2024-04-19T07:32:36.736Z

FuPa Portrait

Martin Fuhsy: »Wir können Großes erreichen«

SC Herford Stürmer im FuPa Ostwestfalen Portrait

Es passierte im Sommer 2015. Der SC Herford bestritt gerade sein Westfalenligaspiel gegen die SpVg. Vreden. Nach 20 Minuten griff sich Martin Fuhsy an das Knie – er hatte starke Schmerzen. Nur eine Minute später wurde er ausgewechselt. Wenige Stunden später dann die bittere Gewissheit: Kreuzbandriss. Ein halbes Jahr Pause. Eine Welt brach für den Torjäger zusammen. Denn der Fußball, so Fuhsy, „... das ist mein Leben“. Doch der mittlerweile 25-Jährige gab nie auf, kämpfte sich zurück und avancierte in der aktuellen Spielzeit 2016/2017 zum Erfolgsgaranten für den SC Herford. 11 Tore in 17 Spielen – Bestwert beim SC Herford, Topwert in der Westfalenliga Staffel I. Nun ist er zurück. Vielleicht besser, als je zuvor...

Martin Fuhsy. Ein Portrait.

Draußen ist es ungemütlich, eine Mischung aus kalt und nass, bei der man am liebsten einfach im Bett liegen bleiben würde. Gerade in der Zeit kurz nach Weihnachten. Schließlich war das Essen und die ganzen Leckereien der letzten Tage so gut. Trotzdem schwitzt ein Mann schon wieder auf dem Laufband in einem Sportstudio. „Ich mache keine Pause, besonders nicht im Winter“, sagte Martin Fuhsy, seines Zeichen Toptorjäger des SC Herford. „Und besonders nicht jetzt, wo es bei uns und mir persönlich so gut läuft.“

»Sie schauen nur vor die Fassade und meinen dich zu kennen«

Da hat er wohl Recht. Nach einer Achterbahnfahrt in der Hinrunde, hat sich der SC Herford in den letzten Wochen vor der Winterpause tatsächlich doch noch auf den vierten Tabellenplatz der Westfalenliga geschoben. Maßgeblich am Erfolg beteiligt: Martin Fuhsy. 11 Tore erzielte der Stürmer bisher und das, obwohl er zu Beginn der Saison bei Trainer Sascha Cosentino nicht unbedingt gesetzt war. „Es ist nie schön, nicht zu spielen oder ausgewechselt zu werden“, erzählt Fuhsy während er sich den Schweiß von der Stirn wischt. „Aber ich schaue immer nur nach vorne und versuche mein Bestes zu geben.“

Doch bei jemandem, der schon rein optisch so polarisiert wie Fuhsy, reicht häufig das Beste nicht. Undercut Haarschnitt, die Haarspitzen im Weißblond-Stile eines Leo Messis gefärbt und ein Körper mit vielen Tattoos lassen schnell die Vorurteile eines Selbstdarstellers aufkommen. „Menschen, die mich nicht kennen und nur von meinem Äußeren her meinen über mich urteilen zu können, interessieren mich nicht“, sagt der 25-Jährige während er nach mehr als einer Stunde vom Laufband heruntersteigt. „Aber so ist das. Sie schauen nur vor die Fassade und meinen dich zu kennen. Doch jeder der mich wirklich kennt weiß, dass für mich der sportliche Erfolg mit meiner Mannschaft zählt.“


