsätzen im Gepäck nach Gongo

In der Heimat wurde das soziale Projekt mit Reisestart groß beworben und mit viel positivem Feedback bedacht. Innerhalb weniger Wochen nach Bekanntgabe der Idee, suchte der MSV-Fanclub DISPARGUM den Kontakt zur Zebraherde und stellte den ersten Trikotsatz für den ersten Halt der Reise zur Verfügung. Der MSV Duisburg zog unmittelbar nach und stellte ebenfalls einen kompletten Satz an Jerseys. Am 28. August war es dann soweit: Jörg und Don besuchten einige Straßenkinder, die passioniert mit einem improvisierten Ball kickten. Die Augen der Kinder waren riesig, als sie die schicken Trikots mit blau-weißen Querstreifen erblickten. Und wie der Zufall manchmal so mitspielt, sollte an diesem Tag ein regionales Pokalspiel stattfinden, an dem die Kinder beteiligt waren. Die neuen Trikots wurden also umgehend eingeweiht - 4:2 lautete das Endergebnis und der erste Sieg im neuen Dress war perfekt.

Als Jörg bereits wieder on tour war, entwickelte sich die Straßenfußball-Mannschaft in Tansania immer weiter. Der Zulauf war enorm und schon bald waren genügend Kinder im Team, um eine zweite Mannschaft zu bilden. Zuvor wurde aber am 30. Juni 2015 der Verein „TanZebras FC“ offiziell beim tansanischen Fußballverband angemeldet und die Mannschaft nahm fortan an regionalen Freundschaftsspielen mit anderen Kinder- und Jugendmannschaften teil. Dass hier der richtige Weg eingeschlagen wurde, zeigte sich im August 2015. Vier Spieler der TanZebras wurden zu einem U17-Sichtungsturnier der FIFA eingeladen, bei dem sich talentierte Jugendspieler aus 17 afrikanischen Ländern zeigen konnten - eine große Ehre für den Verein, der zu diesem Zeitpunkt erst seit zwei Monaten angemeldet war.

Hilfe zur Selbsthilfe

Mit Beginn des Engagements in Tansania war für die Zebraherde klar, das Projekt unter der Prämisse ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ aufzubauen. Aus diesem Grund wurde vor Ort eine NGO gegründet, die unter dem Namen ‚Planet of Hope‘ bis heute tätig ist. Als eine der ersten Aktionen wurde ein Zaun um das Gelände gezogen, um zukünftig im eigenen Garten Obst und Gemüse zur Eigenversorgung anzubauen. Zuvor wurde die Ernte immer wieder durch Tierbesuche oder andere Bewohner dezimiert. Neben dem Anbau von Lebensmitteln zogen im November 2015 zudem zwei Enten und eine Ziege ein, der schnell eine zweite folgte. In typischer Ruhrpott-Manier klingelte eines Abends das Telefon beim damaligen Vorstand Holger Glücks: „Ich find die Idee geil - eine Ziege geht auf mich, aber nur wenn sie Walter heißt“, erklang es aus dem Hörer. Gesagt, getan, Walter zog ein und mit ihm Roland. Etwaige Ähnlichkeiten zu ehemaligen Vereinsverantwortlichen beim MSV sind natürlich reiner Zufall.

Zu diesem Zeitpunkt weilten die Zebraherde-Mitglieder Nicki und Tochter Vivi bei Judy, die bei der Errichtung der Ställe und dem Kauf der Tiere tatkräftig mit anpackten. Die Früchte ihrer Arbeit bekamen sie leider nicht live mit, denn die Enten bekamen im Januar Nachwuchs, die Ziegen im April. Was klein begann, entwickelte sich langsam zu einem kleinen Wirtschaftszweig, um das Waisenhaus mit den erzielten Erlösen zu unterstützen. Auch Don und Judy haben sich gefunden und traten im November 2016 vor den Traualtar. Selbstverständlich mit zahlreichen Glückwünschen aus Duisburg, die unter Anderem von Nicki und dem aktuellen Vorsitzenden der Zebraherde, Mathias Langnickel, persönlich überbracht wurden - Fußball verbindet!

MSV-Spieler in Kupfergeld aufgewogen

Um verrückte Ideen war die Duisburger Fan-Szene noch nie verlegen. So verwunderte der Aufruf der Zebraherde im Januar 2015, zukünftig das eigene Kupfergeld zu sammeln, auch nicht weiter. Man hatte sich zum Ziel gesetzt, das Gewicht von MSV-Stürmer Kingsley Onuegbu in Kupfermünzen aufzuwiegen - immerhin stattliche 94 Kilogramm. Zeit für dieses Unterfangen blieb bis zum Saisonende. Das gesammelte Geld konnte am Infostand der Herde am Stadion abgegeben werden oder in einer der Sammelstellen, die auf dem gesamten Stadtgebiet verteilt waren.

Über das MSVPortal fanden sich binnen kürzester Zeit zahlreiche Unterstützer, die in Folge unzählige Eimer an ihre Belastungsgrenze brachten. Am Stichtag wurden schließlich 270.000 Münzen gezählt, die 822 Kilogramm auf die Waage brachten - das Ziel wurde somit deutlich übertroffen. In Summe kamen 6.836,19 Euro zur Unterstützung des Waisenhauses und der TanZebras zusammen. Die Aktion wurde später im Saisonrhythmus wiederholt und es entwickelten sich eine engagierte Sammelleidenschaft - jeder wollte das meiste Kupfergeld beisteuern.

Mit neuen Schuhen in die vierte Liga

Die TanZebras entwickelten sich immer weiter und der Verein wuchs beständig an - gleichzeitig aber auch der Bedarf an Schuhen und weiteren Trikots. Bei den Trikots half Capelli ein weiteres Mal aus, bei den Schuhen die Fans des MSV. Dem Aufruf zur Fußballschuh-Spende folgten zahlreiche Fans - auch MSV-Profi Petar Sliskovic schaute mit ein paar Tretern am Stand vorbei - ,sodass die Koffer von Mathias und Jörg bei ihrem nächsten Besuch aus allen Nähten platzten. Die Freude vor Ort war erneut überschwänglich und die neue Fußbekleidung wurde sogleich ausgiebig getestet. Neben den mittlerweile groß gewordenen Kids der ersten Stunde, gibt es eine Junior-Mannschaft und eine Mädchen-Mannschaft, die noch im Aufbau ist. Weit über 60 Kinder sind inzwischen ein Teil der TanZebra-Familie geworden.

Der Erfolg der jugendlichen Kicker blieb auch in Tansania nicht unbemerkt. Im Januar diesen Jahres durften 25 Kinder zusammen mit Don und Jörg der Deutschen Botschaft in Dar Es Salaam einen Besuch abstatten - dazu aber mehr im dritten Teil der FuPa-Reihe über die TanZebras. Dort wird es auch einen Rückblick auf die erste Saison im regulären Ligabetrieb geben.

Aufrufe: 030.7.2020, 23:30 Uhr
Marcel EichholzAutor