2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Kreis- und Gruppen-Schiedsrichter-Obmann Tobias Heuberger vermisst das Pfeifen sehr. Die Pausierung des Spielbetriebs kann er gut nachvollziehen.
Kreis- und Gruppen-Schiedsrichter-Obmann Tobias Heuberger vermisst das Pfeifen sehr. Die Pausierung des Spielbetriebs kann er gut nachvollziehen. – Foto: Walter Brugger

„Mir persönlich fehlt das Pfeifen sehr“

Kreis- und Gruppen-Schiedsrichter-Obmann Tobias Heuberger freut sich auf den Re-Start im September

Was für die Fußball-Schiedsrichter in der Gruppe Nordschwaben die nächsten Monate bringen werden, das steht alles noch in den Sternen. Ob die unterbrochene Saison 2019/2020 tatsächlich ab 1. September fortgesetzt werden kann, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand sagen. Die Rieser Nachrichten haben sich mit dem Obmann der Schiedsrichtergruppe, Tobias Heuberger aus Kleinsorheim, über diese außergewöhnliche Situation unterhalten.

Tobias, wie hast Du persönlich die vergangenen Wochen und Monate während der Corona-Krise überstanden?

Heuberger: Insgesamt habe ich die Phase gut überstanden – ich bin gesund und das ist das Wichtigste. Allerdings macht sich die fehlende Bewegung leider um die Hüfte rum etwas bemerkbar. Langeweile ist aber in den letzten Wochen und Monaten nicht aufgekommen, denn das Homeschooling war auch für die Lehrer etwas Neues und erforderte – besonders zu Beginn – hohes Engagement.

Als Schiedsrichter-Obmann bist Du – neben Deiner täglichen Arbeit – speziell an den Wochenenden viel auf den regionalen Sportplätzen unterwegs. Wie sehr fehlt Dir aktuell der Fußball?

Heuberger: Der Fußball fehlt mir aktuell sehr. Obwohl ein freies Wochenende zwischendurch auch mal schön ist, finde ich das als Dauerzustand frustrierend, da die Ausflüge mit den Kameraden und Freunden im Schiedsrichterteam schon abgehen. Abgesehen davon finde ich es schwer, sich dauerhaft zu motivieren, alleine laufen zu gehen. Deshalb wird es Zeit, dass es wieder losgeht.

Der Bayerische Fußball-Verband hat sehr früh die Entscheidung getroffen, den Spielbetrieb mindestens bis zum 31. August komplett aus- beziehungsweise die derzeit unterbrochene Saison 2019/2020 fortzusetzen. Ist für Dich auch nachvollziehbar, dass die komplette Saison 2020/2021 gar nicht gespielt wird?

Heuberger: Ja, diese Entscheidung kann ich nachvollziehen. Dadurch schaffen wir es wahrscheinlich, zumindest eine Saison komplett abzuschließen. Meiner Meinung nach ist das die fairste Lösung, wenn die Mannschaften die Auf- und Absteiger auf dem Rasen ausspielen. Wie schnell es mit einer zweiten Welle gehen kann, hat man jüngst in NRW gesehen.

Bei all den Diskussionen um Saisonunterbrechung, Neustart, Transferfenster usw. sind die Schiedsrichter bisher kaum ein Thema gewesen. Kommen denn die Unparteiischen bei all den Ausführungen zu kurz?

Heuberger: Wie im Spiel auch: Wir freuen uns, wenn wir nicht auffallen (lacht). Spaß beiseite: Aktuell gibt es nichts zu berichten. Wir stehen bereit, wenn es wieder losgeht.

Zu normalen Zeiten haben manche Schiedsrichter an den Wochenenden zwei oder sogar drei Spiele gepfiffen. Da kam doch ein bisschen Taschengeld zusammen. Gibt es Kollegen, die klagen, dass diese „Einnahmequelle“ weggebrochen ist?

Heuberger: Bisher habe ich dazu keine Rückmeldungen bekommen. Ich kann mir einerseits schon vorstellen, dass jüngere Schiedsrichter das Taschengeld vermissen. Andererseits gibt es in Zeiten von Corona auch weniger Möglichkeiten, Geld auszugeben, da größere Feiern und Volksfeste nicht stattfinden können – darunter ja leider auch die Mess’.

Es gibt in der Gruppe Nordschwaben einige ältere Kollegen, die in Sachen Corona zu den Risiko-Gruppen zählen. Machst Du Dir Sorgen, dass manche von ihnen bei einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs nicht mehr auf den Platz zurückkehren möchten?

Heuberger: Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer abzuschätzen. Passieren kann das natürlich schon, aber da muss man abwarten. Ich bin mir sicher, dass sich zahlreiche Schiedsrichter auf die Wiederaufnahme des Spielbetriebs trotz Zugehörigkeit zur Risikogruppe freuen.