»Einen Schritt zurück, danach zwei nach vorn«

Diesen Eindruck gewinnt man auch, wenn man Martin Fuhsy beobachtet. Immer wieder kommen andere Besucher des Sportstudios zu ihm und suchen das Gespräch. Häufig sind es auch Fußballer, Handballer oder Basketballer der Region, die ebenfalls die besinnliche Zeit des Jahres nutzen, um an der körperlichen Verfassung zu arbeiten. In fast jedem Gespräch geht es bei Fuhsy um Fußball. Um den SC Herford. Um die Mannschaft. Um das Team. Oder um das Umfeld. „Ich“ hört man nicht. Wenn er spricht, heißt es immer „wir“. Jetzt ist die Rückenmuskulatur an der Reihe. Der Stürmer führt langsame, zielgerichtete Bewegungen zum Körper hin aus – bis zu 15 Wiederholungen pro Satz. „Sport, Training, Fitness. Das sind alles Dinge, die ich in meinen Alltag integriert habe. Das ist wie Zähneputzen“, führt er seinen Lebenswandel aus. „Denn eine gute Fitness ist die Grundlage für sportlichen Erfolg. Talent allein reicht heute nicht mehr.“

Das weiß Martin Fuhsy selbst am besten. Talent haben ihm viele bestätigt. Viele seiner ehemaligen Trainer vor allem. Ob beim SC Verl in der Regionalliga oder später beim FC Gütersloh. Trotzdem erging es ihm wie vielen Fußballern mit großem Potential. Sie müssen sich zunächst hinter älteren, gesetzten Spielern anstellen und kommen nicht immer wie gewollt zum Einsatz. „Man lernt damit umzugehen“, sagt er und legt noch ein paar Scheiben Gewicht drauf. „Wenn du einen Schritt zurückweichen musst, gehst du danach einfach zwei nach vorn.“ So hält Fuhsy es auch mit sich selbst. Kritiker hatten seinen Wechsel vor drei Jahren zum SCH für einen Rückschritt gehalten, er hat sie eines Besseren belehrt. „Es hat ein Reifeprozess stattgefunden. Besonders mental. Und ich glaube, dass ich mich körperlich nach meiner schweren Verletzung erheblich gesteigert habe“, nennt der Stürmer den Grund, warum er sich derzeit in so einer bestechenden Form befindet.


»Mit unserem Potenzial müssen wir aufsteigen«

Mittlerweile trainiert er schon fast zwei Stunden. Der Schweiß trieft von seinem Körper. Doch er lächelt. „Wir sind noch nicht fertig. Der Bauch fehlt noch!“ Es ist Martin Fuhsy anzusehen, dass er Spaß hat. Spaß an der Qual. Während er stabilisierende Übungen für Rumpf und Bauch ausführt, die schon beim Zusehen nach Schmerzen aussehen, philosophiert der Stürmer schon wieder über Saisonziele. „Ganz ehrlich: Wir können diese Saison Großes erreichen. Mit unserer Truppe ist alles möglich!“ Gut möglich, schließlich befinden sich die Herforder mit 29 Punkten nach 17 Ligapartien auf Platz vier. Bis zu Spitzenreiter TuS Haltern sind es nur zwei Punkte, aber bis zu Tabellenplatz neun runter sind es auch nur drei Zähler. „Wir müssen nur mehr Konstanz reinkriegen“, relativiert Fuhsy kurz um dann doch seinen Traum zu äußern. „Wir müssen mit unserem Potenzial eigentlich aufsteigen.“

Ob der SC Herford das wirklich schaffen kann, bleibt abzuwarten. Martin Fuhsy jedenfalls ist bereit für die Rückrunde. Körperlich wirkt er austrainiert wie kaum ein Sportler im gesamten Studio an diesem Tag. Und dann stets dieses Leuchten in seinen Augen, diese Begeisterung. Für ihn könnte es wahrlich direkt weitergehen. „Schade, dass Pause ist. Aber wir sehen uns ja morgen früh. Dann geht’s hier weiter“, ruft er fröhlich nach einem Zwei-Stunden-Workout, als er sich mit seinem Handtuch abtrocknet und seine Klamotten in einer Trainingstasche verstaut. Morgen früh? Das wäre Neujahr. Nein danke.


Fotos: © Privat / © fuhsanic / © Gottschlich / © Kunka
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Aufrufe: 03.1.2017, 11:30 Uhr
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