2024-05-10T08:19:16.237Z

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, Foto: Giesen
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Mit den weichen Faktoren punkten

Die Fußballvereine setzen auf die Bindung der Sportler an den Verein und auf den Teamgeist — Trainer diskutieren auf Einladung der Redaktion

Traditionell haben die Lokalsportredaktionen unserer Zeitungen in Oberberg und Rhein-Berg die Verantwortlichen der höherklassigen Vereine sieben Tage vor Saisonstart zum Austausch eingeladen. Dabei ging es auch um den Faktor Geld im Amateurfußball.

In Zeiten unvorstellbarer Transfersummen im internationalen Fußball stellt sich auch im Amateurfußball die Frage, wie halte ich meine Spieler, um weiter in den höherklassigen Ligen antreten zu können. Das war nur ein Thema, mit dem sich Trainer und Vereinsvertreter der Mannschaften aus dem Fußballkreis Berg, die auf Ebene des Fußballverbandes Mittelrhein antreten, beschäftigten.

„Den Spielern geht es nicht nur ums Finanzielle”, erklärte Uli Bartsch (TuS Lindlar). „Als der TuS im vergangenen Jahr aus der Landesliga abgestiegen ist, hat es keinen Abgang gegeben.” Die Bindung der Fußballer an den Verein hänge auch von den sogenannten weichen Faktoren ab, erklärte Bartsch. Da merke man, dass es in Lindlar noch die professionellen Strukturen aus der Zeit gebe, als der Verein in der Verbandsliga angetreten sei. Als Beispiele nannte er die Ausstattung, die Betreuung und die Platzanlage.

Das bestätigte Daniel Valdivieso (SV Bergisch Gladbach 09). „Wer arm und langsam ist, hat schon verloren”, sagte er. Bereits frühzeitig nehme er mit seinen Wunschspielern Kontakt auf. Er will mit der Arbeitsweise des Vereins und dessen Infrastruktur punkten. Da ist auf der einen Seite das Stadion, das den Fußballern schon beim Einlaufen das Gefühl gebe, „ich bin ein guter Fußballer”. Auf der anderen Seite zeige er, so der Sportdirektor, dass sich die jungen Fußballer beim SV 09 weiterentwicklen können. Und da helfe es auch schon mal, eine Praktikumsstelle zu vermitteln. „Die Jugend bestimmt, wo du spielst”, brachte es Markus Höck (TuS Marialinden) auf den Punkt: „Teamgeist und Vereinszugehörigkeit sind die Themen, die einen Verein am Leben halten.”

In der Jugendarbeit im Fußballkreis Berg ist der Heiligenhauser SV hinter Bergisch Gladbach und dem FV Wiehl die Nummer drei. Trotzdem fällt es dem Verein schwer, seine talentierten Nachwuchsspieler zu halten. Warum das so ist, kann Trainer Giovanni Bernardo nur vermuten. Nicht alle wohnten in Heiligenhaus und wenn es dann in die Ausbildung gehe, ziehe es Spieler auch aufgrund einer Aufwandsentschädigung zu niederklassigen Vereinen. Andererseits sei es auch oft so, „dass sie ohne großen Aufwand einfach nur zusammen mit ihren Kumpels kicken wollen”.

Der FV Wiehl sei breit aufgestellt, biete Leistungs- und Breitensport, was eine glänzende Ausgangssituation sei, erklärte Ingo Kippels. Dafür würden talentierte Jugendliche früh von Vereinen wie den Sportfreunden Siegen oder Viktoria Köln abgegriffen. Nach Bergisch Gladbach wiederum kommen sogar Scouts von RB Leipzig.

Zur neuen Saison wurden in Wiehl neun A-Jugendliche in die Seniorenteams integriert, vier in der Landesliga- und fünf in die Bezirksliga-Mannschaft. „Mehr geht nicht”, so Kippels. Es gebe aber auch junge Fußballer, die sich selbst überschätzen. Valdivieso bezeichnet sie als „You-Tube-Generation”: „Bevor sie ihr Handwerk richtig erlernen, versuchen sie sich an Tricks aus dem Internet oder eifern großen Stars wie Ronaldo nach.”

Der SV Frielingsdorf profitiere noch von seinem „goldenen Jahrgang”, erklärte Michael Henke. Aufgrund des funktionierenden Dorflebens habe man auch nicht so große Probleme, Spieler zu finden und zu halten. Dagegen habe der TuS Marialinden wenig Potenzial und könne nicht von unten nachholen, so Höck. Nun folgen dem neuen Co-Trainer Marco Heintz einige Spieler aus Köln nach Marialinden.

Die Möglichkeit, dass Fußballer bei Vereinen mit mehr als einer Mannschaft zwischen Teams und Ligen hin und her wechseln können, um den Aufstieg zu ermöglichen oder den Abstieg zu verhindern, sei eben gängige Praxis, erklärten die Trainer und Vereinsverantwortlichen. Dass das zulasten kleinerer Vereine mit nur einem Team gehen könne, wollten sie nicht von der Hand weisen. „Wir haben darauf reagiert und unsere Zweite Mannschaft etwas stärker aufgestellt”, sagte Rainer Förster (SSV Nümbrecht). Damit wolle man der Situation aus dem Weg gehen, die Mannschaft in der Kreisliga A zum Ende der Saison mit Verstärkung aus der Landesliga zu retten. Das habe, so Förster, zuletzt sowieso nicht so funktioniert wie erhofft. Denn von den vier Spielern, die aus der Ersten Mannschaft kamen, hätten sich drei verletzt. Trotzdem hielt das Team die Klasse.

Oft werde aber auch eine Erste Mannschaft aus einer höheren Liga zurückgezogen, obwohl es eine Reserve gebe. „Der Verband muss klare Vorgaben machen, dass dann die Fußballer hochgezogen werden. Denn der Verein hat ja genügend Spieler, die antreten können, auch wenn sie sportlich vielleicht schwächer sind”, fordert Kippels. Die Praxis, dass sich die Zahl der Fußballer, die aus der Ersten Mannschaft in die Reserve wechseln dürften, beliebig erhöhen lässt, weil pro Spieltag vier Fußballer zu Stammspielern würden, stellte Jan Kordt (FV Wiehl) in Frage. „Man könnte doch vor der Saison sechs bis acht Perspektivspieler festlegen, die wechseln dürften und das war’s”, schlug Kippels vor.

„Wir haben einen Stamm von festen Spielern in der Bezirksliga”, erklärte Kordt, der als einziger Vertreter einer Zweiten Mannschaft am Tisch saß. Es gebe ganz klare Absprachen, wie es gehandhabt werde, wenn Fußballer aus dem Landesligateam herunterkommen, egal warum.

Für Vereine, die höherklassig spielen, sei es wichtig, eine Reserve zu haben, in der Jugendliche an den Seniorenfußball herangeführt werden, so Valdivieso. Auch wenn es nicht ideal sei, dass die SV 09-Zweite in der A-Liga antrete. „Je kleiner die Distanz zwischen den Ligen ist, desto besser”, so der Sportdirektor. Er spannte den Bogen zur Ausgangsfrage: „Wir schaffe ich es, ein Team in die Landesliga zu bekommen — ohne großen finanziellen Aufwand?”

Aufrufe: 023.8.2017, 16:05 Uhr
Kölner Stadt-Anzeiger / Andrea Knitter und Elli RiAutor