Es ist ja kein Geheimnis, dass sich die Schiedsrichterzunft bereits seit Jahren sehr schwertut, ausreichend Nachwuchs zu generieren. Dementsprechend bereitet vielen Gruppen die Altersstruktur enormes Kopfzerbrechen. Kann man sagen, dass die Corona-Krise letztlich genau diese Problematik schonungslos offenlegt?

Heuberger: Durch die guten Neulingslehrgänge der letzten Jahre sind wir von diesem Problem erfreulicherweise weniger stark betroffen. Wir haben derzeit einen Altersschnitt von 38 Jahren bei den Aktiven. Das ist vergleichsweise jung. Bitter ist natürlich, dass der diesjährige Neulingslehrgang coronabedingt abgesagt werden musste und so keine neuen Unparteiischen hinzukommen.

Siehst Du in dieser Ausnahmesituation möglicherweise auch eine Chance in der Krise, sprich, dass die Vereine endlich aufwachen und sich dieser Problematik bewusst werden?

Heuberger: Wir pflegen bei uns im Landkreis eine gute Zusammenarbeit. Ich glaube daher nicht, dass die Vereine aufwachen müssen. Die meisten kleineren und mittleren Vereine haben selber Probleme, alle Posten vernünftig zu besetzen. Da kann man nicht erwarten, dass sie jährlich fünf Leute an die Schiedsrichterei abgeben. Aus meiner Sicht sind wir als Gruppe und unsere Mitglieder gefragt. Wir üben unser Hobby gerne aus. Wenn es uns gelingt, das nach außen zu vermitteln, haben wir sicherlich mehr Erfolg, als wenn überzogene und vielleicht sogar forsche Forderungen an die Vereine gestellt werden. Dennoch freuen wir uns natürlich über jede Unterstützung, die wir bekommen können.

Bei manchen Vereinen gibt es die Befürchtung, dass aufgrund der langen Spielpause der eine oder andere Nachwuchs-Kicker dem Fußball den Rücken kehren wird. Siehst Du diese Problematik möglicherweise auch im Schiedsrichterbereich?

Heuberger: Das ist schwer abzuschätzen. Vielleicht hören manche auf; vielleicht kehren aber auch welche zurück oder betreiben das Hobby intensiver, wenn man endlich wieder loslegen darf. Mir persönlich fehlt das Pfeifen sehr. Hoffentlich geht das nicht nur mir so.

Die Schiedsrichter-Gruppe Nordschwaben hat Monatsversammlungen sicherlich im Internet abgehalten. Welche Erfahrungen hast Du in den virtuellen Formaten gesammelt?

Heuberger: Wir waren in den letzten Wochen und Monaten recht aktiv. In unserer Gruppe haben wir uns zwei Mal zu einer Online-Monatsversammlung getroffen. Der Zuspruch war wirklich erfreulich. Außerdem hat sich unser Förderkader online getroffen. Dabei hat sich durch Corona eine neue Chance geboten, denn wir konnten eine gemeinsame Veranstaltung mit unseren Nachbargruppen Donau und Westschwaben abhalten. Was normalerweise an den langen Strecken scheitert, ist online natürlich problemlos zu realisieren. Abgesehen davon ging auch die Arbeit im Ausschuss weiter, weshalb wir uns zu einer Sitzung des Führungsteams ebenfalls online getroffen haben. Natürlich kann eine solche Zusammenkunft keine Präsenzveranstaltung gleichwertig ersetzen, aber eine gute Alternative ist es auf alle Fälle. Einige Schiedsrichter haben sich sogar dafür ausgesprochen, auch nach Corona weiterhin Online-Angebote zu machen.

Vom 5. bis 7. Juni hätte ein Neulingskurs stattfinden sollen, der der Corona-Krise zum Opfer fiel. Gibt es schon einen Ersatztermin?

Heuberger: Leider gibt es noch keinen Ersatztermin. Dafür ist die Lage aktuell zu unsicher. Wenn es die weitere Entwicklung zulässt, wollen wir aber auf jeden Fall einen Ersatztermin anbieten. Den Termin werden wir dann mit mehreren Wochen Vorlauf auf sämtlichen Kanälen verbreiten. Wer an einer Ausbildung zum Schiedsrichter interessiert ist, kann sich aber auch jetzt unverbindlich anmelden. Dann bekommt er die Informationen zur weiteren Vorgehensweise direkt aus erster Hand.

Mehr Lokalsport gibt es unter www.rieser-nachrichten.de

Aufrufe: 09.7.2020, 11:27 Uhr
Rieser Nachrichten / Klaus JaisAutor